Soll ich mich selber oder meinen Partner lieben?

Vielfach stellt die Frage, wie viel Aufmerksamkeit dem Selbst und wie viel Bedeutung dem Partner geschenkt wird, einen Balanceakt in Beziehungen dar. Ist es egoistisch, auf sich zu achten oder sollte den Wünschen des Partners entsprochen werden?

Wie kann eine Beziehung funktionieren, wenn jeder sich selber liebt und sich selber wichtig nimmt? Ist es dann nicht viel schwieriger, gemeinsam auf einen Nenner zu kommen? Oder ist gerade das die Voraussetzung für eine funktionierende Beziehung?

Es gibt verschiedene Antworten auf die Frage, wie funktionierende Beziehungen gelebt werden sollen. Es gibt jedoch keinen Hinweis auf die Garantie, dass dies auf jeden Fall immer so funktionieren soll. Allerdings gibt es verschiedene Ideen, was heilsame und unheilsame Prinzipien in Beziehungen sind und was laut der buddhistischen Lebensphilosophie zu beachten ist.

Selbstverantwortung

Prinzipiell wird im Buddhismus davon ausgegangen, dass jedes Lebewesen dasselbe Anrecht auf Glück hat, was impliziert, dass jedes Lebewesen denselben (Lebens-)Wert hat. Demzufolge gibt es keine Wertdifferenzierung zwischen Mann und Frau, wie dies in anderen Glaubenssystemen transportiert wird.

Ein wesentliches Prinzip in der buddhistischen Philosophie ist die Selbstverantwortung: Dadurch, dass ich für mein Wohlergehen selber verantwortlich bin, wird die Idee von Täter und Opfer nicht aufgegriffen. Wenn ein Gegenüber eine Handlung setzt, die in mir Widerwillen auslöst, ist es an mir, dem einen Riegel vorzuschieben oder meine eigenen Wünsche zu verbalisieren.

Stärken oder Senken Dreiecksbeziehungen das Prinzip der Anhaftung?

Wenn ich gut auf mich schaue und mich um meine Bedürfnisse kümmere, handle ich in Selbstliebe. Dies ist als heilsame Handlung dem Selbst gegenüber anzusehen. Im Idealfall geht es darum, heilsame Handlungen für beide Seiten zu finden und umzusetzen.

Da dies jedoch vielfach nicht geht, weil es Interessenskonflikte gibt, ist nach dem Prinzip der Schadensminimierung vorzugehen. So kann und soll beispielsweise eine Dreiecksbeziehung immer als potentiell unheilbar gesehen werden, da dadurch üblicherweise unheilsame Emotionen auftreten können: Da das Prinzip der Anhaftung prinzipiell in Beziehungen wirkt, ist es schon schwierig genug, dies in einer Beziehung zu zweit zu bewerkstelligen. Kommt nun aber noch eine dritte Person ins Boot, ist die Wahrscheinlichkeit von unheilsamen Emotionen sehr groß.

Bei dem Bedürfnis eines zusätzlichen Sexualpartners ist es wohl eher eine Frage, die sich die Person selber stellen kann, welche Bedürfnisse oder Forderungen sie da an den Liebespartner stellt. Darf es vom Partner verlangt werden, als ein Prinzip des "Altruismus" im Sinne von: Wenn du mich liebst, gehst du auf meine Bedürfnisse ein?

Im Verständnis der buddhistischen Philosophie kommt es wohl in der Beantwortung dieser Frage zu einer Relativierung. Hier geht es um eine gute und klare Abklärung der persönlichen Bedürfnisse und Grenzen und dementsprechend darf und soll auch ein Wunsch des Partners abgelehnt werden, wenn dieser dem eigenen Wertsystem nicht entspricht. Auch wenn die Idee besteht, den Partner "frei zu lassen", wird durch die Verstrickung zu dritt eher die Anhaftung erhöht als reduziert.