In einem Unternehmen hat eine Grippewelle eine große Zahl der Angestellten im wahrsten Sinne des Wortes "außer Betrieb gesetzt". Der Chef tritt somit an seine zwei Azubis heran und bittet sie darum, länger zu arbeiten, um die liegengebliebenen Arbeiten aufzuarbeiten.
Die Azubis sehen ihm verständnislos an und erklären, dass sie nicht verpflichtet seien, Überstunden zu leisten. Beide sind volljährig und stehen im zweiten Ausbildungsjahr. Der Betriebsleiter bittet beide in sein Büro, er sucht das Gespräch. Die beiden Azubis erklären ihm, dass nur Notfälle, und Personalmangel ist per Gesetz kein Notfall, sie zum Leisten von Überstunden in der Ausbildung verpflichten.
Der Betriebsleiter meint, dass er die Bestimmungen zur Regelung von Überstunden in der Ausbildung kenne.
Überstunden von Auszubildenden sind nur im Notfall zulässig
Die vorliegende Situation sei auch kein Notfall im gesetzlichen Sinne,
sondern ein innerbetrieblicher. Er stellt ihnen frei, keine Überstunden
in der Ausbildung zu leisten, gibt jedoch zu bedenken, dass auch Azubis
eine Verantwortung gegenüber dem Betrieb hätten und alle Mitarbeiter ein
Team bildeten, das zusammenhalten müsse. Auch seien die Überstunden
nicht unentgeltlich.
Die Überstunden würden, je nach Wunsch der beiden,
finanziell, oder als Freizeit abgegolten werden, und das nicht nur eins
zu eins. Er rechnet den beiden Azubis vor, welcher Zuschlag jeweils noch
hinzugerechnet würde.
Der Betriebsleiter liegt mit seinen Aussagen zu 100% richtig. Personalmangel ist kein Notfall, doch haben Azubis auch eine Verantwortung gegenüber dem Betrieb. Es ist auch richtig, dass die Überstunden, entweder finanziell oder durch Freizeit, vergütet werden müssen.
Das Gespräch stimmt die beiden nachdenklich, doch sind sie noch nicht überzeugt und fragen, an wie viele Überstunden der Betriebsleiter gedacht hätte. Er kann ihnen sofort sagen, dass es sich um höchstens acht Überstunden handeln würde.
Überstunden in der Ausbildung seien limitiert, argumentiert er, denn die Höchstarbeitszeit würde in ihrem Fall 48 Wochenstunden betragen. 40 Stunden betrage die reguläre Arbeitszeit, es blieben also acht Stunden, die als Überstunden in der Ausbildung in Frage kämen. Die beiden sehen einander an und erklären sich schließlich bereit, die Überstunden zu leisten.
Auch diese Aussage ist korrekt, denn bei Überstunden, die von volljährigen Azubis geleistet werden, muss stets die Höchstarbeitszeit von 48 Stunden berücksichtigt werden. Anders verhält sich dies wiederum bei Azubis, die noch minderjährig sind. Bei diesen gilt eine Höchstarbeitszeit von 40 Stunden in der Woche. Diese Stundenzahl ist im Jugendarbeitsschutzgesetz geregelt. Würde der Betriebsleiter sich mit seiner Bitte an minderjährige Azubis wenden, die bereits eine Arbeitszeit von 40 Stunden haben, würde er sich strafbar machen.