Ex als Erbe? – die Auswirkungen der Scheidung auf die Erbschaft

Erbfälle und Scheidungen sind die häufigsten Negativereignisse in der Familie. Grund genug, sich einmal mit der Frage zu befassen, welche Folgen eine geschiedene Ehe auf erbrechtliche Ansprüche hat.

Durch eine Heirat gewinnt man nicht nur einen Ehegatten, sondern auch einen gesetzlichen Erben und Pflichtteilsberechtigten hinzu. Das gesetzliche Erbrecht sowie das Pflichtteilsrecht entfallen jedoch mit der Scheidung.

Vorsicht in der Trennungsphase

Erbrechtliche Ansprüche können sogar bereits im Vorfeld der Ehescheidung entfallen, wenn der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat und die Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen. In allen anderen Fällen gilt jedoch, dass der Gatte auch nach einer jahrelangen Trennung noch die vollen Ansprüche hat.

Ist man nur noch rechtlich ein Paar, aber nicht mehr im tatsächlichen Leben, muss man somit aktiv werden, wenn zum Beispiel statt des alten der neue Partner vom Nachlass profitieren soll. Das erfolgt durch eine entsprechende Erbeinsetzung im Testament. Der bzw. die Ex kommt dann zumindest nicht in den Genuss der Erbenstellung, behält jedoch gegenüber den Erben einen Anspruch auf Zahlung des Pflichtteils.

Besonderer Vorsicht gilt aber, wenn mit dem Ehegatten zuvor ein gemeinschaftliches Testament mit Bindungswirkung (zum Beispiel ein Berliner Testament) errichtet wurde. Eine solche letztwillige Verfügung lässt sich nach der Trennung nicht klammheimlich zugunsten einer anderen Person ändern. Für den Widerruf gelten besondere Formvorschriften.

Unwirksamkeit des Testaments wegen Scheidung

Nach der Scheidung entfällt dieses Problem grundsätzlich. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt ausdrücklich, dass ein Testament durch das der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, unwirksam wird, wenn die Ehe vor dem Tode des Erblassers aufgelöst wird.

Da es sich hierbei jedoch nur um eine widerlegbare Auslegungsregel handelt, sind Betroffene gut beraten, wenn sie zusätzlich durch förmlich zugestellten notariell beurkundeten Widerruf des Testaments für klare Verhältnisse sorgen.

Zugriff von Geschiedenen auf das Vermögen vermeiden

Auch ohne gesetzliche oder testamentarische Erbenstellung droht in manchen Konstellationen der Zugriff des Geschiedenen auf das Vermögen. Das betrifft die Fälle mit gemeinsamen Kindern, vor allem, wenn diese noch minderjährig sind.

Hier besteht die Gefahr, dass der verhasste Ex durch sein elterliches Recht zur Vermögenssorge oder als Erbe vor ihm versterben Kinder, doch noch faktisch oder sogar rechtlich zu Teilen des Nachlasses kommt.

Wer solche Risiken ausschließen will, kann ein sogenanntes Geschiedenentestament verfassen. Dieses sieht meist eine Vor- und Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung, Beschränkung der Vermögenssorge und die Einsetzung eines Vormunds vor. Eine solche Verfügung ist rechtlich komplex – aber was macht man nicht alles, um dem Ex eins auszuwischen.

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