Aufgleisen, Abgleisen, Entgleisen
Die hohe Kunst der Modelleisenbahn besteht darin, wie beim Vorbild logistische und betriebliche Abläufe im Modell zu simulieren oder nachzuahmen. Zu den zentralen Vorgängen rund um das Modellbahn-Gleis zählt es, die Fahrzeuge auf das Gleis zu setzen. Das wird in der Fachsprache als „aufgleisen“ bezeichnet. Beim Betrieb kann es auch zu Entgleisungen kommen, das meint, dass ein Schienenfahrzeug seine spurführende Bahn, das Gleis mit den beiden Schienen obenauf, ungewollt verlässt.
Während bei der Vorbildbahn ein Schienenfahrzeug bereits dann als entgleist gilt, wenn der stete Kontakt zwischen Spurkranz und/oder der Lauffläche eines Radsatzes (2 Räder plus Achse) zu beiden Schienenköpfen verloren ging, verstehen Modelleisenbahner unter Entgleisung, dass mindestens ein Radsatz neben den Schienen herläuft. Im durchaus nicht seltenen Fall haben ein oder mehrere Modellbahn-Fahrzeuge sich komplett vom Gleis verabschiedet, die Gründe liegen zu 99% beim „Modellbahn-Betriebspersonal“. Dann muss also wieder aufgegleist werden.
Das Aufgleisen (auch: Eingleisen), also das Aufsetzen eines Schienenfahrzeugs auf die beiden Schienen, kann bei manchen Fahrzeugen durchaus fummelig sein. Dabei muss ja jeder Radsatz exakt so auf die Schiene gesetzt werden, dass die beiden Radkränze korrekt geführt werden. Das Aufgleisen ist in der Praxis bei den größeren Modellbahn-Maßstäben recht einfach und unkompliziert.
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Speziell bei den „kleinen“ Maßstäben der Nenngrößen N (Maßstab 1:160, Spurweite 9 mm) und Z (Maßstab 1:220, Spurweite 6,5 mm) kann es schon mal etwas mühselig sein, beispielsweise einen langen Triebzug aufzugleisen. Gleiches gilt insbesondere auch für Modelle von Dampfloks, die neben den gekoppelten Treibachsen im Fahrzeugrahmen noch mit flexiblen Vor- und Nachläufer-Achsen ausgestattet sind. Solche Achsfolgen sind zwar speziell bei Modellen großer Dampfloks häufig anzutreffen, aber es gibt sie auch bei Elektroloks, wie die amerikanische GG-1 (Achsfolge 2’Co Co2′) eindrucksvoll belegt.
So gleisen Sie Modell-Schienenfahrzeuge einfach und sicher auf
Während langjährige Betriebs-Modelleisenbahner ihre Modelle wortwörtlich „im Griff“ haben und geradezu nach Fingerspitzengefühl „blind“ aufgleisen, ist das für Einsteiger oder Ungeübte im Betrieb manchmal eher eine Spaßbremse. Mit den folgenden Tipps und Tricks wird das Aufgleisen für Sie zukünftig ein Kinderspiel:
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Aufgleishilfen benutzen
Je kleiner die Spurweite, desto „fummeliger“ ist das Aufgleisen. Während Fahrzeuge für die Spur II-Gartenbahn mit einer Spurweite von 45 mm sehr einfach aufzugleisen sind, braucht man für die Fahrzeuge der Spur Z (6,5 mm Spurweite) schon gute Augen und eine ruhige Hand. Da sich die Modellbahn-Hersteller aber offenbar darauf nicht verlassen möchten, werden praktisch für jede Spurweite und passend zu jedem Gleissystem spezielle Aufgleishilfen (auch „Aufgleiser“, engl. Re-Railer) angeboten.
Bei einem Aufgleisgerät handelt es sich um eine schiefe Ebene aus Kunststoff, mit Rillen zum Führen der Radkränze in der jeweiligen Spurbreite. Die Aufgleishilfen sind meist in Form kleiner Rampen gestaltet, die an beliebiger Stelle über einen geraden Gleisabschnitt des Gleiskörpers gestellt werden und die Fahrzeuge können einfach aus der Rampe in das Gleis rollen. Das macht speziell Kindern sogar richtig Spaß.
Einziger Haken: Bei angetriebenen Fahrzeugen klappt das nicht, da die angetriebenen Räder über die Getriebehemmung nicht frei rollen. Schieben Sie Lokomotiven daher einfach sanft ins Gleis.
