Gedichte entstehen meist aus plötzlichen Eingebungen und können gerade deshalb beim Lesenden als Anreiz oder Anstoß zu eigenen seelischen Regungen führen. Dabei wirken Gedichte auf die Leserin oder den Leser immer ganz individuell. Verallgemeinerungen sind weder hinsichtlich der Aussage noch hinsichtlich der Wirkung möglich.
Die Möglichkeiten ein Gedicht zu formulieren sind nahezu unbegrenzt. Sie brauchen sich nicht an Reimen oder Versmaß zu orientieren – allein die Idee und der Wunsch ein Gedicht zu schreiben reichen aus. Solche Gedichte werden dann als Wort-Gedicht bezeichnet.
Manchmal wird ein Gedicht zu dem, was es ist, wenn die letzten Worte sich zwar nicht reimen, sich aber dennoch stark ähnlich sind. Suchen Sie nach solchen Worten und später verbinden Sie diese durch entsprechende Zusammenhänge:
LOSLIEBEN
Wenn die Uhr zeitlos
Raum grenzenlos
Welt wirkungslos
sind zwei arglos
gänzlich bodenlos
liebend fassungslos
nicht emotionslos
Vielleicht fallen Ihnen Charaktereigenschaften oder besondere Kennzeichen Ihres Liebsten oder Ihrer Liebsten ein. Diese hintereinander aufgereiht kann ein sehr persönliches Gedicht ergeben:
Mein
Seine Haare dunkel
seine Augen auch
Sein Blick fest
sein Körper auch
Seine Hände einfühlsam
sein Geist auch
Sein Beruf beglückend
sein Privatleben auch
Sein Leben lustvoll
sein Lieben auch
Sein Herz voll Liebe
meines auch
Manchmal reicht es aus, ein Wort aufzuschreiben und sich zu den jeweiligen Anfangsbuchstaben ein neues Wort zu überlegen. So kann ein Wort zum Impuls für ein Gedicht werden:
LIEBE
L – leben
I – in
E – einem
B – belebenden
E – Erleben
L – lustvoll
I – intensiv
E – euphorisch
B – betörend
E -erotisch
L – lieben
I – ist
E – ein
B – belebendes
E – Erlebnis
Viele Gefühle verbinden sich mit der Liebe – leider auch viele leidvolle Gefühle. Schreiben Sie diese Gefühle einfach auf ein Blatt und überlegen Sie später, ob sich diese Wörter in eine Ordnung fügen lassen:
verlassen
sterbend
die seele verglüht
im freien fall
von der unendlichkeit
des glücks
in die bodenlosigkeit
der leere
(aus: Gedanken-Fontäne: Literaturzeitschrift aus Hattingen, Thema: Selbstwertgefühl, Okt./Nov. 2003)
Sie können auch aufschreiben, was Ihnen zu einem bestimmten Wort einfällt. Reduzieren Sie die ganzen Sätze um Worte, die wegfallen können und stellen Sie eine Ordnung her, die in Abschnitte unterteilt – und schon haben Sie ein Gedicht:
Liebeslust
Die Lust
Augenblicke ins Ewige zu verkehren
Raum ins kosmische zu erweitern
Leben ins körperlose zu verschmelzen
Die Lust
Gedanken auf Null zu reduzieren
Gefühle auf Liebe zu beschränken
Körper auf Leidenschaft zu konzentrieren
Liebeslust – ausweitende Reduktion
Empfindsame Gedichte erreichen manchmal sonst scheinbar unerreichbare Teile der Persönlichkeit. Dies macht sie zu besonderen Geschenken. Schenken auch Sie selbst geschriebene Gedichte. Die Beispiele können Ihnen als Impulse dienen.
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