Zuschüsse zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn: Was muss man beachten?

Das Einkommensteuergesetz sieht an verschiedenen Stellen Steuerbefreiungen oder Pauschalierungsmöglichkeiten für Arbeitslohn vor. Häufig ist dabei jedoch Voraussetzung, dass der steuerfrei zu stellende oder pauschalierte zu besteuernde Arbeitslohn zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird. Diese Voraussetzung ist in der Praxis nicht zu unterschätzen.

Steuerbefreiung bei zusätzlicher Zahlung

Beispielsweise die Steuerfreiheit für Kindergartenbeiträge nach § 3 Nr. 33 EStG oder die Steuerbefreiung für Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustand von Arbeitnehmern nach § 3 Nr. 34 EStG sind Grundvoraussetzungen, dass eine Zahlung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Gehalt vorliegt.

Ebenso ist die Zusätzlichkeit eine Voraussetzung bei der Lohnsteuerpauschalierung, wie beispielsweise § 40 Abs. 2 Satz 2 ESTG ausdrücklich zu entnehmen ist.

BFH-Urteil

Dass aber auf die Voraussetzungen der Zusätzlichkeit zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn nicht verzichtet werden kann, hat erst jüngst der Bundesfinanzhof in zwei Entscheidungen vom 19. September 2012 (AZ VI R 54/11 und VI R 55/11) klargestellt. Dort urteilen die Richter, dass der ohnehin geschuldete Arbeitslohn der arbeitsrechtlich (also vertraglich) geschuldete Lohn ist und die Steuerbefreiungen bzw. die Pauschalierungsmöglichkeiten nur für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlte Zuschüsse Anwendung finden können.

Häufig übersehenes Praxisproblem

In der Praxis ist dabei die Problematik bei der Definition der Zusätzlichkeit zu finden. So urteilte bereits der BGH in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2012 (Az: 3 AZ R 610/11), dass unter den ohnehin geschuldeten Arbeitslohn auch Zuschüsse fallen, die aufgrund der betrieblichen Übung entrichtet werden.

Entrichtet nämlich der Arbeitgeber Zuschüsse aufgrund der betrieblichen Übung, erwachsen diese zum einklagbaren Arbeitslohn, welcher keiner Steuerbefreiung- bzw. Pauschalierungsmöglichkeit zugänglich ist. Dies ist regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitgeber freiwillige Leistungen regelmäßig wiederkehrend ausgezahlt und die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, dass Ihnen die Leistung auch zukünftig (aufgrund der betrieblichen Übung) gewährt wird.

Problem der betrieblichen Übung

Häufig erkennt die Rechtsprechung bereits eine betriebliche Übung, wenn beispielsweise zunächst freiwillig gezahlte Weihnachtsgelder 5-8 Jahre hintereinander jedes Mal ausgezahlt werden. Ebenso hat das Bundesarbeitsgericht bereits geurteilt:

"Vereinbart der Arbeitgeber über Jahre hinweg mit anderen Arbeitnehmern nach einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit und bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen Versorgungsrechte, ist er aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet, die Versorgungsrechte auch mit anderen Arbeitnehmern zu vereinbaren, sofern sie die erforderliche Betriebszugehörigkeit erbracht haben und die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind."

Freiwilligkeit wird zum Zwang

Im Ergebnis hat daher der Arbeitgeber in solchen Fällen die Verpflichtung, den zunächst freiwillig gezahlten Zuschuss weiter zu leisten. Darüber hinaus wird er zusätzlich bestraft, da die Steuerbefreiungsmöglichkeit und die Pauschalierungsmöglichkeit des Arbeitslohns wegfallen. Unter dem Strich sind damit sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer bestraft.

Praxishinweis

In der Praxis empfiehlt es sich prüfen zu lassen, ob tatsächlich noch freiwillige Leistungen vorliegen oder ob aufgrund der betrieblichen Übung der schon ohnehin geschuldete Arbeitslohn vorliegt. Will der Arbeitgeber verhindern, dass aus der Stetigkeit seines Verhaltens eine in die Zukunft wirkende Bindung entsteht, muss er einen entsprechenden Vorbehalt erklären. Dieser Vorbehalt muss klar und unmissverständlich kundgetan werden, so das Bundesarbeitsgericht in der oben bereits zitierten Entscheidung.

Ein solcher Vorbehalt erfordert also eine ausdrückliche Vereinbarung, in welcher der Arbeitgeber unmissverständlich die Freiwilligkeit seiner Leistung ausdrückt. Es muss daher in der Folge auch darauf geachtet werden, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht mit einem Widerrufsvorbehalt kombiniert wird, weil dieser in der Rechtspraxis als missverständlich abgetan werden könnte. Je nach Arbeitnehmerzahl kann daher nur dringend empfohlen werden durch geeignete Arbeitsrechtler eine Prüfung herbeizuführen, um das Risiko so gering wie möglich zu halten.