Im Inneren der Frau: die Vulva – lernen Sie sich kennen

Das Biobuch oder einschlägige Internetseiten sind für viele Menschen die präsentesten Quellen, wenn es um Einsichten und Erkenntnisse über den Intimbereich der Frau geht. Im zweiten Teil über die Vulva geht es um die Reise ins Innere der Frau und die Idee einige alltagstaugliche Erklärungen über Funktion, Beschaffenheit und Aussehen der weiblichen Geschlechtsorgane zu finden.

Die Vorgehensweise meiner Erläuterungen ist – aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht – sicher mehr als unkonventionell. Wenn Sie viel Vorwissen haben und Ihren Körper gut kennen, werden Sie vermutlich auch hier nichts aufregend Neues lesen. Für viele aber gilt, wie es für mich auch als junge Frau zutraf: Man hangelt sich mit seinem Stand an lückenhaftem Wissen, das man sich aus dem Biounterricht, aus den Erklärungen der Eltern und den Berichten von Freunden zusammengereimt hat, durch sein (Sexual-)Leben, ohne die Zusammenhänge wirklich zu verstehen.

Im ersten Artikel „Die Vulva – lernen Sie sich kennen“ haben wir die äußeren Teile der Vulva begutachtet. Nehmen Sie sich auch heute wieder einen Handspiegel und versuchen Sie so viel wie möglich zu erkennen.

Lernen Sie auch die Innere Seite Ihrer Vulva kennen

Wenn Sie die inneren Geschlechtslippen (der Ausdruck Schamlippen wird inzwischen von vielen Frauen als wertend empfunden) auseinanderziehen, können Sie eine rosafarbene, etwa rosinengroße Erhebung mit einer winzigen Öffnung erkennen: den Harnausgang. Dieser liegt also etwas verborgen, schon in Richtung des Inneren der Vulva. Beim heterosexuellen Verkehr, oder bei der Befriedigung mit Dildos und Vibratoren, wird die Harnröhre jedes Mal passiert und massiert. Für viele Frauen ein schönes Gefühl.

Bei starker und häufiger Reibung kann es aber sein, dass der Harnausgang stark gereizt wird und Keime leichtes Spiel haben ins Innere der Blase zu gelangen. Bei viel bzw. heftigem Sex fehlt die Zeit zur Regenation. Die Folge ist eine schmerzhafte Blasenentzündung. Wenn eine Frau in dichter Folge Blasenentzündungen erleidet, nennt man das im Volksmund auch „Honeymoon-Krankheit“, weil sie in der Anfangsphase einer Beziehung eben häufiger vorkommt. 

Auf dem um ein Vielfaches längeren Weg zur Blase eines Mannes hat das Immunsystem deutlich mehr Chancen zu reagieren, als bei uns Frauen, bei denen die Harnröhre nur etwa  2,5 – 4 cm lang ist. Um Blasenentzündungen durch Sex zu vermeiden (häufigster Auslöser ist natürlich Unterkühlung) gibt es ein paar Empfehlungen: Wählen Sie Stellungen, bei denen der Penis die Harnröhre nicht streift (also z. B. Löffelchenstellung, a Tergo u. ä.).

Aber noch einfacher: ausreichend Trinken und nach dem Sex zeitnah die Blase entleeren. Durch die umgekehrte Fließrichtung spülen Sie die aufsteigenden Keime nämlich einfach wieder aus. Das Innere der Scheide ist keinesfalls eine Röhre, wie sie uns auf schematischen Zeichnungen immer wieder präsentiert wird. Sie gleicht vielmehr einer Art Trichter, der sich nach „hinten-schräg-oben“ um Einiges erweitert.  

Die Vulva ist von Frau zu Frau verschieden

Die Vulva ist eine von Frau zu Frau sehr verschieden lange Sackgasse. Was sie am Ende der Scheide vorfinden ist ein Kirsch, bzw. mirabellengroßes Gebilde mit einer winzigen Öffnung: die Cervix (der Muttermund). Diese Öffnung ist im Regelfall so klein, dass nur Spermien sie passieren können. Weder eine Fingerspitze, noch ein Penis können in sie eindringen. Das klingt paradox, denn wir alle wissen, dass durch diese Öffnung Kinder geboren werden müssen. Junge Mädchen, aber auch Frauen jeden Alters, kapitulieren vor dieser Vorstellung.

