Leider beschränkt sich die Finanzmarktkrise nicht mehr nur auf den Bankenbereich, sondern hat Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft. Auch Stiftungen sind hiervon betroffen, wenngleich Stiftungen naturgemäß nicht durch Umsatzrückgänge, sondern primär an Wertverlusten ihrer Finanzanlagen leiden. Dies kann aber durchaus zu Konflikten mit dem Stiftungsrecht führen.
Vermögenshaltung bei Stiftungen
Rechtlich unterliegen Stiftungen den besonderen Bindungen des Stiftungsrechts. Zu nennen sind hier vor allem die Stiftungsgesetze der Länder sowie die §§ 80 ff. BGB. Die Stiftungsgesetze der Länder sehen in der Regel vor, dass das Stiftungsvermögen in seinem Bestand ungeschmälert und dauerhaft zu erhalten ist. Dieser Grundsatz der Vermögenserhaltung bei Stiftungen birgt in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrisen einige rechtliche Risiken, da bis heute nicht abschließend geklärt ist, ob der Wert des Stiftungsvermögens nominal oder real zu erhalten ist.
Das reale Vermögen der Stiftung
Sieht die Satzung der Stiftung hierzu keine ausdrückliche Regelung vor, muss anhand des Stiftungsgeschäfts und des Stifterwillens eine Entscheidung getroffen werden. Im Zweifel wird man aber bereits aus wirtschaftlichen Gründen die reale Werterhaltung anstreben.
Die Erträge einer Stiftung
Regelmäßig ist das Stiftungsvermögen nicht nur ungeschmälert zu erhalten, sondern auch Ertrag bringend anzulegen. Aus diesem Grund sind alle Stiftungen gehalten, sinnvolle Anlagemöglichkeiten zu finden. Hierdurch entsteht ein Spannungsfeld zwischen sicherer Wertanlage einerseits und möglichst hohen Erträgen andererseits.
Eine einheitliche Meinung hat sich zu dieser Problematik noch nicht herausgebildet. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass jede Schmälerung des Grundstockvermögens generell einen Verstoß gegen das Stiftungsrecht darstellt. Andererseits gibt es aber auch die Meinung, dass die Stiftungsorgane nur das Bemühen schulden, in Übereinstimmung mit der Satzung und dem Stiftungsgeschäft ein bestimmtes Vermögenserhaltungskonzept zu verfolgen.
Allerdings spricht vieles für eine weniger strenge Auslegung des Vermögenserhaltungsgrundsatzes. Bedingt die Pflicht zur Ertrag bringenden Vermögensanlage die Suche nach möglichst rentierlichen Anlageformen, sollte eine Investition in risikobehaftete Anlageformen nicht unzulässig sein. Dann dürfen eine unerfüllte Renditeerwartung oder ein Verlust aber auch nicht zu einem Verstoß gegen das Stiftungsrecht führen.
Stiftungsaufsichtsbehörden mit restriktiver Haltung
Die zuständigen Stiftungsaufsichtsbehörden nehmen bezüglich dieser Fragen häufig eine eher restriktivere Haltung ein. Jede Stiftung sollte daher überprüfen, ob sich die zugesagten Projekte und Fördermaßnahmen noch finanzieren lassen.
Wurde das Grundstockvermögen angegriffen, stellt sich insbesondere die Frage, ob die Stiftung zunächst alles unternehmen muss, um es wieder auf den satzungsmäßigen Nominalwert zu erhöhen, oder ob das Vermögen der Stiftung für die fortlaufende Finanzierung des satzungsmäßigen Zwecks einzusetzen ist. Hier kann nur eine Auslegung nach Maßgabe des Stifterwillens, der Satzung und des Stiftungsgeschäfts eine – subjektiv geprägte – Antwort liefern.
Die Rolle der Stiftungsaufsicht
Die Stiftungsaufsicht wacht über die Einhaltung des Stiftungsrechts (vgl. § 10 Abs. 1 NStiftG). Sofern sich aus dem Geschäftsbericht, der Vermögensübersicht bzw. dem Jahresabschluss Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das Stiftungsvermögen mehr als nur unerheblich angegriffen ist oder die Stiftung Verluste erwirtschaftet hat, kann die Stiftungsaufsicht einschreiten.
