Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist von großer Bedeutung. Wie lässt sich aber unser vor allem im Alter nachlassendes Durstgefühl austricksen? Zählt Kaffee mit? Welche Tipps haben die Experten für Pflegende zum richtigen und ausreichenden Trinken? Erfahren Sie im folgenden Beitrag, wie Sie als pflegende Person das nachlassende Durstgefühl bei Patienten oder Angehörigen umgehen.
1. Tipp: Lassen Sie den Urin nicht gelb werden!
Ausreichendes Trinken ist wichtig für den Organismus. Für Gesunde gilt, dass man nicht zu viel trinken kann. Lediglich bei bestimmten Herz- oder Nierenerkrankungen gibt es Trinkmengenbeschränkungen. Nach der Faustregel Minimum 1500 ml oder 30 ml pro kg/Körpergewicht am Tag bewegt man sich in einem sicheren Bereich.
Da mit zunehmendem Alter das Durstgefühl nachlässt, erscheint es ratsam, zumindest stichprobenartig über die Trinkmenge eines Tages Protokoll zu führen. Noch einfacher: Lassen Sie nicht zu, dass ihr Urin eine deutlich gelbliche Farbe annimmt!
2. Tipp: Lassen Sie die Spiegelneurone sprechen – Zuprosten!
Wie überall gilt auch hinsichtlich Trinkmenge: Alkohol ist nicht verboten, sollte aber in Maßen getrunken werden! Bei Frauen maximal zwei bis drei Gläser Rotwein, bei Männern maximal zwei bis drei Halbe Bier am Tag. Männer tilgen über den Bierkonsum gerne mal mehr als 50 Prozent ihres täglichen Flüssigkeitsbedarfs.
Im Kontext dieses Konsumverhaltens gilt die Empfehlung, möglichst in Gesellschaft zu trinken, anstoßen und zuprosten gilt als eine Möglichkeit der Trinkförderung. Pflegende können hier Vorbild sein. Wer jemanden anderen trinken sieht, wird auch eher bereit sein zum selber Trinken – sagen die Spiegelneurone!
3. Tipp: Leitung- oder Mineralwasser
Die unbedenklichste und für den Körper wertvollste Flüssigkeit ist nach wie vor Wasser. Leitungswasser ist ernährungsphysiologisch und unter Hygieneaspekten dem Mineralwasser gleichwertig. Deutsche Mineralwasser enthalten mindestens ein Gramm gelöster Mineralstoffe pro Liter.
Wer sich also salzarm ernähren soll, ist mit Leitungswasser sogar besser beraten. Bei Menschen, die keine Milchprodukte mögen oder vertragen, ist allerdings der Genuss von Mineralwasser anzuraten. Der Kohlensäuregehalt sollte eher niedrig gehalten werden, da die Kohlensäure im Magen Fülle vortäuscht und damit auch das Durstempfinden negativ beeinflusst.
4. Tipp: Warme Getränke bei Hitze!
Auch bei großer Hitze trinkt der Araber seinen Tee in kleinen Schlucken. Kalte Getränke, wie wir sie gerne bei Hitze zuführen, können aber auf den Magen schlagen. Außerdem müssen kalte Getränke vom Organismus erst auf Körpertemperatur gebracht werden. Die Energie, die wir dafür einsetzen, heizt zusätzlich auf und fördert dann noch unser Schwitzen und damit den Wasserverlust. Also sind Kaltgetränke bei Hitze zwar Durstlöscher, aber sie haben quasi treibende Wirkung, daher sind Getränke mit Zimmertemperatur eigentlich ideal.
5. Tipp: Kaffee entwässert nicht und ist besser als sein Ruf!
Leider hält sich der schlechte Ruf des Kaffees trotz widersprüchlicher Erkenntnisse und Forschungsergebnisse auch in pflegerischen Kreisen hartnäckig. Koffeinhaltige Getränke können durchaus in die tägliche Flüssigkeitsbilanz einbezogen werden, zumal für viele Menschen der tägliche Kaffeekonsum einen wichtigen Beitrag zur Gesamtflüssigkeitszufuhr leistet.
Zwar hat das im Kaffee enthaltene Koffein einen harntreibenden Effekt, aber dieser wurde bisher weit überschätzt. Wenn man bedenkt, dass die Filtrationsrate der Niere eines über 65-Jährigen nur noch etwa die Hälfte gegenüber der eines 20-Jährigen beträgt, dann ist schon allein deswegen die Bedeutung des gewohnten Kaffeekonsums für die Flüssigkeitsbilanz eher gering.
