Wann Sie die Möglichkeit zu Trinkgeldern gewähren müssen

Erhalten auch Ihre Mitarbeiter Trinkgelder von den Kunden? Dann ist dieser Beitrag für Sie besonders wichtig. Denn unter Umständen ist dadurch Ihr Direktionsrecht als Arbeitgeber eingeschränkt und Sie dürfen die Mitarbeiter nicht ohne Weiteres versetzen oder ihnen andere Aufgaben zuweisen. Wann das der Fall ist, hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern entschieden.

Trinkgeld dient oft auch zur Existenzsicherung

In vielen Branchen erhalten Mitarbeiter von zufriedenen Kunden Trinkgelder. Diese erreichen oft eine spürbare Höhe und dienen damit der Erhaltung des Lebensstandards des Mitarbeiters. In dem Fall des Arbeitsgerichts Kaiserslautern ging es um einen Kellner, der seit 17 Jahren beschäftigt war und monatlich rund 500 € Trinkgeld erhielt.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern ging davon aus, dass der klagende Kellner seinen Lebensstandard insoweit entsprechend eingerichtet hatte.

Arbeitsgericht sichert Anspruch auf Trinkgeld

Nachdem es zu einem Inhaberwechsel in dem Restaurant kam, wies der neue Chef den Kellner an, in Zukunft nicht mehr selbst zu kassieren. Es sollte eine gleichmäßige Verteilung des Trinkgelds unter allen Mitarbeitern erreicht werden.

Das hätte zur Folge gehabt, dass der Kellner im Prinzip kein Trinkgeld mehr bekommen hätte bzw. sich mit seinen Kollegen über die Verteilung von Trinkgeldern auseinander setzen musste. Als der Kellner sich weigerte, diese Arbeitsanweisung zu befolgen, kam es erst zur Abmahnung, später zu Kündigung.

Das Arbeitsgericht ging davon aus, dass die Arbeitsanweisung unwirksam war. Daher waren auch die darauf gestützte Abmahnung und die folgende Kündigung unwirksam. Der Mitarbeiter gewann die Kündigungsschutzklage. Weiter hatte er einen Anspruch darauf, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird (Arbeitsgericht Kaiserslautern, Urteil vom 29.07.2010, Aktenzeichen: 2 Ca 438/10).

Konkludente Beschränkung des Direktionsrechts des Arbeitgebers

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber im Rahmen des Arbeitsvertrages festlegen, wie die Arbeit konkret auszuführen ist. Dies nennt man das Direktions- oder Weisungsrecht des Arbeitgebers. Daher hätte der Arbeitgeber an sich im Rahmen seines Direktionsrechts ohne Weiteres die Anweisung treffen können, dass der Kellner nicht mehr selbst kassiert.

Das Direktionsrecht ist aber beschränkbar. Am häufigsten sind Beschränkungen durch konkrete Regelungen im Arbeitsvertrag. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn im Arbeitsvertrag eines Filialbetriebes festgestellt wird, dass der Mitarbeiter nur in einer bestimmten Filiale eingesetzt wird. Daneben sind aber auch Beschränkungen des Direktionsrechts durch einen Tarifvertrag denkbar. Und schließlich kann auch durch eine langjährige Praxis das Direktionsrecht eingeschränkt werden. Dies nennt man stillschweigende oder konkludente Beschränkung des Direktionsrechts.

Das war der Fall bei den Kellner

Durch die 17 Jahre lang währende Möglichkeit, Trinkgelder zu kassieren, hat sich das Arbeitsverhältnis dahingehend konkretisiert. Der neue Chef musste sich insoweit das Verhalten des Vorgängers zurechnen lassen. Vereinfacht gesagt war die Befugnis, zu kassieren und so Trinkgeld anzunehmen, Vertragsgegenstand geworden.

Merke: Zumindest bei langjähriger anderer Vertragspraxis können Sie nicht ohne Weiteres die Arbeitsbedingungen so ändern, dass dem Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen wird, Trinkgeld einzunehmen. Jedenfalls nicht durch eine einseitige Anordnung.

Vielleicht gelingt es Ihnen aber, sich mit dem Arbeitnehmer dahingehend zu einigen, dass die Arbeitsbedingungen zulünftig anders sind. Das sollten Sie auf jeden Fall schriftlich durch eine Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag dokumentieren. Wichtig dabei sind dann die Unterschriften von Arbeitgeber und Arbeitnehmer.