Anonym Surfen mit iPad und iPhone über das Tor-Netzwerk

Der Standard-Browser für das iPhone und iPad ist Safari, doch hier gibt es keine Privateinstellung oder gar eine Anonymisierung. Das anonyme Surfen im Internet soll jetzt jedoch der Covert Browser unter Rückgriff auf das Tor-Netzwerk erlauben. Ob anonym Surfen wirklich funktioniert und welche Vorteile Sie davon haben können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Wozu anonym surfen mit einem Tor-Netzwerk? Die wichtigsten Anwendungen

Im Internet lässt sich jeder Ihrer Schritte über Ihre IP-Adresse verfolgen, so wie bei einem Peilsender. Über die IP-Adresse können Betreiber von Webseiten auch ermitteln, von wo Sie ins Internet gehen. Das geht sogar in Verbindung mit dem verwendeten WLAN oder der gerade verwendeten Funkzelle bei einem Smartphone bis auf wenige Meter genau. Ist ein GPS enthalten, lassen sich auch dessen Geodaten abfragen.

Diese Überwachung hat für Sie Folgen, denn Sie werden auf Webseiten mit, angeblich auf Sie zugeschnittener, Werbung bombardiert und einige Dienste verweigern Ihnen aufgrund Ihres Wohnortes den Zugang oder schränken das Angebot ein. Beispiele sind etwa der amerikanische Video-Anbieter Hulu.com, die wegen der GEMA in Deutschland gesperrten Musik-Videos bei YouTube, oder das eingeschränkte Senderangebot von Zattoo im Vergleich zur Schweiz.

Der Grundgedanke des anonymen Surfens besteht nun darin, die wahre IP-Adresse zu verschleiern und so das Verfolgen im Internet zu erschweren. Durch die gezielte Wahl einer IP-Adresse aus einem passenden Land könnten zudem restriktive Anbieter überlistet werden und man an die, ansonsten gesperrten, Inhalte herankommen.

Wie das Tor-Netzwerk funktioniert

Das Anonymisieren der IP erfolgt bei Tor, dem Akronym für The Onion Routing, über ein Netzwerk von über 2.000 privaten Servern. Sie laden den Tor-Client herunter und installieren ihn. Im Fall des iPhone und iPad ist der Client die App Covert-Browser.

Nach dem Aufruf des Browsers lädt dieser die Liste der gerade verwendbaren Tor-Server herunter und es wird eine zufällige Route durch das Server-Netzwerk gewählt. Dabei erfolgt die Verbindung verschlüsselt und wird nach und nach aufgebaut, was im Test etliche Minuten dauerte.

Der Funktionsumfang des Covert Browsers

Der Covert Browser bietet nur die allerwichtigsten Basisfunktionen zum anonymen Surfen im Internet:

  • Ein Pfeil nach links und rechts erlaubt das Blättern zur vorherigen und nächsten Webseite.
  • Die History, also der Verlauf der geladenen Webseiten, lässt sich über das Papierkorb-Symbol löschen.
  • Es gibt ein Adressfenster zur Eingabe der Internet-Adresse (URL), das auch gleichzeitig zur Suche in Google dient.
  • Über einen runden Pfeil kann die Seite neu geladen werden.

Über der Adressleiste wird die geladene Datenmenge angezeigt und welche Webseite gerade geladen wird bzw. wohin man umgeleitet wird.

Rechts sehen Sie die gerade verwendete IP-Adresse. Diese wechselt voreingestellt per Zufallsgenerator. Eine Fahne zeigt an, aus welchem Land die IP-Adresse stammt.

Warum Sie trotz anderer IP häufig enttarnt werden

Doch beim iPhone oder iPad werden Besucher mit "geliehener IP" beim anonymen Surfen schnell enttarnt, da die Webseiten-Betreiber meist weitere Hürden, als nur die Abfrage der IP, eingebaut haben:

