Die Herreninsel
Das ebenso tiefe wie breite Gewässer beherbergt die weltbekannte Herreninsel mit dem legendären Schloss des Bayerischen Königs, die grüne Fraueninsel mit historischen Highlights des Barock und die unbekannte, kleine Krautinsel mit allerlei Gewächs und Kraut. „Die Krautinsel war seine Lieblingsinsel“, so die Führerin auf Schloss Herrenchiemsee über den Bayerischen Monarchen, der die Inseln im Chiemgau weltberühmt machte.
„Den weitesten Bekanntheitsgrad genießt die Größte der drei Inseln, die Ludwig II für sein Schlossprojekt im Jahr 1873 auswählte und kaufte. Neben dem barocken Schloss Augustiner-Chorherrenstift wollte er ein Abbild des französischen Versailles erschaffen, einen Tempel des Ruhmes für den Sonnenkönig von Frankreich, Ludwig XIV, den der bayerische Monarch grenzenlos verehrte“, so die Schlossführerin weiter.
Der Erschaffung des Denkmals nach Versailler Vorbild, das das Original sogar noch übertrifft, gingen dreizehn Planungsphasen voraus – nach Plänen Georg Dollmanns startete die erste Bauphase für Schloss Herrenchiemsee fünf Jahre später.
Bis heute glänzt die prachtvolle Schlossanlage durch den berühmten Spiegelsaal und die königlichen Gemächer mit unendlich vielen Details. Als teuerster Raum des 19. Jahrhunderts gilt das Paradeschlafzimmer im Großen Appartement – die Porzellanaustattung im kleinen Appartement, als größter Einzelauftrag für die Meißner Manufaktur oder Stickereien auf den Textilien beeindrucken bis heute.
Obwohl Ludwig II mit allen Mitteln des Königreichs nach Pracht strebte, blieb sein Werk unvollendet – sein früher Tod im Jahr 1886 bleibt bis heute ein Rätsel. Der Dichter Paul Verlaine über Schloss und Park: „Sie dokumentieren das Leben des Bayerischen Königs als des einzig wahren Königs des 19. Jahrhunderts.“
Rundgang durch Schloss Herrenchiemsee
Ein Rundgang durch die Räume des Schlosses ist zugleich Zeitreise durch Leben und Wirken des Bayerischen Königs und verweist durch das Gemälde des Kriegsgottes Mars auf dessen Faszination von der Mythologie. Im zweiten Raum dominiert als Kernstück der Prunkschrank nach Versailler Vorbild, der dritte Saal zeigt als Ochsenaugensaal zwei ovale Fenster mit darunter liegenden Spiegeln, einen aus Wien stammenden Lüster und eine, für die damalige Zeit sehr moderne Warmluftheizung.
„Im vierten Raum schlief Ludwig nicht selbst, das Schlafgemach repräsentiert mit seinem opulenten Bett in Anlehnung an einen Thron jedoch die mächtige Gestalt des Sonnenkönigs“, verweist die Führerin auf dieses übergeordnete Sinnbild für den französischen Monarchen, der 200 Jahre zuvor als absoluter Herrscher gelebt hatte.
So zieren Szenen aus der französischen Geschichte die gesamte Gartenfront des langen Saals. Den Beratungsaal und die Spiegelgalerie im sechsten Raum durchschreitet man auf einhundert Metern: „Diese Spiegel hier sind in einem exzellenten Zustand, ich habe kürzlich die Spiegel in Versailles gesehen – sie sind bereits blind und an ihnen verblasst das Gold“, berichtet eine Besucherin und die Führerin fügt an: „Neben dem vielen Gold sehen Sie hier auch viel Blau. Die Lieblingsfarbe Ludwigs II war Nachtblau und er wurde auch als Mondkönig bezeichnet.“
Der folgende Raum ist Schreib- und Arbeitszimmer mit einem in Paris gefertigten Schreibtisch und der astronomischen Uhr, die die Mondstellung und die Tierkreiszeichen zeigt. An den Lüstern des Speisezimmers mit Blüten aus Meissner Porzellan und Blättern aus Seide dokumentiert sich die höchste Blütezeit deutscher und bayerischer Handwerkskunst.
