Der Tod der Mutter
Der Zeitpunkt des Todes der Mutter kommt meistens überraschend, obwohl es eigentlich nicht überraschend ist, vor allem dann nicht, wenn sie einen langen Leidensweg durch eine schwere Krankheit hatte.
Wenn man Glück hat, darf man sie beim Hinübergehen begleiten und ihre Hand bis zum letzten Atemzug halten. Man kann dann gleichzeitig beobachten, wie sie von der einen Ebene auf eine andere Ebene geht. Mit der großen Chance, ihr das letzte Mal mental zu verzeihen und sich mit all seiner Liebe zu verabschieden. Mit Dankbarkeit dafür, dabei sein zu dürfen und kein Geheimnis daraus gemacht zu haben, ob es ihr leicht gefallen ist, zu gehen oder ob sie bis zum letzten Moment gekämpft hat.
Die Mutter
Es gibt Mütter, die während ihrer Lebenszeit Kämpferinnen sind. Man erkennt als Beobachter nur nicht, wo ihre Feinde sind. Schön ist es dann zu sehen, dass dieser Kampf während eines Sterbeprozesses nicht immer bis zum letzten Atemzug geht, sondern in einen fast meditativen Zustand mit Atemzügen wie bei einer Geburt sich vorbereitet. Ideal ist es dann, wenn man sich von allen Lieben verabschieden kann und zu Hause in Frieden sterben kann als Ende eines Lebenszyklus.
Es kann nur sein, dass für die Hinterbliebenen das Drama weiter gehen kann. Den Wunsch der Mutter, dass die Kinder sich nicht streiten sollen, geht fehl, wenn sie dafür nie eine entsprechende Basis geschaffen hat. Und das womöglich mit den Folgen, dass alte Verletzungen aus frühsten Kindertagen, wieder nach oben transportieren werden.
Wenn Geschwister früher gestritten haben und das an der Tagesordnung war und von der Mutter ständig unterbunden wurde, kommt es dann irgendwann geballt wieder hoch. Das Drama kann dann so weit gehen, dass man sich nicht mehr kennen möchte und mit dem Tod der Mutter auch der Kontakt zu den Geschwistern abbricht.
Geschwisterstreit
Der Geschwisterstreit war von ihr vorprogrammiert, obwohl sie dies bewusst nicht wollte. Unbewusst hat sie mit ihrem Tod die ersten schwersten Verletzungen, die man als Kind erlebt hat, wieder lebendig gemacht. Die anzunehmen und nicht in den Kampf zu gehen, sondern liebevoll zu umarmen, ist eine Herausforderung, die man im eigenen Interesse eingehen sollte.
Gleichzeitig erkennt man dabei dann auch, dass man seine eigene innere Mutter neu gestalten kann und sich selbst das geben kann, was man von der leiblichen Mutter nicht erhalten hat. Sie wollte nur das Beste und das hat sie auch von sich gegeben und es ist die Zeit, dies auch als das Beste für unseren Lebensweg anzunehmen. Aus ihren Fehlern zu lernen und diese loszulassen.
In diesem Sinne lassen sie los, was nicht zu Ihnen gehört.
Ihre
Christa Raatz