  1. Die Anbieter ermitteln oft zusätzlich Ihren Standort. Lässt sich daraus erkennen, dass Sie zum Beispiel von Deutschland aus surfen, werden Sie trotzdem gesperrt, auch wenn Sie zum Beispiel eine IP aus USA oder der Schweiz nutzen.
  2. Auf einem iPhone oder iPad wird die ->UDID abgefragt und verfolgt.
  3. Viele Dienst erfordern eine Anmeldung, hier müssten Sie dann Ihre gefälschte Identität aufrecht erhalten, was unter Umständen ein Straftatbestand sein kann.
  4. Der Abruf von Videos und TV scheitert häufig an der Bandbreite, die meisten anonymen Verbindungen sind recht langsam.
  5. Videos mit Flash oder inkompatiblem Codec werden auf dem iPad und iPhone nicht darstellt. Hulu meldet beispielsweise "The video ist not available on the iPad". Zattoo bringt die Meldung "Sorry, Zattoo for the iPhone is not available in your area".
  6. Der Covert-Browser stellt nicht alle Webseiten richtig dar.
  7. Sie sind niemals vollständig anonym. In begründeten Fällen können Strafverfolgungsbehörden von Ihrem Internet-Provider die Herausgabe Ihrer Verbindungsdaten erzwingen.

Der Aufruf von, in Deutschland gesperrten, Videos scheiterte mit dem Covert Browser schon daran, dass die Webseite erst gar nicht richtig angezeigt wurde und die Fehlermeldung "Bei diesem Vorgang ist ein Fehler aufgetreten" erschien. Mit Covert ist anonym zu Surfen gar nicht so einfach.

Wie schnell ist das anonyme Tor-Browsen?

Klicken Sie auf das Fahnen-Symbol, klappt eine Liste der, gerade zur Verfügung stehenden, IP-Adressen auf, mit der Angabe der Übertragungsgeschwindigkeit. Das reichte im Test bis hin zu VDSL-würdigen 33.578 kb/s, es gab aber auch "Modem-Geschwindigkeit" mit 52 kb/s im Angebot.

Insgesamt stellt das Tor-Netzwerk laut Wikipedia eine Bandbreite zum anonymen Surfen von 12,8 GBit/s zur Verfügung, von denen durchschnittlich 8 GBit/s verwendet werden. Für einen Anonymisierungsdienst war der Seitenaufbau recht zügig. Die Verzögerung gegenüber einer nicht anonymisierten Verbindung mit Safari ist jedoch deutlich zu spüren.

Der Test des Covert Browsers: Warten auf Godot

Nach dem Aufruf des, ausschließlich in englischer Sprache verfügbaren, Covert Browsers, erscheint eine graue Schaltfläche mit der Meldung "Connecting to Anonymization Network". Ein roter Balken zeigt den Fortschritt des Verbindungsaufbaus an, dazu informieren Meldungen, was gerade geschieht.

Der Verbindungsaufbau dauerte im Test mehrere Minuten, anschließend ging der Seitenaufbau beim anonymen Surfen relativ flott, doch längst nicht jede Webseite wurde korrekt angezeigt. Es wurde auch häufiger deutlich, dass der Seitenbetreiber sehr wohl wusste, dass der Besucher aus Deutschland kam und nicht etwa aus USA oder der Schweiz.

Das zeigte sich etwa an der deutschen Oberfläche, obwohl eine amerikanische IP eingestellt war. In einem anderen Fall änderte sich bei einer mexikanischen IP zwar die Sprache auf Spanisch, der Zugriff blieb aber verwehrt. Während der Autor zum Beispiel bei der Anonymisierung auf einem PC problemlos die Videos von Hulu.com sehen kann, war das beim iPad nicht möglich.

Fazit zum anonymen Surfen mit dem Covert Browser

Der Covert Browser wurde anfänglich für 0,79 EUR angeboten; der Preis lag zum Testzeitpunkt aber bei 2,99 US-Dollar. Angesichts des bescheidenen Funktionsumfangs des Covert Browsers, etlicher fehlerhaft dargestellter Webseiten und der wenig erfolgreichen Versuche, die besuchten Webseiten mit der Anonymisierung zu überlisten, erscheint der Nutzen des Covert Browsers gering und der Browser kann nicht empfohlen werden.

Der Anbieter sollte den Covert Browser weiter entwickeln, damit er vom Funktionsumfang an Safari heranreicht und die aufgerufenen Webseiten fehlerfrei anzeigt. Ohne weitere Einstellungen am iPhone oder iPad bleibt die Anonymisierung auf die IP-Adresse beschränkt und reicht damit für iOS-Geräte nicht aus.

Der Anbieter des Covert Browser sollte zumindest Hinweise darauf geben, was der Nutzer an Einstellungen vornehmen soll, um unerkannt mit der neuen Identität, anonym zu surfen. Noch besser wäre es, wenn diese Einstellungen direkt automatisch, oder zumindest optional, durch die App vorgenommen werden. Das allerdings lässt Apple derzeit bei keiner App zu.