Nachkündigung durch Insolvenzverwalter möglich

Ein Insolvenzverwalter ist nach der Insolvenzordnung berechtigt, ein Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von höchstens drei Monaten zum Monatsende zu kündigen. Dieses Sonderkündigungsrecht besteht auch, wenn vor Insolvenzeröffnung der Schuldner oder der vorläufige Insolvenzverwalter mit der längeren für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Kündigungsfrist kündigen, und der Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung eine "Nachkündigung" ausspricht.

Im November 2000 wurde für eine marode Firma ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Er erhielt u.a. das Recht, Kündigungen auszusprechen. Dementsprechend kündigte er einem Buchhalter zum 31.07.2001 wegen einer geplanten Betriebsstilllegung.

Als dann Anfang Januar 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, machte der nunmehr richtig bestellte Insolvenzverwalter unter Hinweis auf die bereits durchgeführte Betriebsstilllegung von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 113 InsO Gebrauch und kündigte dem Buchhalter bereits zum 30.04.2001.

Der Buchhalter war damit nicht einverstanden und klagte, weil er die zweite Kündigung für eine unzulässige Wiederholungskündigung hielt. Denn der Kündigungsgrund der Betriebsstilllegung sei bereits durch Ausspruch der ersten Kündigung verbraucht.

Das sah das BAG anders: Der Insolvenzverwalter stützt die "Nachkündigung" vielmehr auf die Insolvenzeröffnung und das dadurch ausgelöste Sonderkündigungsrecht und damit auf weitere, neue Tatsachen, die den bisherigen Kündigungssachverhalt verändert haben. Eine unzulässige Wiederholungskündigung ist darin nicht zu sehen.

Das Sonderkündigungsrecht nach der Insolvenzordnung bestehe auch in dem Fall, dass vor Insolvenzeröffnung die Firma oder der vorläufige Insolvenzverwalter mit der längeren, für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Kündigungsfrist gekündigt haben. Der Insolvenzverwalter wiederhole damit nicht die erste Kündigung. Er stütze sie vielmehr auf die Insolvenzeröffnung und das dadurch ausgelöste Sonderkündigungsrecht und damit auf weitere, neue Tatsachen.

BAG, 22.05.2003, 2 AZR 255/02