Als Testimonial wird in der Werbung und PR der Auftritt einer bekannten Persönlichkeit für ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Marke bezeichnet. In aller Regel sind diese "Bekenntnisse" gekauft – selbst bei Nichtregierungsorganisationen (NGO). Diese Investition muss sehr gut durchdacht sein.
Der Ballack-Effekt oder die Beliebigkeitsfalle
Lange Zeit galt Fußballstar Michael Ballack als Werbeikone Nummer Eins. Zeitweilig warb er für so viele Versicherungen, Kosmetik, Reisen, Online-Portale, Brotaufstrich usw. dass es schwer fällt sie überhaupt noch zu recherchieren. War es nun Fluege.de oder Ab-in-den-Urlaub.de für das er im Fernsehen auftrat? Beide! Hätten Sie’s gewusst?
Diese Beliebigkeit wird für die werbenden Marken zur Falle, denn die Erinnerungswerte sinken schnell. Sie sind außerhalb der Fangruppe übrigens ohnehin geringer. Selbst im WM-Jahr 2006 waren nur die wenigsten Fußballer-Testimonials in Erinnerung geblieben. Bei Ballack wussten viele zwar, dass er in der Werbung auftaucht, aber nicht wofür. (Quelle: Handelsblatt)
Werbung für alles und nichts. Übermäßige Medienpräsenz vor allem in Werbespots nervt. Mit Schlemmerfisch und Ökostrom, Fleischsalat und Käse läuft Moderatorin Barbara der früheren Nummer Eins bei den Werbefrauen den Rang ab. Verona Feldbuschs bzw. Pooths Stimme bleibt vielen in Erinnerung aber war es nun 11880 oder 11883 oder welche Auskunft? "Da werden Sie geholfen" ist dagegen zum geflügelten Wort geworden – allerdings ohne nachhaltigen Bezug zur Marke.
Klitschko-Effekt oder die Verwechslungsfalle
Zuschauer können sich mitunter nicht an das Produkt erinnern, für das ein Prominenter wirbt. Bei den Klitschko-Brüdern ist das anders. Die meisten Befragten (91%) konnten sich 2012 in einer Befragung erinnern, dass die Boxbrüder Werbung machen. Die meisten wussten auch, dass sie für Milchschnitte auftreten. Allerdings war das zum Zeitpunkt der Befragung gar nicht aktuell. Den damals aktuellen Werbepartner Warsteiner nannten jedoch deutlich weniger. (Quelle: Mediaanalyzer)
Was beim Werbekonsumenten hängen bleibt, lässt sich nur schwer vorausberechnen. Selbst aufwändige Tests können bestimmte Effekte nicht vorhersehen. So wie bei Basketballer Dirk Nowitzki.
Der Nowitzki-Effekt oder die Nebenwirkungsfalle
Der deutsche NBA-Star Dirk Nowitzki ist ein grundsympathischer Mensch. Wer hätte gedacht, dass die Werbeidee der Bank Ing-DiBa einen Proteststurm auslösen würde? In sozialen Netzwerken wurde der Metzgerei-Spot mit Nowitzki Anfang 2012 zum Anlass für einen Shitstorm und Schlagabtausch zwischen Vegetariern und eingefleischten Gegnern. (Quelle: Frankfurter Rundschau)
Die Angebliche Verwechslung bei Werbekonsumenten zwischen Wurstwaren und der Direktbank als dem eigentlichen Werbethema ist allerdings ein Gerücht, dass in der bereits zitierten Studie von MediaAnalyzer widerlegt werden konnte. Schlimmer wird es allerdings, wenn der Prominente selbst zum Imageschaden beiträgt.
Der Rummenige-Effekt oder die Glaubwürdigkeitsfalle
Ende April 2013 war der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München Karl-Heinz Rummenigge mit unverzollten Luxusuhren in die Schlagzeilen geraten. Zu dumm, dass seine Mitbringesel aus Dubai obendrein so gar nicht zum Bayernsponsor Hublot Geneve passen wollten. Denn die geschmuggelten Uhren waren von Konkurrent Rolex. So kurz vor der internationalen Uhrenmesse Basel-World konnte sich Hublot-Chef Ricardo Guadalupe sicher etwas Amüsanteres vorstellen als solche Schlagzeilen. Dass sie kurz nach dem Steuerskandal um Bayern-Präsident Uli Hoeneß aufkamen rückt die Marke im Bewusstsein vieler Menschen womöglich noch näher an Betrug und Steuerhinterziehung. Ein gefährlicher Effekt, der sehr langfristigen Imageschaden bedeuten kann. (Quelle: Focus)
Auswege aus der Testimonial-Falle
Ein radikaler Ausweg aus diesen Problemen ist der Verzicht auf teure Promis. Für das Budget ist das keine schlechte Alternative, denn es gibt tausend andere kreative Wege zum Werbeerfolg. Die Abkürzung über ein Testimonial, dessen Image auf den Werbegegenstand abfärben soll, ist riskant und teuer. Eine vorsichtige Auswahl, die Analyse des Umfeldes und eine unabhängige Prüfung, womit Verbraucher das jeweilige Gesicht in Verbindung bringen, sind essenziell.
Konzeption und Auswahl von Testimonials müssen vollständig auf das Produkt oder die Marke zugeschnitten sein. Der Bekanntheitsgrad allein schafft noch keine emotionale Verbindung, auf die es aber ankommt. Dabei hilft Testen, Testen, Testen – am besten mit einem unabhängigen von der beratenden Agentur entkoppelten Marktforschungsinstitut.
Werbetreibende sollten außerdem das System hinterfragen, in dem Kreation und Portfolio dicht beieinander liegen. Nur weil eine Agentur mit dieser oder jener Werbefigur schon Erfolg hatte, sagt das nichts über künftige Wirkungen aus – erst recht nicht in einem anderen Kontext. Wenn Sie Testimonials schon im Agentur-Briefing ausschließen, ist die Werbeschlacht längst nicht verloren. Im Gegenteil! Werbung und PR ohne Testimonials ist häufig kreativer als der teure Dreh mit den Prominenten.