An mehr als 50 unvollendeten Räumen jedoch, einem Privateingang, der noch rohe Ziegel des Mauerwerks aufzeigt oder einer im Original erhaltenen Glas-Stahlkonstruktion lassen sich die weit gesteckte Ziele des Monarchen erkennen, der bis heute unergründlich am 13. Juni 1886 im Starnberger See zu Tode kam.
In Führungen durch sein Schloss wird der König in seiner Zeit lebendig: mit einem „Tischlein deck dich-Raum“, der eine Verbindung ins andere Geschoss aufweist, einem Marmorpool im Badesaal mit 60.000 Liter Fassungsvermögen oder einem Ankleidezimmer mit Geheimgang ins Schlafgemach.
Das alte Schloss im Stil des Barock
Der vierflüglige Bau des Augustiner Herrenstifts mit rechteckigem Innenhof und prächtigem Rosengarten wurde um 640 gegründet, ist damit ältestes bayerisches Kloster und Bischofssitz mit einem Dom (1215-1808).
Heute befindet sich in den historischen Räumen, im Konvent- und Fürstenstock ein modern gestaltetes Museum – die Kunstgalerie im Prälaturstock zeigt mit über einhundert Bildern aus allen Schaffensperioden des Chiemseemalers Julius Exter Kulturgut aus der Region. In einem anderen Teil des Klosters können Gäste durch königliche Zimmer wandeln, die Ludwig II eingerichtet hat, noch vollständig erhaltene hochbarocke Säle mit Malereien und einen spätbarocken Bibliothekssaal von Johannes Baptist Zimmermann bewundern.
Neben der Historie des Klosters und der Zeit des Königs verweist die reichhaltige Geschichte auf eins der wichtigsten Kapitel der deutschen Nachkriegszeit: Hier tagte nach Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1948 der Verfassungskonvent zur Vorbereitung des Grundgesetzes.
Öffnungszeiten, Tipps und Aussichten für Herrenchiemsee:
Eintrittstickets ins Märchenschloss erhalten Sie direkt auf der Insel im Besucherinformationszentrum am Ende der Schiffsanlegestelle. Zum Schloss gelangen Sie wie in alten Zeiten mit einer der Pferdekutschen, die an der Anlegestelle warten oder sie spazieren 20 Minuten durch den Schlosspark. Die Schlossanlage mit 30-minütigen Führungen ist täglich durchgehend ab 9 Uhr geöffnet.
Daneben werden gegen 19:30 Uhr ab Prien Gruppenführungen in die geheimen Welten der Fledermäuse angeboten. Sie beginnen zur Abendsonne mit einer Schiffsfahrt über den See und erreichen Herrenchiemsee bei Sonnenuntergang, wo Sie die Fledermaus-Ausstellung mit einer Live-Beobachtung über Monitore besichtigen.
Weiter geht es zu Fuß zu den Wasserflächen der Brunnen, zu verwunschenen Baumriesen, zu den Flugachsen der Fledermäuse und den Wald-, Wiesen- und Uferbereichen der Insel. Gegen 22:15 fahren Sie mit dem Sonderschiff wieder zurück zum Festland.
Zur Vollmondwanderung „Mondkönig – Märchenkönig“ begeben Sie sich auf die Spuren Ludwigs II und vollziehen anhand von vier Stationen die Wendepunkte seines Lebens, das nur 40 Jahre andauerte. Bei der nächtlichen Wanderung begeben Sie sich auf seine Spuren: Lesungen aus Originalbriefen bei Kerzenschein und eine Wagner-Arie im dunkeln Marmorhof des Schlosses markieren die exklusiven Momente der Vollmondnächte über das Jahr.
An einem sonnigen oder auch milden Herbsttag können Sie die Insel mit Blick auf Voralpenland, Fraueninsel und den See auf einem Rundweg von sieben Kilometern in gut zweieinhalb Stunden umwandern.
Quellen: Vor-Ort-Recherche
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