Die Frage lautet: Wann ist die Gruppe einem Einzelnen überlegen, wann die Weisheit der Gruppe fraglich?
Beispiel Wikipedia
Jeder kann dort – auch anonym – Beiträge einstellen, andere Texte löschen oder ändern. Das klingt nach unendlicher Freiheit. Tatsächlich unterliegen die Texte einer Zensur. Es gibt sogenannte Administratoren, die für Ordnung sorgen. Sie bestimmen, was im Netz bleibt oder wieder gelöscht wird. Das ist nicht nur auf Extremfälle beschränkt, wie zum Beispiel Nazi-Propaganda. Die Administratoren passen auf, dass alles nach den Regeln geschieht, die der amerikanische Gründer Jimmy Wales aufgestellt hat:
- Bestand hat, was von der Gemeinschaft akzeptiert wird.
- Es gilt der Grundsatz des „neutralen Standpunktes“. Danach soll ein Artikel so geschrieben sein, dass möglichst viele Autoren zustimmen können.
Über die Einhaltung dieser Grundsätze wachen alle Benutzer, aber vor allem die Administratoren. Das sind keine professionellen Lektoren, sondern Laien. So korrigieren sie auch unerbittlich Fachleute, denn die Gemeinschaft bestimmt, was „enzyklopädiefähig“ ist. Das Ergebnis: Wenige Beiträge sind exzellent und manche von keiner Kenntnis getrübt. Viele Artikel sind bestenfalls Mittelmaß. Das kann man als Benutzer bei Themen überprüfen, von denen man selbst von Berufs wegen viel versteht.
Gruppenarbeit im Betrieb: Eine Konsensveranstaltung?
Es ist empirisch nicht bewiesen, dass Ergebnisse einer Gruppenarbeit besser sind als die Arbeit eines einzelnen Mitarbeiters. Das ist aber für ein Unternehmen kein Grund, auf Projektarbeit zu verzichten. Gerade bei Problemen, bei denen alle oder mehrere Bereiche des Unternehmens betroffen sind, haben Lösungsvorschläge der Gruppe eine psychologische Wirkung. Der Erfolg einer Gruppenarbeit hängt entscheidend von der Auswahl des Projektleiters und der Zusammensetzung der Gruppe ab.
Wenn es in einer Gruppe einen starken Zusammenhalt gibt, fühlen sich die Gruppenmitglieder eingebunden und neigen dazu, schnell einen Konsens herzustellen, was eine realistischen Einschätzung des Problems abträglich ist.
Zu viel Harmonie macht träge und unkreativ. Aus Harmoniesucht entsteht selten Neues. Fortschritt braucht Konflikt!
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