Da die Stiftungsaufsicht an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden ist, wird sie in der Regel zunächst zu weniger strengen Maßnahmen greifen und zunächst Erläuterungen zur wirtschaftlichen Situation anfordern oder die Vorlage von Lösungskonzepten für die Zukunft verlangen.
Kommt die Stiftungsaufsicht hingegen zu der Erkenntnis, dass gewichtige Verstöße gegen das Stiftungsrecht vorliegen, ist mit strengeren aufsichtsrechtlichen Maßnahmen zu rechnen. In Extremfällen können sogar Beanstandungen von Stiftungsbeschlüssen oder Ersatzvornahmen drohen.
Die Gemeinnützigkeit von Stiftungen
Für Stiftungen, die als gemeinnützig anerkannt wurden, stellt sich zudem die Frage, ob wirtschaftliche Verluste zu gemeinnützigkeitsrechtlichen Risiken führen.
Diesbezüglich lässt sich aber zunächst einmal feststellen, dass Verluste gemeinnützigkeitsrechtlich nur dann relevant sind, wenn sie realisiert wurden. Rein buchmäßige Verluste, die zum Beispiel aus Abschreibungen auf Wertpapiere resultieren, sind unter gemeinnützigkeitsrechtlichen Aspekten nicht zu beanstanden.
Dennoch hat die Finanzverwaltung hierzu einige besondere Regeln aufgestellt, wonach Verluste im Bereich der Vermögensverwaltung im Entstehungsjahr zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen können. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Verlust entweder durch Gewinne in den sechs vorangegangenen Jahren im Bereich der Vermögensverwaltung ausgeglichen werden kann oder sich der Verlust der Stiftung im nachfolgenden Jahr durch Gewinne aus der Vermögensverwaltung oder durch Zuführung von nicht spendenbegünstigten Mitteln kompensieren lässt.
Natürlich zielt die Finanzverwaltung mit dieser Regelung nicht primär auf durch Wirtschaftskrisen bedingte Verluste ab. Dennoch ist die Regelung dem Wortlaut nach anzuwenden.
Aufstockung des Grundvermögens der Stiftung
Ist das Grundstockvermögen geschmälert, ist nicht gleich jede Maßnahme zur Wiederaufstockung des Vermögens der Stiftung zulässig. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass eine gemeinnützige Stiftung sämtliche Mittel nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwenden darf. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Stiftung ihre Erträge nicht zur Aufstockung des Grundstockvermögens einsetzen darf. Hierfür kann sie aber auf die sog. freie Rücklage (§ 58 Nr. 7a AO) zurückgreifen.
Eine als gemeinnützige anerkannte Stiftung darf danach bis zu einem Drittel des Überschusses der Einnahmen über die Kosten aus der Vermögensverwaltung und darüber hinaus bis zu zehn Prozent ihrer sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel einer freien Rücklage zuführen.
Die in der freien Rücklage der Stiftung eingestellten Mittel können zur Aufstockung des Grundstockvermögens dienen. Sofern eine solche Rücklage nicht besteht, sollte sie – unabhängig von der wirtschaftlichen Situation – künftig gebildet werden, denn eine rückwirkende Bildung ist nicht zulässig.
Haftungsrisiken für den Vorstand der Stiftung
Der Vorstand einer Stiftung haftet für pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten und den dadurch entstandenen Schaden. Diesbezüglich ist zunächst zwischen der Haftung des Vorstands gegenüber der Stiftung selbst (Innenhaftung) und der Haftung gegenüber Dritten (Außenhaftung) zu unterscheiden.
Eine Innenhaftung des Vorstands der Stiftung gegenüber der Stiftung selbst kommt zum Beispiel dann in Betracht, wenn er seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung schuldhaft verletzt. Welche Pflichten hier infrage kommen, ergibt sich aus den jeweiligen Stiftungsgesetzen der Länder und der Stiftungssatzung. Dabei ist aber immer zu berücksichtigen, dass eine Haftung ein Verschulden des Vorstands voraussetzt, was im Hinblick auf die derzeitige Finanzkrise wohl abzulehnen sein wird. Grundsätzlich ist aber das Verschulden immer einzelfallbezogen zu prüfen.
Eine Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist in der Regel durch eine entsprechende Satzungsbestimmung möglich. Zur Vermeidung eines persönlichen Haftungsrisikos bietet sich ferner der Abschluss einer D&O-Versicherung an.