Der Businessplan: Die Ertragskalkulation

Die Ertragskalkulation und Gewinn-Prognose des Businessplanes stellt dem Unternehmer ein wichtiges Werkzeug zur strategischen Aufstellung des Unternehmens, zum Controlling von Deckungsbeiträgen und zur Entwicklung des operativen Planes zur Verfügung.

Die Ertragskalkulation steht bei unerfahrenen Studenten oft in der Kritik. Es wird eingewendet "Aber das kann ich doch noch nicht wissen!". Natürlich kann man es nicht garantieren, dass Pläne umgesetzt werden. Wenn aber das Einstellen von Prognosedaten nicht dem Reichrechnen dient, sondern Basis für strategische unternehmerische Entscheidungen ist, ist es völlig egal, welche Steigerungen oder Annahmen Sie treffen.

Wichtig sind einzig und allein die Fragen:

  • Was muss ich dafür tun?
  • Welche Ressourcen brauche ich dafür?
  • Will ich das so?

Bei der Ertragskalkulation und der Erstellung des Leistungs-Portfolios gehen wir in diesen Schritten vor:

  • Leistungsportfolio
  • Preisfindung
  • Feststellen der vorhandenen Kundenbasis
  • Festlegen der Steigerungsraten für 3 Jahre
  • Errechnen der Neukunden und Kunden
  • Zuordnen der Leistungen zu den Kunden
  • Finanzierung
  • Fein-Tuning

Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenige Existenzgründer eine Idee davon haben, was sie leisten können und was ein Kunde von ihm als Anbieter erwartet. Häufig bestehen nur eine Idee und riesige Scheuklappen, auch nur einen Schritt von dieser Idee abzuweichen. Ich gehe in meinen Businessplan-Seminaren bei der Businessplanung immer nach der Methode des BrainTrust vor.

Schritt 1 zur Ertragskalkulation: Leistungsportfolio:  
Ich empfehle Ihnen, Ihr Leistungsportfolio nie allein zu entwickeln. Eine probate Methode ist es, dass Sie zuerst an eine Tafel oder auf ein Flip-Chart oder eine Zettel schreiben, was Sie selbst anbieten wollen. Wenn Ihre BrainTrust-Partner fremd sind (z.B. Seminar), dann beschreiben Sie sich kurz selbst und Ihr grundsätzliches Vorhaben.

Nachdem Sie Ihre Leistungen notiert haben, dürfen die anderen sagen, was Sie von Ihnen als Unternehmer zusätzlich an Leistungen erwarten. In dieser Phase dürfen Sie nichts anderes sagen als "Danke". Weder "Das habe ich schon probiert", noch "das geht nicht", noch "Dazu habe ich keine Lust" haben jetzt Platz. Lediglich "Danke".

Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell ein absolut rundes Portfolio zustande kommt, mit Komponenten, an die der Unternehmer nie selbst gedacht hat, oder die von ihm das "Über den Schatten springen" erfordert haben. Sie können immer noch entscheiden, was Sie nicht oder später tun, aber seine Sie offen für Impulse Ihrer potenziellen Kunden.

Schritt 2 zur Ertragskalkulation: Preisfindung:
Je nach Branche kann die Preisfindung einfach oder komplex sein. Wenn Sie ein beratungsorientiertes Unternehmen führen, sind Sie weitgehend Herr Ihrer Preise. Natürlich müssen Sie sich am Markt orientieren, es gibt aber keinen Grund, keine hohen Preise zu fordern, wenn Qualität und Leistung stimmen.

Wenn Sie ein produktionsorientiertes Unternehmen aufbauen kann die Preisfindung sehr komplex über Stücklisten und Deckunsbeitragsrechnungen stattfinden. Das kostet zwar viel Zeit und Denkaufwand, ist aber vom Ansatz her nicht schwierig. Problem sind immer nur die Unternehmer, die glauben, ein Businessplan müsste in wenigen Stunden erstellbar sein.

