Insolvenz: Kündigungsschutz besteht weiter

Bedingt durch die weltweite Wirtschaftskrise und einem Einbruch beim Exportgeschäft ist in deutschen Unternehmen seit Monaten Kurzarbeit angesagt. Wenn allerdings das Instrument Kurzarbeit versagt und auch andere Möglichkeiten der Kostenreduzierung das Unternehmen nicht aus den roten Zahlen bringt, bleibt der Geschäftsführung manchmal kein anderer Weg, als Insolvenz anzumelden.

Für Arbeitnehmer stellt sich dann automatisch die Frage, wie es um ihren Kündigungsschutz bestellt ist.

Wann muss ein Unternehmen Insolvenz anmelden?
Ein Unternehmen muss bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenz anmelden. Muss ein Unternehmen trotz einer neuen Definition des Überschuldungsbegriffs Insolvenz anmelden, wird zunächst ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, der – unter Umständen auch zusammen mit der bisherigen Unternehmensführung – das Unternehmen weiter führt. Ein solcher Schritt hat auch Folgen für den Kündigungsschutz der betroffenen Arbeitnehmer.

Auswirkungen einer Insolvenz auf das Arbeitsverhältnis
Die bestehenden Arbeitsverhältnisse werden von der Insolvenz grundsätzlich nicht berührt. Auch bei einer Insolvenz arbeiten die Arbeitnehmer daher zunächst "ganz normal" weiter. Dennoch übernimmt der Insolvenzverwalter – neben der Funktion der Geschäftsführung – auch die Funktion des Arbeitgebers. Somit kann der Insolvenzverwalter Kündigungen aussprechen, Aufhebungsverträge unterschreiben oder Arbeitszeugnisse verfassen.

Bei Ausspruch einer Kündigung ist der Insolvenzverwalter – bis auf eine Ausnahme – an den Kündigungsschutz gebunden.

Gehaltsanspruch bei Insolvenz des Arbeitgebers
Auch wenn der Arbeitgeber Insolvenz anmeldet besteht für die Arbeitnehmer grundsätzlich so lange Anspruch auf Zahlung von Lohn und Gehalt, bis die Kündigung – die unter Beachtung des Kündigungsschutzes ausgesprochen wird – wirksam ist. Allerdings zahlt bei der Insolvenz nicht der ursprüngliche Arbeitgeber, sondern der Insolvenzverwalter die Löhne und Gehälter.

Kündigungsschutz und Insolvenzgeld
Konnte das insolvente Unternehmen seine Arbeitnehmer bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr bezahlen, so springt für die letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Agentur für Arbeit ein. Auch rechtfertigt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens für sich allein genommen noch keine Kündigung eines Arbeitnehmers, selbst wenn diese unter Beachtung des Kündigungsschutzes ausgesprochen werden.

Kündigungsschutzvorschriften bei der Insolvenz
Während des Insolvenzverfahrens werden Arbeitnehmerrechte etwas beschnitten. Insbesondere kann der Insolvenzverwalter Kündigungen aussprechen und hierbei eine unter Umständen längere Kündigungsfrist auf 3 Monate zum Monatsende kürzen. Arbeitnehmer, die vor der Insolvenz einen längeren Kündigungsschutz hatten, haben im Falle der Insolvenz somit das Nachsehen.

Spezieller Kündigungsschutz bei der Insolvenz
Von der Reduzierung der Kündigungsfrist auf 3 Monate einmal abgesehen, bleiben die speziellen Kündigungsvorschriften von der Insolvenz unberührt. So genießen Schwangere oder Mitarbeiter in Elternzeit weiterhin einen besonderen Kündigungsschutz – zumindest solange das Unternehmen existiert.

Kündigungsschutz bei Insolvenz hilft nicht in allen Fällen
Leider hilft der Fortbestand des grundsätzlichen Kündigungsschutzes nicht unbedingt, denn wenn kein Geld da ist, nutzt es auch nichts, dass man in Sachen Kündigungsschutz im Recht ist.

Es ist leider ein Irrtum, wenn Mitarbeiter glauben, ihr Anspruch auf Gehalt habe durch den Kündigungsschutz Vorrecht vor anderen Gläubigern.

Insolvenz, Kündigungsschutz und Sozialplan
Wenn Beschäftigten unter Beachtung bestehender Kündigungsschutzvorschriften gekündigt werden muss, kann der Betriebsrat mit dem Insolvenzverwalter ferner über einen Sozialplan verhandeln. Dafür gelten im Rahmen der Insolvenz besondere Bedingungen. So darf der Topf für den Sozialplan nur so groß sein, dass rechnerisch jeder Mitarbeiter eine Abfindung in Höhe von bis zu zweieinhalb Monatsgehältern erhält.

Allerdings ist immer zu beachten, dass sich die Länge der gesetzlichen Kündigungsfristen und damit des Kündigungsschutzes auch im Rahmen einer Insolvenz nicht mehr nur aus § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergibt. Bedingt durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes wurde festgestellt, dass § 622 Abs. 2 S. 2 BGB gegen das europäische Gleichbehandlungsgebot und die Antidiskriminierungsrichtlinie 2007/78 verstößt.

Die Vorschrift in § 622 Abs. 2 S. 2 BGB verzögert nach Auffassung des Gerichts für alle Arbeitnehmer, die schon vor ihrem 25. Geburtstag beim Arbeitgeber beschäftig waren, die Verlängerung der Kündigungsfristen.

Arbeitgeber müssen daher beachten, dass sich der Kündigungsschutz – auch im Rahmen einer Insolvenz – und die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitnehmer, mit einer Beschäftigungsdauer von mindestens zwei Jahren, jetzt allein aus § 622 Abs. 2 S. 1 BGB ergeben.