Der noch recht junge Zweig des E-Commerce bietet zurzeit ein breites Spielfeld für neue Vertriebs- und Kommunikationsstrategien. Social Commerce bezieht ganz massiv den Nutzer mit ein. Denn dieser erfragt nicht mehr nur schlicht ein Angebot, sondern beteiligt sich aktiv an den Verkaufsprozessen und deren Optimierung. Dies unternimmt er in erster Linie nicht, um dem Händler eine Freude zu bereiten, sondern um anderen Internetnutzern als Berater und Empfehlungsgeber zur Verfügung zu stehen.
Social Commerce verändert Kunden und Händler
Dazu ist es wichtig zu verstehen, dass dem Kunden durch Social Commerce eine vollkommen neue Rolle im Handel zugefallen ist. Bis vor kurzem war eine Kaufaktion sehr stark an einen Anbieter geknüpft. Interessierte sich ein Konsument beispielsweise für einen Artikel, ließ er sich von Werbeaktionen beeinflussen, besuchte einen Fachhändler, erhielt dort im besten Falle eine Beratung und musste nun mit diesen Informationen eine Kaufentscheidung fällen.
Wer etwas mehr Zeit hatte, eruierte weitere Details in Fachmagazinen, im Internet und stellte dort auch einen Preisvergleich an, indem er unterschiedliche Online-Shops besuchte. Meistens erfolgte der Kauf dann bei dem Fachhändler des Vertrauens, online oder offline. Bei Problemen und Defekten war wiederum der Verkäufer erster Ansprechpartner. Konnte oder wollte dieser nicht weiterhelfen, ließ er den Kunden spätestens in diesem Moment mit seinem Frust allein zurück.
Kommunikationsfreude im Social Commerce
Die sozialen Medien im Allgemeinen und Social Commerce im Besonderen verändern das Verhältnis zwischen Verkäufer und Kunde grundlegend.
Denn letzterer steht mittlerweile nicht nur einer sehr breiten Auswahl an Online-Angeboten gegenüber, sondern zudem im Mittelpunkt aller Kaufs- und Verkaufsaktivitäten. Ist der Käufer der Waschmaschine heute nicht zufrieden mit seinem Produkt, wissen es morgen alle anderen Interessenten, potenziellen Käufer und Kunden des Herstellers. Denn die ihm zugefallene Meinungs- und auch Pressefreiheit ermächtigt den modernen Netznutzer, sich immer und überall mitzuteilen.
Seine Instrumente sind Communitys, Chats, Foren, Bewertungs-Tools und Ranglisten sowie Kommentarfunktionen auf Fachportalen. Der Kunde ist tatsächlich König. Sein Königreich heißt Web 2.0.
Aber ohne Infrastruktur wäre ein Königreich ziemlich leer. Die Inhalte werden natürlich nicht nur allein vom Kunden, sondern maßgeblich von den Händlern und Unternehmen produziert. Ein Angebot wird nur dann ernsthaft von den Interessenten wahrgenommen, wenn es sich an die Nachfrage anpasst. Entscheidend für Shop-Betreiber, die an Social Commerce interessiert sind, ist ein aktives Agieren in Richtung des Kunden sowie die Erschaffung einer nutzbringenden Situation für beide Seiten.
Kundenbindung im Social Commerce: Aufbau einer Shop-Community
Kunden sind mitteilungsfreudig. Sie hinterlassen Online-Händlern kostenlos Profile, Vorlieben, Daten und ihre Kritikfähigkeit. Deshalb gehört das Angebot von Web 2.0-Funktionen im Online-Shop zum absoluten Pflichtprogramm, um alle Aktivitäten des Social Commerce aufzufangen.
Die umfangreichste aber effektivste Methode, Interessenten und Kunden an das eigene Angebot zu binden, ist der Aufbau einer Community. Ob diese im Shop selbst integriert ist oder als separater Webauftritt behandelt wird, ist individuell zu entscheiden. In dieser Corporate Community rücken die Produkte des Anbieters zunächst einmal in den Hintergrund. Wichtig ist die Mobilisierung der Zielgruppe zu ausgesuchten Themen.