Fragen Sie sich, wie lange Sie selbständig sein wollen, und dann, ob sich für diese erfolgreiche Selbständigkeit nicht vier Wochen harte Arbeit lohnen. Behilflich bei der Preisfindung können sein: Preislisten des Wettbewerbs, Kataloge, Internetangebote, Internet-Auktionen, Messen, IKS und Handwerks­kammern, Testkäufe, Kundenumfragen, Marktsegmentsanalysen, Marktforschungs-Unternehmen und Erfahrung.

Schritt 3 zur Ertragskalkulation: Feststellen der vorhandenen Kundenbasis:
 Ich hörte immer wieder "Ja, aber ich habe doch noch keine Kunden, ich fange doch erst an!". Ab dem Zeitpunkt, ab dem Sie diese Fragestellung haben, haben Sie die Pflicht hinauszugehen und erste Kunden zu suchen. Das geht nicht? Doch, es geht. SIEMENS hat früher in seiner EDV-Entwicklung erst dann angefangen zu entwickeln, wenn 1 Mio. an Aufträgen akquiriert waren. Erst dann wurden Mitarbeiter gesucht, eingestellt und begonnen zu arbeiten.

Wenn Sie von Ihrer Geschäftsidee überzeugt sind, ist es Ihre Aufgabe, sofort Menschen zu erzeugen, die Ihnen sagen "Wann kannst Du endlich liefern!". Eben potenzielle Kunden! Und diese Anzahl von "Kunden" stellen Sie als Basis in Ihre Ertragskalkulation ein. Denn ohne mindestens einen Kunden können Sie auch keine Steigerungsraten entwickeln. Eine Steigerung von 100% bezogen auf Null ist immer noch Null. Schlecht für Ihren Erfolg.

Schritt 4 zur Ertragskalkulation: Festlegen der Steigerungsraten für 3 Jahre:
Ihren Businessplan sollten Sie mindestens drei Jahre, besser fünf Jahre im Voraus betrachten. Da Sie nicht eine Vielzahl von Produkten über 36 oder 60 Monate präzise in einzeln durchdachten Zahlen ausdrücken können, ist es sinnvoll, plausible Steigerungsraten festzulegen.

Diese Steigerungsraten können saisonale Schwankungen, Auslastungen, vertriebliche und organisatorische Konsequenzen und den Markt berücksichtigen. Sie können Steigerungskurven für einen sich sättigenden Markt genauso festlegen, wie lineare Steigerungen oder individuelle Schwankungen je nach Verfügbarkeit von Mitarbeitern und Ressourcen.

Es ist völlig egal ob die Steigerungsraten anderen, z.B. Ihrem Sachbearbeiter bei Behörden, und Bildungsinstituten plausibel vorkommen oder gar deren Vorstellungsvermögen sprengen, solange Sie penibel daraus ableiten, was Sie in Marketing, Vertrieb, Produktion und Organisation tun müssen, um diese Steigerungen machbar zu machen. Das ist Ihr Job als Unternehmer, nicht klein zu denken, um €300,00 Gründungszuschuss zu bekommen.

Schritt 5 zur Ertragskalkulation: Errechnen der Neukunden und Kunden:
Eine gute Kalkulation wird aus den Startkunden und Steigerungsraten die Neukunden und den Kundenbestand errechnen. Das nehmen Sie in dieser Phase zunächst einmal so hin, haben aber durchaus ein Auge dafür, ob die errechneten Zahlen machbar erscheinen und den lokalen Gegebenheiten des Marktes entsprechen.

Natürlich ist es sinnlos, als Einzelhändler mit 10.000 Kunden pro Tag zu rechnen, wenn Sei n einem Dorf wohnen, das grad mal 500 Einwohner hat. Sie können die berechneten Kunden auch verwenden, um daraus die notwendigen Ressourcen (Personal, Maschinen, Rohstoffe, etc.) und die damit verbundenen Kosten zu errechnen. Errechnete Kosten sind die bessere Lösung als feste, nicht dynamische Zahlen.

