Arbeitsunfähigkeit als Kündigungsgrund

Krankheit an sich ist noch kein Kündigungsgrund. Dazu müssen stets die nachfolgenden 3 Voraussetzungen vorliegen (BAG, Urteil vom 20.01.2000, Az.: 2 AZR 378/99):

1. Stufe: negative Zukunftsprognose

Der Arbeitgeber muss davon ausgehen können, dass in Zukunft mit weiteren Erkrankungen des Arbeitnehmers zu rechnen ist, wie etwa bei chronischen Erkrankungen.

Liegt keine negative Gesundheitsprognose vor, scheitert die krankheitsbedingte Kündigung bereit.

2. Stufe: Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen

Zusätzlich zur negativen Gesundheitsprognose muss der Arbeitgeber darlegen können, dass durch die krankheitsbedingte Abwesenheit des Mitarbeiters die betrieblichen Interessen nachhaltig beeinträchtigt werden. Dies ist bei

  • Störungen im Arbeitsablauf oder
  • bei wirtschaftlichen Belastungen der Fall.

Der Arbeitgeber hat konkret darzulegen, welche Betriebsablaufstörungen vorliegen:

  • Wie sehen die Störungen aus und wie haben sie sich ausgewirkt?
  • Gab es Umorganisationen?
  • Mit welchen Konsequenzen war das verbunden?
  • Musste er eine Ersatzkraft suchen, einstellen und bezahlen?

In aller Regel wir ein Arbeitgeber auch die Entgeltfortzahlungskosten als Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen heranziehen. Diese muss er dann spätestens in der Betriebsratsanhörung und im arbeitsgerichtlichen Verfahren ganz genau aufschlüsseln.

3. Stufe: Interessenabwägung

Vor Ausspruch der Kündigung muss jeder Arbeitgeber stets eine Interessenabwägung machen. Zu klären ist, ob es

  • trotz negativer Zukunftsprognose und
  • trotz erheblicher Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
  • Aspekte gibt, die das Beschäftigungsinteresse eines Arbeitnehmers dem Kündigungsinteresse des Arbeitgebers überwiegen lassen.

Im Rahmen der Interessenabwägung spielen viele Faktoren eine Rolle. Zugunsten des Arbeitnehmers wirkt sich insbesondere aus:

  • Lag ein Arbeitsunfall vor?
  • Wie lange hat ein Mitarbeiter schon im Betrieb gearbeitet?
  • Wie alt ist der Arbeitnehmer?
  • Hat er Unterhaltspflichten?
  • Gibt es Möglichkeiten, den Mitarbeiter auf eine andere Stelle umzusetzen oder seine Arbeitskraft wenigstens zum Teil wiederherzustellen?
  • Wurde ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchgeführt?

Leidensgerechter Arbeitsplatz

Bei der Prüfung, ob es einen leidensgerechten Arbeitsplatz gibt, hat der Arbeitgeber auch zu berücksichtigen, ob der Mitarbeiter nach einer entsprechenden Schulung oder Fortbildung auf einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt werden kann.

Kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz im Wege des Direktionsrechts frei machen, muss er dies auch tun. So könnte er einen Mitarbeiter vom leidensgerechten Arbeitsplatz versetzen und den Arbeitsplatz dem Kranken zuweisen. Freikündigen oder gar neu erschaffen muss er einen leidensgerechten Arbeitsplatz nicht.

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