Empfehlungsmarketing im Social Commerce richtig steuern
Der Online-Shop selbst kann mit Hilfe der gängigen Web 2.0-Funktionen bereits um einiges attraktiver gestaltet werden. Kunden vertrauen fast ausschließlich auf das Urteil anderer Kunden und legen wenig Wert auf eine Beratung durch Verkäufer. Das liegt logischerweise in der Interessenverteilung begründet: Ein Berater hat das Ziel des schnellen Abverkaufs, während andere Kunden die neuen Interessenten offen und ehrlich über Vor- und Nachteile des Angebots informieren.
Deshalb gehören Bewertungsfunktionen und Ranking-Listen zum Standard. Wie hochwertig ist das Produkt? Welche Kritikpunkte sind hervorzuheben? Wie sind die Alltagserfahrungen und wie empfehlenswert ist die Verwendung?
Kommentar-Funktionen geben den Nutzern zudem die Möglichkeit, eine schnelle und individuelle Bewertung zu hinterlassen. Die Angst, die viele Shop-Betreiber während ihrer Aktivitäten im Social Commerce hegen, ist unnötig: Die Nutzer setzen sich zwar kritisch, aber ernsthaft mit dem Angebot auseinander und legen vor allem Wert auf die Reaktion ihrer Meinung. Handelt es sich um tadellose Produkte, wird auch die Bewertung dementsprechend ausfallen. Zeigt das Angebot jedoch tatsächlich Mängel auf sollten Verkäufer die Chance nutzen, diese mit Hilfe ihrer Kunden zu erkennen und zu beseitigen.
Aktive Kundenkommunikation im Social Commerce
Zu jedem Thema finden sich Kunden, die ein besonders hohes Engagement an den Tag legen und regelmäßig posten, chatten und bewerten. Diese gilt es zu identifizieren und in die Verkaufsstrategie mit einzubinden. Ein "Expertenstatus" schmeichelt nicht nur dem regelmäßigen Kommentator, sondern signalisiert anderen Kunden gleichzeitig Kompetenz sowie die damit verbundene Ratgeberfunktion.
Ohne, dass der Verkäufer seinem neuen "Berater" auch nur einen Cent Gehalt zahlen muss, empfiehlt dieser seiner Community die für sie passenden Produkte.
Natürlich ist nicht nur mit positiven Kommentaren zu rechnen. Wenn Kundenbeschwerden vorliegen, dann über den Shop selbst, über ein unzulängliches Beschwerdemanagement und eine unfaire Behandlung von Reklamationen.
Komplikationen treten immer wieder auf. Wer hier selbstbewusst auf seine Kunden zugeht und eine offene Kommunikationspolitik betreibt, wird schnell positiv erwähnt werden. Ein guter Service bleibt den meisten Kunden gut im Gedächtnis, so dass die viralen Effekte auch hier gewinnbringend genutzt werden können und Social Commerce ein Erfolgsfaktor bleibt.
Die Königsdisziplin im Social Commerce ist letztlich, den Kunden vom Berater zum Verkäufer aufsteigen zu lassen. Viele Online-Nutzer führen ein eigenes Blog, eine Homepage oder offerieren ihr Wissen auf sonstigen Community-Portalen. Wenn sie mit dem Shop-Angebot zufrieden sind, werden sie es gerne auf den eigenen Websites ihren Lesern weiterempfehlen. Als finanzieller Anreiz kann zusätzlich eine Pay-per-Lead-Strategie dienen, bei der eine Provision für jeden generierten Käufer an den Vermittler ausgezahlt wird.
Mit Social Commerce bauen Online-Händler Kundenbeziehungen auf, stärken ihr Image und steuern neue Vertriebswege. Dabei bleibt der Kunde König und profitiert von einem reichhaltigen und aussagekräftigen Webangebot.