Wohl die meisten Menschen denken über das Zeitgeschehen oder Ereignisse des Lebens nach. In Gedanken beschäftigen sich viele Menschen mit vielen Dingen. Dies kann auch zu seelischen Belastungen führen. Indem man diese Gedanken aufschreibt kann man sich von ihnen lösen. Ganz nebenbei können hierbei auch sogenannte Wort-Gedichte entstehen. Schreiben Sie Ihre Gedanken auf und Sie werden über die Ergebnisse erstaunt sein. Hier ein Beispiel:
Kindheit
Beherzt lächelt
Der zahnlose Mund
Fast im gleichen Augenblick
Mundwinkel wandern
Zu ebenso beherztem Wehmutsgeschrei
Gefühle: ehrlich, spontan
Nur in der Kindheit offenbart
Im Alter
Derselbe zahnlose Mund
Dieselben Gefühle
Gezähmt und unterdrückt, nicht offenbart
Die Zeit lehrt, zerstört, belügt.
Die Kindheit
Ein gelebter Traum, eine verpasste Chance.
(aus: Gedicht und Gesellschaft: Jahrbuch für das neue Gedicht, Goethe – Gesellschaft mbH, 2001)
Die möglichen Themen für Gedichte sind nahezu unbegrenzt. Einmal aufgeschrieben spiegeln sie immer wieder die auslösenden Gedanken und damit verbundene Gefühle und können immer wieder Impulse geben.
Später
ZEIT – vergeht wie im Flug
ZEIT – verdrängt den Augenblick
ZEIT – ist alltäglich und besonders
ZEIT – ist überall und nirgends
ZEIT – ist gegenwärtig und vergangen
ZEIT – heilt alle Wunden
ZEIT – zukünftige Hoffnung
Nutzen Sie zum Beispiel ein einzelnes Wort, das Sie beschäftigt, um hieraus ein Gedicht zu formulieren. Hier ein Beispiel:
E – erbarmungslose Bakterien
H – hilflose Wissenschaft
E – entsetzliches Sterben
K – kolossale Schäden
minimalistisches erschüttert maximalistisches
Nahezu alles, was Sie beschäftigt kann in einem Wort-Gedicht in Form gebracht werden. Dabei dient das Aufschreiben und Gedichtform immer auch in gewisser Weise der positiven Verarbeitung. Versuchen Sie es! Manchmal kann ein Impulswort genügen – wie in diesem Beispiel:
Erlösung
F rustriertes
L eben
U nter
C haotischer
H ilflosigkeit
T rachtet
P unktuell
U nkontrolliert
N ach
K onstanter
T ragfähiger
E rlösung
aus: Gedanken-Fontäne: Literaturzeitschrift aus Hattingen, Thema: Selbstwertgefühl, Okt./Nov. 2003
Lassen Sie Ihren Gedanken freien Lauf und schreiben Sie sie auf:
Suchend
Mensch
haltlos und desorientiert
flieht
in gedankliches Nichts
der Seele
Gedanken
frei und leicht
schweben
in raumlosen Sphären
der Seele
wandeln
in zeitlosen Winkeln
des Geistes
suchen
im unendlichen Gewirr
der Synapsen
finden
in realitätsbezogenen Ecken
des Bewusstseins
ihren selbstbestimmten Halt
Mensch
gestärkt und orientiert
kehrt zurück
ins alltägliche Chaos
seines Lebens
Münchhausen
Die Kugel festgeklemmt
Phantasie ganz ungehemmt
erlebt im Schweben
der Graf sein Leben.
Lebensphantasie
Kugelempathie
Schwebesympathie
Lebensasymmetrie
Verlängertes Leben gewählt
geistige Schieflage erzählt
durch Liebe aufgeweckt
vom Tod entdeckt.
Gedichte können als Impulse weit über die gängigen Formulierungen hinausgehen – nahezu unbegrenzt. So können die Gedanken in Gedichtform auch zu Wort-Neuschöpfungen führen. Hier ein Beispiel:
Siethieismus
L ebenspoesie
Ü bertreibungsempathie
G esellschaftsphantasie
E goismusapathie
N ihilismussympathie
Siethieismus der Leichtigkeit des Seins
Gefunden
Mir war es nicht bewusst
doch hab’ ich’s eigentlich gewusst
Sie war unendlich lang verdeckt
vom Lebensstaub verdreckt
Sie war mir glatt entschwunden
jetzt hab’ ich sie wiedergefunden
Werd` sie in Ehren halten
und immer gut verwalten
Meine eigne Lebenslust
hilft über manchen Lebensfrust
Bei ihrem Überschwang
wird mir heut nicht mehr bang
Die wahre Lebenspoesie
besteht in Lebensphantasie
Wer sie nicht finden kann
der lebt nicht lang
Jährlich wiederkehrend
W – Warmherzige
E – Emotionen
I – Implodierende
H – Herzen
N – niveauvolle
A – Achtung
C – christlicher
H – Heiligkeit
T – tönende Eintracht
N – nicht immer – jährlich wiederkehrend
(aus: Gedicht und Gesellschaft: Jahrbuch für das neue Gedicht, Goethe – Gesellschaft mbH, 2001)
Vielfalt
Der Kosmos
astrologisch, unendlich, astronomisch
Die Erde
atmosphärisch, hydrosphärisch, petrochemisch
Die Natur
botanisch, zoologisch, geologisch
Die Menschheit
anthropologisch, philosophisch, surrealistisch
Die Religion
außerweltlich, übermenschlich, unbegreiflich
Reale Transzendenz in ihrer Vielfältigkeit
Symbol
Religion, ein Baum
die Wurzel, der Glaube
Emotionen der Menschheit
fest verankert
der Stamm, die Geschichte
Verlauf der Entwicklung
vernarbt gekräftigt
die Äste, die Religionsformen
Vielfalt der Gestalt
unterschiedlich gesprossen
die Krone, die Einheit
imponierend die Macht
verbindend gewachsen
der Baum, die Religion
Vielfalt der Menschheit
kraftvoll vereint
(aus: Seelenkrater, Zeitschrift für Literatur und Kunst, Ausgabe V, Januar 2003)
Jede/r kann Gedichte schreiben. Jede/r kann seine oder ihre Gedanken dabei durch das Aufschreiben die eigenen Gedanken ordnen und hierdurch einen bewussten Umgang mit den Gedanken ermöglichen.
Gerade in der heutigen schnelllebigen und aufreibenden Zeit kann das Schreiben von Gedichten entlasten. Ganz nebenbei können Sie dann die eigenen Gedichte als Impulse für Ihre Ansprachen, Aussprachen, Diskussionen oder Reden nutzen. Versuchen Sie es und lassen Sie sich von Ihren Werken überraschen.