Ärztepfusch: Ein Fall aus der anwaltlichen Praxis
Ein Ehepaar wollte für einige Wochen verreisen. Sie brachten ihre pflegebedürftige Oma in ein Krankenhaus. Während das Ehepaar den Urlaub genoss, begann man im Krankenhaus, die Oma ungefragt unter Drogen zu setzen. Sie bekam sedierende, also ruhigstellende Medikamente und zudem wurde beim Betreuungsgericht die Betreuung beantragt, weil die Oma angeblich Anzeichen von Demenz zeige.
Mit diesem Vorgehen der Ärzte war das Ehepaar überhaupt nicht einverstanden. Sie begehrten vom Chefarzt die Herausgabe der Patientenakten, um zu erfahren, was genau mit der Oma während ihrer Abwesenheit gemacht worden war. Doch trotz schriftlicher Anfrage reagierte das Krankenhaus einfach nicht.
Mediziner haben Angst, dass Ärztepfusch offenkundig wird
Viele Ärzte geben die Patientenakte nicht gerne heraus. Schließlich wollen sie nicht, dass Patienten und deren Angehörige Anhaltspunkte für einen ärztlichen Behandlungsfehler entdecken.
Die Rechtsprechung hat längst geklärt, dass Patienten Einsicht in ihre Patientenakten nehmen dürfen und diesen Anspruch gegebenenfalls auch gerichtlich durchsetzen können. Doch wie läuft diese Einsichtnahme in der Praxis ab?
Der Patient kann zunächst die Akten in der Arztpraxis oder im behandelnden Krankenhaus selbst persönlich einsehen. Weigert sich der behandelnde Arzt oder schweigt er auf eine entsprechende Anfrage beharrlich, so empfiehlt sich die Hinzuziehung eines auf Ärztepfusch spezialisierten Rechtsanwalts.
Dieser fordert den Arzt in einem anwaltlichen Schreiben dazu auf, Kopien der Patientenakte an seine Kanzlei zu schicken. Der Arzt kann dieses Ersuchen nicht verweigern. Er darf aber vertrauliche Inhalte in der Patientenakte schwärzen, also unkenntlich machen.
Was steht in der Patientenakte drin?
Für den medizinischen Laien ist die Patientenakte meist ein Buch mit sieben Siegeln. Denn er kann mit der medizinischen Fachterminologie nichts oder nur wenig anfangen. Ein auf Ärztepfusch spezialisierter Anwalt kann aber die Akte durchsehen und erste Anhaltspunkte finden, ob ein Behandlungsfehler begangen wurde.
Die Patientenakte enthält nämlich rudimentäre Angaben über die erfolgte ärztliche Behandlung, also darüber, welche Medikamente verabreicht wurden, ob eine Aufklärung über die anstehende Behandlung oder gar über nötige Operationen erfolgt ist, sowie über den Ablauf von Operationen.
Die Patientenakte, die dem fachkundigen Anwalt meist in Kopie in seiner Kanzlei vorliegt, kann dann Grundlage für die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens vor einer Ärztekammer sein. In diesem Schlichtungsverfahren prüfen dann fachkundige Ärzte, ob die Patientenakte Hinweise auf erfolgte Behandlungsfehler gibt, d. h. ob der ärztliche Eingriff lege artis durchgeführt wurde oder ob es zu Ärztepfusch kam.
Auf der Basis eines entsprechenden Schlichterspruchs kann dann der Patient unter anwaltlicher Beratung abschätzen, ob sich eventuell ein gerichtliches Vorgehen gegen den behandelnden Arzt empfiehlt, d. h. ob wirklich ein Fall von Ärztepfusch vorliegt.
Stand: August 2011