Ärztepfusch – Mit welchem Schmerzensgeld kann ein Geschädigter rechnen?

Wann können Sie Schmerzensgeld bekommen? Wenn Sie von einem Arzt nachweislich falsch behandelt wurden, wenn also ein Fall von Ärztepfusch vorliegt, dann kann es zu erheblichen Körperverletzungen kommen. Vielfach leiden verpfuschte Patienten ein Leben lang an den Folgen eines ärztlichen Eingriffs, der nicht lege artis, also nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wurde.

Wofür Sie Schmerzensgeld verlangen können
Zunächst einmal gibt es Schmerzensgeld für die eigentliche Körperverletzung. Jeder ärztliche Eingriff ohne rechtswirksame Einwilligung des Patienten ist nach geltendem Recht in Deutschland eine strafbare Körperverletzung. Die Einwilligung des Patienten ist immer dann unwirksam, wenn es an einer ordnungsgemäßen Aufklärung über den geplanten Eingriff gefehlt hat.

Der Bundesgerichtshof (BGH) bejaht sogar schon dann eine Körperverletzung des Patienten, wenn eine Schwangerschaft gegen den Willen der betroffenen Frau herbeigeführt wurde, wenn also z. B. die Sterilisation fehlgeschlagen war.

Schmerzensgeld gibt es nicht nur bei Körper- sondern auch bei Gesundheitsverletzungen. Der BGH (BGH NJW 1991, 1948, 1949) bejaht sogar bei einer Infizierung mit dem HIV-Virus tatbestandlich eine Gesundheitsverletzung. Es ist dazu nicht erforderlich, dass die Imunschwächekrankheit tatsächlich beim Infizierten ausbricht. Auch die Verursachung psychischer Störungen durch Ärztepfusch kann Schadensersatzansprüche auslösen.

Der schlimmste Fall eines Schadens aufgrund von Behandlungsfehlern ist die Zerstörung der Persönlichkeit des Patienten. Der BGH hält an seiner früheren Auffassung, dass in diesen Fällen nur ein symbolisches Schmerzensgeld geschuldet werde, nicht mehr fest.

Es kommt dabei also nicht mehr darauf an, ob der Betroffene die Beeinträchtigung aufgrund von Ärztepfusch überhaupt empfindet. Die von Gerichten zuerkannten Schmerzensgeldsummen können daher mitunter auch sehr hoch sein. Das OLG Naumburg hat z. B. einmal auf Schmerzensgeld von rund 322.000 Euro erkannt (NJW-RR 2002, 672). Inzwischen wird man in solchen Fällen regelmäßig von Schmerzensgeld i. H. v. rund 500.000 Euro ausgehen können.

Ärztepfusch – Solche Schmerzensgelder haben Gerichte anerkannt
Für die Höhe des Schmerzensgeldes kommt es immer darauf an, wie stark der Patient durch den Ärztepfusch beeinträchtigt wurde und wie lange die jeweilige Beeinträchtigung andauert. Z. B. hat das OLG Düsseldorf wegen eines Geburtsfehlers ein Schmerzensgeld von 50.000 Euro zuerkannt (VersR 2005, 654).

Ein 38 Jahre alter Mann erhielt 35.000 Euro zugesprochen, weil bei ihm der nervus accesorius geschädigt worden war, was zu einem Schulterschiefstand und Bewegungseinschränkungen geführt hatte. Der Mann befand sich 82 Tage in Lebensgefahr (OLG Stuttgart, VersR 2001, 766).

Führt der Ärztepfusch zur Erblindung des Patienten, kann das Schmerzensgeld 100.000 Euro erreichen, wie etwa bei Verlust der Sehfähigkeit wegen eines Herz-Atemstillstands aufgrund einer Unterzuckerung, welche nach der Geburt nicht erkannt wurde (OLG Bremen OLGR 2006, 745).

Bei einem 6 Jahre alten Mädchen musste nach einer verspäteten Diagnose eines Darmverschlusses der gesamte Darm entfernt werden, was ein Schmerzensgeld von 150.000 Euro einbrachte (OLG Köln VersR 2003, 602) – recht wenig angesichts des immensen Leides, welches der Ärztepfusch hier ausgelöst hat.

Die Amputation eines Beines bei einem Säugling wegen fehlerhafter Behandlung kostete den Arzt 125.000 Euro Schmerzensgeld (OLG Hamm VersR 2004, 200). Im Einzelfall sollte immer ein Rechtsanwalt konsultiert werden, der das Schmerzensgeld der Höhe nach bemessen und einklagen kann.

Stand: August 2011