Der zu Grunde liegende Fall ist sicher extrem: Eine Frau kehrte aus der Elternzeit zurück und musste feststellen, dass ihr Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen weggefallen war. Der Arbeitgeber bot an, ihr die Kündigung mit einer Abfindung zu versüßen. Über die Höhe dieser Abfindung wurde anschließend gestritten, aber keine Einigung erzielt. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin der Mitarbeiterin betriebsbedingt und bot im Kündigungsschreiben „nur“ noch die Abfindung nach § 1a KSchG an. Das heißt: Ein halbes Monatsgehalt je Beschäftigungsjahr, wenn die Mitarbeiterin nicht klagt.
Genau das tat die Frau aber: Sie reichte eine Kündigungsschutzklage ein, zog diese aber kurz darauf wieder zurück. Dann überlegte sie es sich anders und klagte wieder, diesmal mit einem zusätzlichen Antrag auf die nachträgliche Klagezulassung, da die 3-Wochen-Frist inzwischen verstrichen war. Auch diese Klage nebst Antrag zog sie wieder zurück und zeigte sich plötzlich versöhnungsbereit: Sie wollte nun doch die Abfindung nach § 1 a KSchG haben. Als der Arbeitgeber sich weigerte, diese zu zahlen, verklagte sie ihn gleich wieder. Diesmal auf Zahlung der Abfindung.
Die Richter stellten sich auf die Seite des Arbeitgebers: Er musste keinerlei Abfindung mehr zahlen. Begründung: Zweck des § 1 a KSchG ist es, gerichtliche Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit betriebsbedingter Kündigungen zu vermeiden. Nachdem die Frau geklagt hatte und natürlich erst recht nach dem Hickhack mit Klagerücknahmen und neuen Klagen, war dieser Zweck eindeutig nicht erreicht und der Anspruch auf eine Abfindung erloschen.
Begründung: Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage schließt ebenso wie ein Antrag auf nachträgliche Klagezulassung den Abfindungsanspruch aus.
Das bedeutet für Sie: Die Bedingungen des § 1 a KSchG sind eindeutig.
- Sie müssen betriebsbedingt kündigen.
- Der betroffene Mitarbeiter darf binnen der 3-Wochen-Frist (§ 4 Satz 1 KSchG) nicht gegen die Kündigung klagen.
- Auf diese Bedingungen für den Abfindungsanspruch sowie dessen Höhe müssen Sie im Kündigungsschreiben ausdrücklich hinweisen.
Reicht ein Mitarbeiter dennoch eine Kündigungsschutzklage ein, erlischt sein gesetzlicher Abfindungsanspruch damit unwiderruflich. Ob er es sich später anders überlegt, braucht Sie als Arbeitgeber dann nicht mehr zu interessieren.
Tipp:Auf dieses Urteil und seine Folgen sollten Sie im Kündigungsgespräch ausdrücklich hinweisen, falls Sie den Eindruck haben, der Mitarbeiter denke über eine Klage nach. Motto: „Überlegen Sie sich gut, ob Sie klagen wollen. Wenn Sie es sich später anders überlegen, ist es für die Abfindung zu spät!“
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