So muss eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung erfolgen

Eine Betriebsratsanhörung wird nötig, wenn ein Arbeitgeber einem Beschäftigten kündigen möchte. Denn kündigt er vor Ablauf der entsprechenden Frist, ist die Kündigung unwirksam. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich im Fall eines krankgeschriebenen Arbeitnehmers entschieden (3. April 2008, Az. 2 AZR 965/06). Diesem konnte letztlich lediglich wirksam gekündigt werden, weil der Arbeitgeber nach Ablauf der Anhörungsfrist erneut gekündigt hatte. Bei der ersten Kündigung hingegen war die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß und die Kündigung somit unwirksam.

Die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung
Ein Arbeitnehmer, der als Kraftfahrer bei seiner Arbeitgeberin beschäftigt war, hatte sich ab Anfang März 2004 mehrfach für längere Zeit arbeitsunfähig krank gemeldet. Die Arbeitgeberin beauftragte daraufhin Detektive und ließ den Beschäftigten beschatten. Die meldeten der Arbeitgeberin, dass der Arbeitnehmer in der Zeit seiner Abwesenheit ein Café betrieb. Er bediente Gäste, räumte die Spülmaschine aus etc. Er verrichtete demnach alle Arbeiten, die beim Betrieb eines Cafés anfielen. Der Beschäftigte bestritt diese Aktivitäten allerdings.

Die Arbeitgeberin unterrichtete daraufhin am 1. Juni 2004 den Betriebsrat schriftlich darüber, dass sie vorhabe, dem Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen. Die Äußerung eines Betriebsratsmitglieds zu dem Vorhaben am Tag der Information wertete die Arbeitgeberin als Zustimmung. Sie kündigte dem Arbeitnehmer deshalb am 2. Juni 2004. Auf der am 4. Juni 2004 stattfindenden Betriebsratssitzung widersprach der Betriebsrat der Kündigung. Das nahm die Arbeitgeberin zum Anlass, am 7. Juni 2004 erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht zu kündigen.

Der Beschäftigte reichte gegen beide Kündigungen Kündigungsschutzklage ein. Er bestritt darin, während seiner Arbeitsunfähigkeit anderweitig gearbeitet zu haben. Zudem begründete er seine Kündigungsschutzklage mit der Verletzung des Anhörungsverfahrens nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Mit seinen Klagen hatte er bisher allerdings nur teilweise Erfolg und die Chancen stehen schlecht, dass er seinen Arbeitsplatz zurück erhält.

Die erste Betriebsratsanhörung war nicht ordnungsgemäß
Das BAG erklärte lediglich die erste Kündigung für unwirksam. Und zwar wegen der vom Arbeitnehmer vorgetragenen nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Die Unwirksamkeit folgerten die Richter daraus, dass die Arbeitgeberin die Kündigung ausgesprochen hatte, ohne abzuwarten, bis die gesetzliche Frist zur Stellungnahme des Betriebsrats ausgelaufen war.

Betriebsratsanhörung zur zweiten Kündigung war hingegen in Ordnung
Die Betriebsratsanhörung zur zweiten Kündigung hielten die Richter für ordnungsgemäß. Dem stehe vor allem nicht entgegen, dass die Anhörung zu dieser Kündigung auf der Grundlage desselben Schreibens wie die Anhörung zur vorausgegangenen Kündigung vom 2. Juni 2004 erfolgte. Denn der Betriebsrat habe bei seiner Beschlussfassung gewusst, dass er zu einer noch auszusprechenden Kündigung angehört worden sei. Er habe seine Rechte deshalb ungeschmälert wahrnehmen können.

Eine endgültige Entscheidung über die Wirksamkeit traf das Gericht dennoch nicht, sondern verwies den Fall stattdessen zur endgültigen Klärung an ein Landesarbeitsgericht (LAG) zurück.

Kündigung möglich
Die Richter stellten jedoch klar, dass die von der Arbeitgeberin erhobenen Vorwürfe die Kündigung auch in der Sache rechtfertigen können. Gehe ein Arbeitnehmer während seiner Krankschreibung einer anderweitigen Erwerbstätigkeit nach, so könne das ein Hinweis darauf sein, dass er in Wirklichkeit gar nicht arbeitsunfähig sei. Zudem könne darin eine pflichtwidrige Verzögerung der Heilung liegen. Ist einer der beiden Fälle gegeben, kommt eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Das muss das LAG nun klären.

Praxis-Tipp
Nehmen Sie das Urteil zum Anlass und weisen Sie Ihre Kollegen noch einmal auf das Verhalten im Fall der Arbeitsunfähigkeit hin. Ihre Kollegen müssen sich grundsätzlich so verhalten, dass sie ihre Heilung nicht verzögern. Das heißt allerdings nicht, dass sie verpflichtet sind, sich den ganzen Tag im Haus aufzuhalten. Ein Spaziergang bei einer fiebrigen Grippe ist z.B. durchaus erlaubt. Von anderweitigen Tätigkeiten sollten sie jedoch absehen. Raten Sie Kollegen, die trotzdem anderweitige Tätigkeiten verrichten möchten (z.B. mit gebrochenem Arm das Telefon im Betrieb des Ehegatten bedienen), sich unbedingt zuvor die schriftliche Erlaubnis ihres Arbeitgebers einzuholen.

Sollte Ihr Arbeitgeber jemals eine Kündigung aussprechen, ohne den Ablauf der Anhörungsfrist abzuwarten, dann machen Sie den betroffenen Kollegen darauf aufmerksam, dass er gute Chancen hat, die Kündigung erfolgreich anzugreifen.