Neues Urteil: BAG stärkt Rechte von Schichtarbeitern

Schichtarbeit ist anerkanntermaßen belastend für die Arbeitnehmer. Gleichwohl gibt es Berufe, in denen sich die Arbeit nicht anders organisieren lässt. Nach einem neuen Urteil des BAG kann aber jemand, dessen Arbeitsvertrag Schichtarbeit vorsieht, einen Anspruch auf Beschäftigung nur noch im Tagdienst haben. Die Personaleinsatzplanung wird dadurch für den Arbeitgeber noch herausfordernder.

Das höchste deutsche Arbeitsgericht, das Bundesarbeitsgericht (BAG), hat die Rechte von Schichtarbeitnehmern
mit seinem Urteil vom 9.4.2014 (10 AZR 637/13) gestärkt.

In dem Fall ging es um eine kranke Schwester, die in einem Krankenhaus mit etwa 2000 Mitarbeitern beschäftigt wurde. Bereits im Jahr 1983 leistete sie dort Schichtdienst. Hierzu ist sie aufgrund ihres Arbeitsvertrages im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten verpflichtet gewesen.

Etwas konkretisiert wurde das durch eine Betriebsvereinbarung, nach der eine gleichmäßige Planung unter anderen in Bezug auf die Abfolge der Schichten der Mitarbeiter anzustreben ist.

Schichtdienst ohne Nachtdienst ist möglich

Die klagende Krankenschwester musste Medikamente einnehmen, die beim Einschlafen helfen. Sie war daher aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, zukünftig weiterhin Nachtdienste zu leisten. Dies führte dazu, dass die Klägerin Mitte Juni 2012 als arbeitsunfähig nach Hause geschickt wurde, da sie nicht mehr in der Lage sei, Nachtdienste auszuüben.

Sie hielt sich allerdings – mit Ausnahme der Nachtdienste – durchaus für arbeitsfähig und bot ihre Arbeitsleistung ausdrücklich an. Zwischen Juni 2012 und November 2012 wurde sie trotzdem nicht beschäftigt.

Mit der Klage verfolgte sie nun die Weiterbeschäftigung, allerdings ohne Nachtdienste, sowie die Zahlung der Differenz zwischen der erhaltenen Entgeltfortzahlung bzw. dem bezogenen Arbeitslosengeld und ihrem Gehalt. Und sie gewann auf ganzer Linie in allen drei Instanzen.

Fehlende Eignung zu Nachtdiensten führt nicht zur Arbeitsunfähigkeit

Für die Richter war entscheidend, dass sie die Krankenschwester nicht für arbeitsunfähig hielten. Denn sie könne alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen. Der Arbeitgeber müsse bei der Schichteinteilung auf das gesundheitliche Problem der Klägerin Rücksicht nehmen. Daher sei die Einteilung für Nachtschichten nicht mehr möglich. Zur Arbeitsunfähigkeit führe das aber nicht.

Die eingeklagte Vergütung musste der Arbeitgeber gleichfalls zahlen. Denn die Mitarbeiterin hatte ihre Arbeitskraft ordnungsgemäß angeboten, der Arbeitgeber sie aber nicht angenommen (Annahmeverzug).

Tipp für Arbeitgeber

Nach dieser Entscheidung wird es für Arbeitgeber schwieriger, die Personaleinsatzplanung zu gestalten. Um dem Begehrlichkeiten nicht Tür und Tor zu öffnen, sollten Sie allerdings grundsätzlich eine ärztliche Bescheinigung verlangen, dass Nachtdienste aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sind.

Sinnvoll kann es auch sein, diese Einschätzung von Zeit zu Zeit überprüfen zu lassen. Denn die gesundheitliche Situation kann sich ohne weiteres so ändern, dass später keine gesundheitlichen Bedenken mehr gegen Nachtdienste bestehen.

Im Fall des Bundesarbeitsgerichts wäre das z. B. schon dann vorstellbar, wenn die medikamentöse Therapie der Klägerin abgeschlossen wäre. Dann müsste sie die Tabletten, die sie zum Einschlafen bringen, nicht mehr nehmen.