Es gibt für alle Spuren speziell passende Aufgleisgeräte. Diese unterscheiden sich in Höhe, Länge und Neigungswinkel. Das Aufgleisen ist mit Hilfe eines Aufgleisgeräts auch mit einer Hand möglich. Während Lokomotiven vorsichtig geschoben werden müssen, rollen Waggons ganz von alleine aus der Aufgleishilfe in das Gleis hinein.
Manche Aufgleishilfen eigenen sich für die Gleissysteme mehrerer Hersteller, insbesondere bei den Zweileiter-Gleissystem der Nenngröße H0 (16,5 mm Spurweite). Handelt es sich allerdings um ein Modellgleis mit festem Böschungskörper (Gleisbettung), funktioniert meist nur die genau passende Aufgleishilfe zufrieden stellend und betriebssicher.
Gleisabschnitt mit Geraden nutzen
Der Markt bietet tatsächlich Modellbahn-Startpackungen an, die nur aus einem „Modellbahnkreis“ bestehen. Grausam. Das ist für das Ausgleisen der denkbar schlechteste Start, denn Sie sollten zum Aufgleisen immer einen geraden Streckenabschnitt wählen. Hauptgrund hierfür ist, dass die Kupplungen moderner Modellbahn-Fahrzeuge mit einer Kinematik ausgestattet sind, die die Kupplung sanft mittels Federkraft in die Mittelstellung drückt.
Benutzen Sie also nach Möglichkeit immer gerade Streckenabschnitte für das Aufgleisen der Fahrzeuge. Und falls Sie einen „Modellbahnkreis“ angeschafft haben, kaufen Sie unbedingt ein paar gerade Gleiselemente hinzu und berücksichtigen das auch bei der Anlagenplanung im Gleisplan.
Aufgleisen in der richtigen Reihenfolge der Wagenreihung
Für das beste Aufgleisen ist es wichtig, ein gewisses „Auge“ für die Betriebssituation zu haben. Wie bei einem Ablaufberg in einem Rangierbahnhof ist es clever, die Waggons genau in der Reihenfolge der gewünschten Zugbildung aufzugleisen. Wer genialerweise die Waggons über einen Aufgleiser und eine entsprechende Weiche in zwei Abstellgleise laufen lassen kann, kommt der Zugbildung im Vorbild prinzipiell schon sehr nahe.
Aufgleisen von kurzgekuppelten Triebzügen
Ein Sonderfall sind hochwertige Triebzüge von Markenherstellern wie Märklin, Roco, Fleischmann, Trix oder PIKO, die über kurz- und teils sogar festgekuppelte Verbindungen zwischen den Waggons zusammengestellt sind. Beachten Sie unbedingt die Anleitung der Hersteller zum Kuppeln und Aufgleisen solcher Züge, denn es handelt sich in den meisten Fällen um Spezialkupplungen, die mechanisch und elektrisch nur zu Waggons in diesem einen Triebzug kompatibel sind.
Genereller Tipp: Solche (meist hochpreisigen) Züge sollten nur auf einem geraden Gleis stehend gekuppelt werden, bei dem die Kupplungsvorrichtung unverkantet benutzt werden kann. Widerstehen Sie dem Versuch, die Waggons schon „in der Luft“ zusammenzustecken, nur schwer reparable Schäden können die Folge sein.
Garnituren mit stromführenden Kupplungen aufgleisen
Ein Sonderfall ist das Aufgleisen von Waggons mit stromführenden Kupplungen. Solche Verbindungen zwischen den Waggons werden benutzt, um die Waggons nicht nur mechanisch zu verbinden, sondern auch Strom und Schaltbefehle für die Beleuchtung oder andere Sonderfunktionen durch den Zug zu leiten.
Solche Waggons können problemlos per Aufgleisgerät auf das Gleis gesetzt werden, sie sollten das Kuppeln aber manuell, auf einem geraden Gleisabschnitt und mit der gebotenen Vorsicht vornehmen. Waggons ohne Sonderfunktionen, wie es beispielsweise bei Güterwaggons der Normalfall ist, kuppeln hingegen mit den Standardkupplungen der diversen Modellbahn-Systeme ganz einfach und automatisch, wenn die Waggons vorsichtig aneinander geschoben werden.
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