Ein erfolgreiches Planungsbüro braucht kein Papier

Rolf Peschels Wort hat Gewicht. Wenn millionenschwere Autobahnpläne überarbeitet werden müssen, liegt das auch an ihm, denn Rolf Peschel ist Umweltplaner mit eigenem Planungsbüro. Er und seine Mitarbeiter waten zum Beispiel durch Sümpfe auf der Suche nach gefährdeten Tierarten, die durch geplante Bauvorhaben bedroht werden könnten. Auch in seiner Firma leguan hat Peschel etwas zu sagen. Er setzte 2003 durch, dass in dem Planungsbüro konsequent papierlos gearbeitet wird. Seine Mitarbeiter zogen mit, denn kein Papier heißt keine Stapel, heißt kein Suchen, heißt mehr Effektivität.

Planungsbüro kommt ohne Büro aus
Dabei hat Peschel im Prinzip nichts gegen Papier. Ihn stört nur, dass Papier ortsgebunden ist, denn im traditionellen Büro werden Informationen in Akten aufbewahrt. Wer die lesen will, muss ins Büro. „Weil bei uns aber alle Informationen im Internet stehen, können die Mitarbeiter selbst bestimmen, von wo sie arbeiten", erklärt Peschel. Einzige Bedingung an den Arbeitsort ist ein Internet-Zugang in DSL-Geschwindigkeit.

Die Firma unterhält nur noch ein Lager für Arbeitsgeräte wie Insektenfallen, Tauchausrüstung und dergleichen. Außerdem gibt es zwei Räume mit Bibliothek, Druck- und Kopiermöglichkeiten. Für Besprechungen nutzen die leguan-Mitarbeiter Cafés.

Das ganze Firmenwissen steckt im Internet
Statt in Papierform werden bei leguan sämtliche Unterlagen elektronisch auf einem via Internet erreichbaren Server abgelegt. Egal, durch welches Gebüsch die Mitarbeiter gerade kriechen – durch ein Suchsystem ist das Firmenwissen von jedem internetzugänglichen Ort der Welt verfügbar. Briefe, die leguan erhält, werden eingescannt und ins Internet gestellt, von wo sie für die betreffenden Mitarbeiter les- und beantwortbar sind.

Selbst die Buchhaltung funktioniert so. „Alle Belege werden nach Buchung eingescannt und elektronisch archiviert. Durch ein System fortlaufender Nummern kann der originale Papierbeleg bei Bedarf wiedergefunden werden", erläutert Peschel.

Übers Internet konferieren und telefonieren
Indem leguan die Möglichkeiten der Informationstechnologie nutzt, können mehrere Mitarbeiter von ihrem jeweiligen Arbeitsort aus an einem Dokument schreiben (durch den Windows Messenger). Sind Telefonate oder Gespräche mit Kunden und Geschäftspartnern nötig, geschieht dies über Telefonkonferenzen via Skype.

Papierloses Planungsbüro: Die Personalmanager sitzt im weltweiten Netz
Auch das gesamte Personalmanagement kommt bei dem Planungsbüro leguan aus dem Internet. Über eine spezielle Projektmanagement-Software werden die Arbeitszeiten übers Internet erfasst und ausgewertet. Peschel nutzt dies auch zur Mitarbeitermotivation: „Wie effizient der einzelne Mitarbeiter ist, können alle sehen. Für besonders effiziente Mitarbeiter gibt es spezielle Leistungsanreize."

Bewerbungen nur per E-Mail erwünscht
Die Web-Basierung seines Büros hält Peschel konsequent durch. Wer sich bei ihm als Mitarbeiter mit einer klassischen Mappe in Papierform bewirbt, hat keine Chance, einen Job zu bekommen. Und wer genommen werden will, darf sich nicht nur mit Fledermäusen und Kröten auskennen. Er braucht auch umfassende Computerkenntnisse.

Porträt: leguan
1990 gründeten Rolf Peschel und Peter Kröger in Hamburg das Planungsbüro leguan (http://www.leguan.com/). Das Unternehmen prüft geplante Straßen, Bahnen, Flughäfen, Kiesgruben oder Windkraftparks auf ihre Umweltverträglichkeit, d.h. darauf, ob seltene Tier- und Pflanzenarten durch die Ausführung der Pläne bedroht werden. Auftraggeber sind Bau- und Verkehrsunternehmen, Kommunen, Umweltministerien und oberste Landesbehörden im norddeutschen Raum.

leguan beschäftigt überwiegend Biologen, und zwar projektbezogen auf Honorarbasis. Da die meiste Arbeitszeit nicht im Büro, sondern in freier Natur, etwa beim Erfassen von Lebensräumen von Libellen und Faltern, verbracht wird, setzte leguan von Anfang an auf modernste EDV-Lösungen. 2003 gab leguan seine bisherigen Büroarbeitsplätze auf und stellte ganz auf papierlos um. Alle Anwendungen, die bisher Mitarbeiter im Büro abgewickelt hatten, wurden ins Internet verlegt.