Voraussetzung Kindergeld
Für ein behindertes Kind, welches bereits volljährig ist, kann Kindergeld grundsätzlich nur unter den allgemeinen Voraussetzungen gewährt werden. Etwas anderes gilt hingegen, wenn das Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung bereits vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. In diesen Fällen wird das Kindergeld auch noch über das 25. Lebensjahr hinaus gewährt.
Streitfrage Selbstunterhalt
Fraglich war allerdings bisher, was genau darunter zu verstehen ist, dass das Kind außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten. Die Finanzämter gingen daher dazu über, jedes Kind, welches einer Erwerbstätigkeit nachging, als zum Selbstunterhalt fähig einzustufen. Außer Acht ließen die Beamten dabei, ob die Einnahmen des Kindes aus der Erwerbstätigkeit tatsächlich ausreichten, sich selbst zu unterhalten.
Aktuelle Rechtsprechung
Unter dem Aktenzeichen III R 29/09 stellte der Bundesfinanzhof nun jedoch fest, dass eine Erwerbstätigkeit alleine nicht ausreicht, um den Anspruch der Eltern auf das Kindergeld für ihr behindertes Kind zu verneinen.
Der Grund: Ist das behinderte Kind trotz seiner Erwerbstätigkeit nicht in der Lage, seinen gesamten Lebensbedarf zu bestreiten, hat das erstinstanzliche Finanzgericht (gegebenenfalls schon das Finanzamt) unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, ob die Behinderung für die mangelnde Fähigkeit zum Selbstunterhalt mitverantwortlich ist.
Im Endeffekt bedeutet dies: Ist das geringe Einkommen des behinderten Kindes, welches nicht ausreicht um den Selbstunterhalt zu gewährleisten, durch die Behinderung des Kindes zu begründen, kann weiterhin Kindergeld (auch nach Vollendung des 25. Lebensjahres) gezahlt werden. Lediglich in Ausnahmefällen, wenn beispielsweise das allgemeine Lohnniveau zu niedrig ist, dass auch nicht Behinderte ihren Selbstunterhalt nicht decken können, liegen die Voraussetzungen für das Kindergeld nicht vor.
Gesamter Sachverhalt
In der Praxis ist jedoch darauf zu achten, dass unter Umständen behinderten Menschen von vornherein nicht jede mögliche Berufswahl offen stand. Gegebenenfalls ist daher schon eine nicht sonderlich einträgliche Berufswahl auf die Behinderung zurückzuführen und die Voraussetzungen zur Gewährung des Kindergeldes liegen vor.