Schritt 6 zur Ertragskalkulation: Zuordnung der Leistungen zu den Kunden:
Machen wir ein Beispiel: Sie eröffnen ein Einzelhandelsgeschäft mit 100 verschiedenen Produkten. Oder Sie betreiben ein Speiselokal mit 300 Gerichten auf der Karte (z.B. China-Restaurant). Sie können jetzt nicht jedes Gericht auf der Karte einzeln einer Erfolgsprognose zuführen, wenn Sie halbwegs wirtschaftlich bleiben wollen.

Also bilden Sie Warengruppen (Vorspeise, Zwischengericht, Hauptspeise mit Fleisch, vegetarisches Hauptgericht, Dessert, Getränke warm, Getränke kalt, Getränke Alkohol, etc.). Jetzt müssen Sie noch entscheiden, wie viel Prozent Ihrer betrachteten Kunden die jeweilige Warengruppe wie oft konsumieren werden. Daraus berechnet die Businessplan-Kalkulation die Erträge und die Beiträge der einzelnen Warengruppen zum Erfolg. Sie bekommen also drei Fragen beantwortet:

  • Welches Produkt liefert welche Deckungsbeiträge?
  • Welches Produkt ist eine Cash-Cow?
  • Welches Produkt wird ein Ladenhüter?

Und damit haben Sie eine ausgezeichnete Methode, strategische Vertriebs- und Marketingplanung zu betreiben. Und das ist es in erster Linie, was Sie als Unternehmer tun müssen!

Schritt 7 zur Ertragskalkulation: Finanzierung
Ihr Businessplan errechnet Ihnen jetzt die Deckungslücken und den Finanzierungsbedarf. Mit diesem Werk in der Hand wird Ihr Gespräch bei der Bank sehr viel erfolgsversprechender verlaufen.

Ich weiß, dass es Branchen gibt, die ohne Fremdkapital nicht auskommen werden. Trotzdem empfehle ich meinen Business-Studenten immer, zuerst auszurechnen, was sie tun müssen, um ohne Fremdkapital auszukommen. Sicher auch, weil es schwer geworden ist, an solches heranzukommen. Und noch schwerer, an eine Bank zu gelangen, die noch nicht bewiesen hat, dass sie mit Geld nicht umgehen kann.

Schritt 8 zur Ertragskalkulation: Fein-Tuning: Wenn Sie die Erträge korrekt kalkuliert haben, können Sie zusammen mit der Kostenkalkulation das Fein-Tuning vornehmen. Sie drehen solange an den Zahlen, bis das gewünschte Ergebnis vorliegt.

Auch das hat nichts mit Opportunismus und Bilanzfälschung zu tun, solange Sie nach jeder Veränderung von Parametern, die vertrieblichen, organisatorischen und Marketing-Konsequenzen überblicken und dokumentieren. Hier werden Sie auch die endgültige Entscheidung treffen, wie viel eigenes undfremdes Kapital Sie benötigen.

Eines möchte ich Ihnen klar sagen: Sie können weder ein Unternehmen aufbauen, wenn Sie sich weigern, sich mit Betriebswirtschaft zu befassen, noch wenn Sie keine Ahnung von elementaren Computer-Anwendungen haben. Glauben Sie mir, Ihr Steuerberater wird Ihnen sicher einen finanztechnisch und steuerlich korrekten Businessplan erstellen können.

Ihr Network-Lieferant wird Ihnen sicher einen tollen vierfarbig gedruckten Bonusplan überreichen. Ihr Franchisegeber wird Ihnen dicke Werke seiner eigenen Ideen aufdrücken und Sie möglicherweise damit beeindrucken. Nichts davon wird jedoch die Notwendigkeit ersetzen, dass Sie als Unternehmer maximale Klarheit über jeder einzelnen Ihrer Zahlen erarbeiten müssen, wenn Sie nicht in der Katastrophe enden wollen.

Arbeiten Sie nicht "im" Unternehmen, das tun Mitarbeiter. Ihr Job als Unternehmer ist es "am" Unternehmen zu arbeiten. Businessplanung ist so ein unternehmersicher Job.

In diesem Sinne werde ich Sie vielleicht einen unbequemen Weg führen, aber seien Sie sicher, er wird zu Ihrem Wohle funktionieren. Ich freue mich, Sie hier wieder zu sehen.

Ihr Hans Janotta