Wer Kaffee trinkt, scheidet bis zu 84 Prozent der aufgenommenen Flüssigkeit innerhalb eines Tages wieder über den Urin aus. Wer reines Wasser trinkt, scheidet bis zu 81 Prozent aus. Vier bis sieben Tassen täglich je nach Gewohnheit und Körpergewicht sind unbedenklich, was den Flüssigkeitshaushalt angeht.
Kaffee unterstützt die Herztätigkeit, regt vorübergehend den Herzmuskel an und die Blutgefäße erweitern sich und bringt durch die Stimulation der Darmmuskulatur auch die Verdauung auf Trab. Eine dauerhafte Erhöhung des Blutdrucks, wie von vielen Menschen befürchtet, findet nicht statt.
In den ersten 15 Minuten nach Aufnahme hat Kaffee sogar eine beruhigende Wirkung. Kaffee enthält die beiden Substanzen Kafestol und Kahweol, die die Cholesterinwerte im Blut erhöhen können. Aber dieser Effekt hält nur sehr kurz an. Wissenschaftliche Untersuchungen weisen daraufhin, dass der regelmäßige Genuss von Kaffee das Risiko für einen Typ-2-Diabetes deutlich senken kann.
6. Tipp: Wasserhaltige Lebensmittel anbieten!
Achten Sie bei der Ernährung darauf, möglichst viele Lebensmittel mit höherem Wassergehalt aufzunehmen. Hierzu zählen vor allem Obst und viele Gemüsearten, aber auch Joghurt und Quark bieten sich da an. Und es muss einen Sinn haben, dass als Vorspeise zur Hauptmahlzeit in unseren Ländern gerne mal eine Brühe oder Suppe gereicht wird.
7. Tipp: Jedes Getränk braucht sein Gefäß!
Bei nachlassendem Durstgefühl schrecken große Flaschenbatterien oder prall gefüllte Gläser oft ab. Je unauffälliger das Getränk und je attraktiver das Trinkgefäß, desto höher die Neigung oder Bereitschaft zum Austrinken. Feldstudien lassen vermuten, dass auch die Größe der Trinkgefäße eine Rolle spielt. Dabei wird leider oft vernachlässigt, dass unsere Kultur an diesem Punkt für fast jede Art von Getränk ein anderes Gefäß bereit stellt.
Auch dieses Wissen kann gezielt eingesetzt werden. Einen Eiskaffe laut schlürfend mit einem Strohhalm zuzuführen, kann einen gewissen Reiz haben. Manche ältere Menschen mit Schluckstörungen kommen mit dieser Form der Flüssigkeitsaufnahme besser zurecht.
8. Tipp: Speichelfluss fördern!
Die gezielte Stimulation des Speichelflusses kann in einigen Fällen ebenfalls die Compliance von Trinkmuffeln erhöhen. Optische Reize wie die Zitronenscheibe oder der Eiswürfel im Wasserglas können hier als Schlüsselreize fungieren. Aber auch das in einer Kompresse eingewickelte Trockenobst im Mundwinkel des bettlägerigen Patienten dürfte vielen Pflegenden bekannt sein.
9. Tipp: Das Auge trinkt mit!
In Kombination mit einem passenden Trinkgefäß können farbliche Reize für sehbeeinträchtigte Menschen unterstützend wirken. Aber auch kleine Begleit-Accessoires wie das Plätzchen neben der Kaffeetasse und geschmackvolle, ess- oder lutschbare Dekorationen können Trinkfreude befördern.
10. Tipp: Ausprobieren und Hilfsmittel gezielt einsetzen!
Leider werden schnell und unreflektiert Schnabelbecher oder andere Hilfsmittel benutzt. Aber völlig unterschiedliche Getränke aus immer derselben Schnabeltasse wird die Lust aufs Trinken nicht anregen. Wenn der Schnabel wegen des Verschüttens genutzt wird, man aber eh schon anreicht, dann geht das sicher auch ohne Schnabel.
Die Suche nach dem individuellen Lieblingsgefäß oder ein vorübergehendes Ausprobieren verschiedener Gläser oder Tassen kann eine sinnvolle Investition sein. Aber auch der Strohhalm, die Blasenspritze im Mundwinkel oder das Andicken von Flüssigkeiten kann gegebenenfalls die Einfuhr erhöhen.
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