Die Versicherungsbranche kämpft mit vielen hausgemachten Problemen
Allein an den Hochhäusern der Konzernzentralen lässt sich ablesen, dass die Versicherungsunternehmen über die Jahrzehnte zu riesigen Behörden verkommen sind. Dort arbeiten keine pfiffigen Agenten, sondern träge Beamte.
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Die Top Ten der deutschen Versicherungsbranche:
- Allianz Gruppe (Umsatz: 260 Mio. €)
- AXA Gruppe (Umsatz: 240 Mio. €)
- HDI-Gerling (Umsatz: 179 Mio. €)
- Victoria (Umsatz: 104 Mio. €)
- KRAVAG (Umsatz 98 Mio. €)
- Zürich Gruppe (Umsatz: 97 Mio. €)
- Mannheimer (Umsatz: 71 Mio. €)
- Württembergische (Umsatz: 55 Mio. €)
- Basler Gruppe (Umsatz: 53 Mio. €)
- Gothar (Umsatz: 53 Mio. €)
Umfragen ergeben eindeutige Ergebnisse
Die Unternehmensberatung Bain & Company ließ sich von den gewaltigen Umsatzzahlen nicht beeindrucken und befragte 100 Kunden der jeweiligen Versicherer, ob sie sie einem Freund oder Kollegen weiterempfehlen würden. Das Ergebnis war niederschmetternd. Bei fast allen lautete die Antwort: Nein! Die Versicherer denken noch zu wenig aus Kundensicht, zogen die Experten von Bain & Company ihr Fazit.
Auch Policen kaum noch voneinander unterscheidbar
Verkrustete Strukturen und Spartendenken (Leben, Kranken, Schaden und Unfall) machen echte Produktentwicklungen kaum möglich. In so genannten Versicherungsfabriken betreiben Versicherungs-Designer lediglich Produktkosmetik. Standardisierte Policen bekommen neue Markennamen und neue Outfits verpasst und werden dann auf den Markt geworfen. Vorteil für die Konzerne der Versicherungsbranche: Sie erhöhen ihre Produktivität. Nachteil für den Kunden: Er verliert komplett den Überblick.
Keine Kundenorientierung in der Versicherungsbranche
Doch schon in den Zeiten, als der freundliche Herr Kaiser von der Hamburg-Mannheimer noch über die deutschen Bildschirme flimmerte, war die Versicherungswelt nicht mehr in Ordnung. Damals kam Herr Kaiser nach Hause oder ins Büro, schloss seine Police ab (bekam eine ansehnliche Provision) und das war’s dann auch. Bis heute hat sich an diesem Prinzip, ob bei Geschäfts- oder Privatkunden, nichts Wesentliches geändert. Wo nur auf das Neukundengeschäft gestarrt wird, sind Kundenpflege und Kundenbindung Fremdwörter.
Ein Beispiel für "Schlecht abgewickelt"
Nach einem Havarieunfall erklärte ein Versicherer seinem Kunden, einem ostdeutschen Spediteur aus Veiten bei Berlin, auf vier Seiten voller Paragrafen und Abkürzungen, warum Havarie und Schaden vom laufenden Vertrag nicht abgedeckt werden könnten. Auf der letzten Seite stand dann der unscheinbare Satz, dass die Versicherung alle Forderungen aus Kulanzgründen aber dennoch übernehmen würde.
Pech für den Versicherer, denn so weit war der Veltener mit dem Lesen gar nicht gekommen. Er hatte sich stattdessen wutschnaubend ins Auto gesetzt und allen Versicherungsagenten in der nahen Berliner Filiale das Leben für ein paar Stunden zur Hölle gemacht.
Viel einfacher und kräfte- und nervenschonender wäre es natürlich gewesen, dem Spediteur schon auf Seite 1 klipp und klar zu sagen, dass die Versicherung für alle Schäden aufkommt. Doch was sich da so einfach anhört, käme in der Versicherungsbranche einer Kulturrevolution gleich.
Krisengeschüttelte Versicherungsbranche: Besserung ist in Sicht
Womöglich hat die auch schon begonnen. Der Versicherungskonzern Talanx (u.a. HDI-Gerling) arbeitet im Geschäft mit Schadens- und Unfallpolicen z.B. an einem neuen Vergütungssystem für seine Vertreter, das der Betreuung der Kunden eine größere Gewichtung gibt.
Da bei Transportversicherungen, bedingt durch den gesetzlichen Rahmen, mehr oder weniger alle Unternehmen vergleichbare Leistungen mit ähnlichen Preisniveaus anbieten, beispielsweise Güter-, Risiko und Kaskoversicherung oder nicht abgedeckte Schäden wie Kriege, Aufruhr und Streiks, hat sich die AXA Versicherung AG etwas Neues ausgedacht. Ihr Zusatzangebot: Für einen Prämienaufschlag von 0,5 % werden auch politische Risiken (Krieg, Streik) abgesichert. Damit setzt sich AXA deutlich von allen Mitbewerbern ab.