Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs können Sie als Student oder Absolvent einer nichtbetrieblichen Ausbildung Ihre Ausbildungskosten auch als vorweggenommene Werbungskosten rückwirkend geltend machen. Doch das muss nicht unbedingt funktionieren. Lesen Sie hier, was Sie beachten müssen.
Wie weit reicht das Urteil des Bundesfinanzhofs?
Der Bundesfinanzhof entschied am 28. Juli 2011 in zwei ähnlich gelagerten Fällen zu Gunsten der Kläger, die ihre Ausbildungskosten für eine Ausbildung, die nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfand, beziehungsweise für ein Erststudium als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen wollten. Doch das bedeutet nicht automatisch, dass Sie das auch können.
Richtig ist zunächst einmal, dass mit diesem Urteil eine grundsätzliche Richtung eingeschlagen wurde. Diese besagt, dass es für die Kläger rechtens war, die Ausbildungskosten geltend zu machen.
Auch wenn das Urteil unter anderem damit begründet wurde, dass es bei der Anwendung des § 12 Abs. 5 EStG bei den Kosten einer Erstausbildung darauf ankommt, ob die Kosten berufsbedingt, also auf die Erzielung von Einkünften gerichtet ist, was meist zutrifft, bedeutet dieses Urteil noch nicht automatisch, dass nun Ausbildungskosten grundsätzlich als Werbungskosten und nicht mehr nur in begrenztem Umfang als Sonderausgaben abgesetzt werden können.
Das Bundesfinanzministerium hat in einer Erklärung vom 19. August mitgeteilt, man prüfe "die gesetzgeberischen und verwaltungstechnischen Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Eckpunkte, die der BFH in seinem Urteil vorgegeben hat". Solange besteht zwar ein rechtskräftiges Urteil, aber keine neue Rechtslage. Das heißt, dass zwar das Urteil rechtskräftig ist, es aber erst auf den Ebenen der Gesetzgebung und Verwaltung umgesetzt werden muss.
Was Sie in der Zwischenzeit beachten müssen!
In der Zwischenzeit können sich die Finanzämter daran orientieren. Solange allerdings noch keine neue Rechtslage besteht, haben jedoch nur die Kläger einen Anspruch darauf, dass bei Ihrer Steuerveranlagung im Sinne des Urteils verfahren wird.
Reichen Sie also Ihre Steuererklärung ein und wollen Sie wie die Kläger Ihre Ausbildungskosten als vorweggenommene Werbungskosten in der Steuererklärung absetzen, so bedeutet dieses Urteil zwar eine Richtschnur, wie das Gesetz gemeint sein soll, aber keine Garantie, dass Ihr Finanzamt das Gesetz im Sinne des Urteils auslegt.
Im Zweifelsfall müssen Sie selbst aktiv werden und gegen den Steuerbescheid Einspruch erheben, oder am Ende sogar gegen ihn klagen, um auf diesem Wege für sich einen Anspruch zu erwirken. Beachten Sie, dass die Kläger in der ersten Instanz gescheitert waren. Es ist also keineswegs ausgemacht, dass Ihnen das Gericht recht gibt.
Fazit der experto-Redaktion: Bis das Bundesfinanzministerium das Urteil umgesetzt hat: Beachten Sie, wenn Sie Ihre Ausbildungskosten steuerlich geltend machen wollen, immer die Grenzwerte. Sie können pro Jahr insgesamt 4000 Euro als Sonderausgaben geltend machen. Dieser Wert ist unabhängig von dem gesprochenen Urteil. Dementsprechend ist es für Sie dann interessant, wenn Sie die Grenze von 4000 Euro stark überschreiten.
Haben Sie etwa eine Ausbildung absolviert, die Sie allein einige tausend Euro an Gebühren gekostet hat, oder mussten Sie Kurse zusätzlich buchen oder über Jahre hinweg besonders teure Fachliteratur anschaffen, so kann es sich für Sie lohnen, die Ausbildungskosten als Werbungskosten anzugeben. Erhalten Sie einen ablehnenden Bescheid, so müssen Sie gegebenenfalls bis zum Vorliegen einer einheitlichen gesetzlichen Regelung für die Finanzämter Einspruch erheben.