Fristlose Kündigung bei Beleidigung von Kunden?

Kann eine fristlose Kündigung nach der Beleidigung von Kunden ausgesprochen werden? Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte Verständnis für einen Kraftfahrer, dem das passiert ist. Es kippte in zweiter Instanz die ausgesprochene fristlose Kündigung (LAG Schleswig-Holstein, Az.: 4 Sa 474/09, Urteil vom 08.04.2010).

Fallbeispiel: Fristlose Kündigung nach Beleidigung
Ein seit sieben Jahren beschäftigter Transportfahrer wurde bei der Warenanlieferung von einem Passanten gebeten, das Parkdeck nicht zu befahren. Der Passant war nicht als Mitarbeiter des zu beliefernden Unternehmens zu erkennen. Der Fahrer antwortete mit den Worten "ich liefere hier seit Jahren und jetzt aus dem Weg, du Arsch".

In der anschließenden Diskussion fiel mehrfach das Wort "Arschloch". Der Arbeitgeber des Fahrers sprach eine fristlose Kündigung aus, nachdem er von dieser Beleidigung erfahren hatte.

Fristlose Kündigung wegen Beleidigung nicht in jedem Fall
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht stellten klar fest, dass es sich bei den Beleidigungen natürlich um eine Pflichtverletzung gehandelt habe, die grundsätzlich auch zur fristlosen Kündigung berechtige. Trotzdem wiesen beide Instanzen die fristlose Kündigung wegen Beleidigung zurück. Eine Abmahnung hätte es auch getan.

Fristlose Kündigung wegen Beleidigung: Prüfen Sie immer diese beiden Stufen
Wenn Sie eine fristlose Kündigung aussprechen wollen, zum Beispiel wegen Beleidigung, sollten Sie immer in zwei Stufen prüfen:

  1. Stellt das vorgeworfene Verhalten eine Pflichtverletzung dar, die "an sich" geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen? Dazu gehört nach Ansicht des LAG Schleswig-Holstein zum Beispiel die Beleidigung von Kunden.
  2. Ist die außerordentliche Kündigung auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt (Interessenabwägung)?

Das LAG Schleswig-Holsteins hatte keine Probleme auf der ersten Stufe, wohl aber auf der zweiten. Dabei waren zwei Umstände entscheidend. Die fristlose Kündigung wurde trotz der Beleidung für unwirksam gehalten, weil der Fahrer den Beleidigten nicht als Mitarbeiter des Kunden erkannte.

Hinzu kam, dass er sich an der Erledigung seiner Arbeit gehindert sah und in einer Stressreaktion einmalig überreagiert hatte. Desweiteren war der Fahrer vorher in seiner siebenjährigen Betriebszugehörigkeit noch nie in dieser Richtung aufgefallen. Das Gericht sah daher einen einmaligen Verstoß für den eine Abmahnung gereicht hätte.