Das Girokonto bei der Steuererklärung
Der Fall: Der Kläger hatte vor 2005 eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Er nahm ein Darlehen auf, das später aus Mitteln der Lebensversicherung getilgt werden sollte. Die Lebensversicherung trat er in Höhe des Darlehens an den Darlehensgeber ab. Der Kläger verwendete das neue Darlehen, um ein Eigenkapitalhilfe-Darlehen der Deutschen Ausgleichsbank abzulösen, mit dem er vor Jahren die Einrichtung seiner Arztpraxis finanziert hatte.
Bei der Praxisgründung hatte er allerdings seine Investitionen zunächst über sein Girokonto vorfinanziert. Der Sollsaldo, der sich seinerzeit in diesem Zusammenhang ergab, wurde nicht nur durch Investitionen, sondern auch durch laufende Betriebsausgaben und Privatentnahmen verursacht. Mit dem ursprünglichen EKH-Darlehen wurden somit – nach Auffassung des Finanzamts – nicht nur Investitionskosten getilgt.
Auch private Verbindlichkeiten wurden durch das Darlehen getilgt
Dies trifft nach der Umfinanzierung gleichermaßen auch für das neue Darlehen zu, das mit einer Lebensversicherung abgesichert wurde. Konsequenz war, dass das Finanzamt den Sonderausgabenabzug gestrichen und Kapitalerträge bei der Auszahlung der Lebensversicherung als steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen behandelt hat.
Die Entscheidung: Das Finanzgericht schloss sich der Meinung des Finanzamts an. Es ist der Auffassung, dass Sie größere Beträge, z.B. Darlehen, die Sie auf ein Girokonto einzahlen, nicht für eine bestimmte Investition verwenden. Es reicht nicht aus, wenn mit den Investitionen
- ein gedachter Zusammenhang
und/oder
- nur ein rein zeitlicher bzw. sachlicher Zusammenhang besteht.
Nehmen Sie für eine bestimmte Investition ein Darlehen auf, dann muss auch der Zahlungsweg dem entsprechen. Sie können den Zusammenhang des Darlehens mit der Investition erreichen, indem Sie
- die Investition unmittelbar mit Darlehensmitteln bezahlen,
- ein eigenes Girokonto für die Zwischenfinanzierung einrichten, von dem Sie ausschließlich die Investitionen bezahlen, oder
- bei Bezahlung der Investition vom laufenden Girokonto dafür sorgen, dass die Darlehensmittel in identischer Höhe innerhalb von 30 Tagen auf das Girokonto fließen.
Da dies im vorliegenden Fall nicht geschehen war, diente weder das EKH-Darlehen noch das nachfolgend zur Ablösung aufgenommene Darlehen, in vollem Umfang der Finanzierung von Investitionen. Sicherung und Tilgung über eine Lebensversicherung waren somit steuerschädlich, sodass der Sonderausgabenabzug wegfiel und die Erträge aus der Lebensversicherung in voller Höhe zu versteuern waren.
Auch eine nur teilweise schädliche Finanzierung führt zum Verlust sämtlicher Steuervorteile
Konsequenzen: Bei der Umfinanzierung unter Einsatz einer Lebensversicherung, die Sie vor 2005 abgeschlossen haben, ist Vorsicht geboten. Der Wegfall sämtlicher Steuervorteile im Zusammenhang mit einer Lebensversicherung kann teurer sein als der Zinsvorteil, den Sie mit einer Umfinanzierung erreichen.
Praxis-Tipp
Die Steuervorteile von Lebensversicherungen, die Sie vor 2005 abgeschlossen haben, sollten Sie in keinem Fall gefährden. Prüfen Sie, ob der Zusammenhang zwischen Investition und Darlehen eindeutig ist, und wählen Sie einen sicheren Weg. Bei einer Umschuldung müssen Sie bis zur ursprünglichen Darlehensaufnahme zurückgehen. Das gilt zumindest für die Zeiträume, für die Sie Ihre Unterlagen aufbewahren müssen.
Eine klare Zuordnung ist immer sinnvoll, weil sich auch Auswirkungen auf den Abzug der Schuldzinsen ergeben können. Zinsen aus betrieblichen Investitionsdarlehen ziehen Sie zu 100 % als Betriebsausgaben ab. Bei anderen Zinsen kann der Abzug eingeschränkt sein, wenn Überentnahmen vorliegen.