Die Cervix ist in dem unglaublichen Ausnahmezustand Geburt langsam und unter massiver Produktion körpereigener „Schmerzmittel“ dehnbar. Das Köpfchen des Babys dreht und drückt sich durch diese Öffnung, wie durch den Ausschnitt eines zu heiß gewaschenen Rollkragenpullovers. Hat eine Frau die Geburt eines Kindes hinter sich, so bildet sich die Gebärmutter, vorher so groß wie ein aufgeblasener Luftballon, wieder zu ihrer ursprünglichen Größe (etwa so groß wie eine Frauenfaust) zurück.

Der Muttermund verschließt sich wieder, um sich nur während der Eisprungphase und der Periode minimal zu öffnen. Dann geht es darum, entweder Spermien hinein oder Menstruationsblut hinauszulassen. Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke sind besonders schutzwürdig, weil sie, so pathetisch das auch klingen mag, der Garant für den Bestand der Menschheit sind.

Der innere Bauplan ist deshalb um Einiges aufwändiger als beim Mann. An der Cervix stoßen mehrere verschiedene Gewebesorten aufeinander und machen diese Aufgabe für unseren Körper noch komplexer. Eine gute Selbstwahrnehmung und ein regelmäßiger Abstrich beim Frauenarzt geben Ihnen die Sicherheit, dass alles im Gleichgewicht ist. 

Auch wenn sie sich nach wie vor nicht der allergrößten Beliebtheit erfreuen, aus Perspektive der Frau sind Kondome immer das Verhütungsmittel der Wahl, weil selbst ein gesunder Mann durch seinen ganz normalen Bakterienbestand einen Angriff auf unser Immunsystem darstellen kann. Bei wiederholtem, ungeschütztem Verkehr mit einem monogamen Partner „gewöhnt“ sich Ihr Körper an dessen spezifischen Bakteriensatz und reagiert nicht mehr irritiert.

Aber zurück zum Scheidengewebe: Dieses ist, wie schon in Teil I erwähnt, nicht glatt, sondern eher wie in Falten gelegt. In Richtung Bauchdecke ist das Gewebe schwammartig und sehr druckempfindlich. Etwa 3 cm in diese Richtung finden viele Frauen ihren sogenannten G-Spot, der auf Druck sexuell ansprechbar ist. So gut wie alle für die sexuelle Reaktion bei Frauen verantwortlichen Nervenendungen befinden sich Außen bzw. in diesem vorderen Bereich der Vulva. Die Länge des Penis ist also tatsächlich für die Lustbefriedigung irrelevant. 

Im Inneren der Scheide sollte es immer feucht sein. Vergleichbar hiermit ist wieder der Mundraum. Ein trockener Mund ist unangenehm und nicht funktionstüchtig. Das merken wir schnell, wenn wir nichts dagegen unternehmen können und in der Folge eine Halsentzündung in Kauf nehmen müssen. Genauso verhält es sich mit der Vulva. Viele Frauen beschweren sich vor allem in jungen Jahren über zu viel Feuchtigkeit und Ausfluss. Faktisch aber sind Frauen mit viel Ausfluss weit weniger anfällig für vaginale Infektionen als andere. Grund: Die entgegengesetzte Fließrichtung macht den Keimen die Arbeit schwer.

Während im Mund der Speichel bei einer gesunden Mundflora eindringende Krankheitserreger in Schach hält, tut das also in der Scheide der Vaginalausfluss. Die beste Keimabwehr haben wir, wenn dieser einen leicht sauren pH-Wert hat. Dieser wird durch die „guten“ Döderlein-Bakterien erzeugt, die bei Irritationen der Scheide auch in Form von Scheidenzäpfchen verabreicht werden können.

Ein altes Hausmittel, mit dem Sie einen ähnlichen Effekt erzielen können, ist Naturjoghurt. Lassen Sie sich hierzu einen Tampon mit weißem Joghurt vollsaugen und führen Sie ihn dann für einige Stunden in die Scheide ein. Scheidenspülungen, das Einbringen von Seifen und Intimwaschlotionen u. ä. zerstören dieses System nur und sollten eher nicht zum Einsatz kommen.

Machen Sie sich mit Ihrem Körper, hier insbesondere mit Ihrem Ausfluss vertraut, dann können Sie auftretende Irritationen schnell selbst erkennen. Verändern sich Geruch oder Konsistenz, so suchen Sie bitte umgehend Ihren Gynäkologen auf. Je früher die Störung diagnostiziert ist, umso weniger invasiv fällt die Behandlung aus.

Für dieses Mal

Alles Gute

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