Arbeitsrecht: Wie Sie rechtssicher bei einer verhaltensbedingten Kündigung vorgehen

Für die verhaltensbedingte Kündigung gibt es keinen allgemeinen Prüfungsmaßstab. Daher muss jeder einzelne Kündigungsfall gesondert geprüft werden. Sie dürfen dabei nicht schematisierend vorgehen, rät Chefredakteur Michael G. Peters im Info-Dienst "Neues Arbeitsrecht für Vorgesetzte". Arbeitgeber haben bei jeder verhaltensbedingten Kündigung ein gewisses Beurteilungsrisiko.

Um dieses Beurteilungsrisiko so weit wie möglich zu minimieren, sollten Sie nach folgendem, in der Rechtsprechung anerkanntem 5-Stufen-Prüfschema vorgehen:

Schritt 1: Liegt ein vertragswidriges, schuldhaftes Verhalten vor?
Schritt 2: Ist eine Abmahnung erforderlich oder entbehrlich?
Schritt 3: Müssen Sie auch in Zukunft Vertragsstörungen durch diesen Mitarbeiter erwarten?
Schritt 4: Stehen mildere Mittel wie beispielsweise die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz zur Verfügung?
Schritt 5: Führen Sie eine Interessenabwägung durch. Das heißt, dass eine verhaltensbedingte Kündigung nur in Betracht kommt, wenn Ihre Interessen als Arbeitgeber eindeutig die Interessen Ihres Mitarbeiters überwiegen.

Wichtiger Hinweis!
Wie bei jeder Kündigung gilt auch hier das so genannte Ultima-Ratio-Prinzip. Ihre Kündigung darf nur das letzte Mittel sein!

Die verhaltensbedingte Kündigung Ihres Mitarbeiters muss auf objektive, durch einen Dritten nachvollziehbare Gründe gestützt sein. Es reicht hierfür nicht aus, wenn Sie als Arbeitgeber nach ihrer subjektiven Einschätzung urteilen oder lediglich die Befürchtung besteht, dass es zu Vertragsbeeinträchtigungen kommen kann.

Die Rechtsprechung fordert von Ihnen als Arbeitgeber, dass Sie ruhig und verständig urteilen sowie sozial und gerecht handeln (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 07.10.1954, Aktenzeichen: 2 AZR 6/54; in: Arbeitsrechtliche Praxis (AP) Nr. 5 zu § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)).

So sprechen Sie eine Abmahnung rechtssicher aus
Voraussetzung für eine wirksame verhaltensbedingte Kündigung ist in fast allen Fällen eine Abmahnung. Nur in ganz wenigen Sachverhalten ist eine solche Abmahnung entbehrlich, beispielsweise dann, wenn ein ganz gravierender Pflichtverstoß oder Vertrauensbruch von Ihrem Mitarbeiter vorliegt.

Beispiel: Ausnahmsweise keine Abmahnung erforderlich
Hans F. hat in die Kasse gegriffen und 200 € unterschlagen. Folge: In diesem Fall brauchen Sie Hans F. keine neue Chance zu geben. Eine Abmahnung ist entbehrlich. Stattdessen dürfen Sie sofort eine fristlose außerordentliche Kündigung aussprechen.

Um rechtssicher verhaltensbedingt zu kündigen, ist es wichtig, dass Sie schon bei der vorherigen Abmahnung die Vorgaben der Rechtsprechung beachten. Denn eine nicht ordnungsgemäße Abmahnung nützt Ihnen als Vorbereitung einer Kündigung nichts, selbst wenn das Verhalten des Mitarbeiters abmahnungswürdig war.

Wegen der Hinweis- und Warnfunktion der Abmahnung muss diese klar erkennen lassen, welches Verhalten konkret beanstandet wird. Allgemeine Hinweise auf „den Ihnen bekannten Vorfall“ oder „Ihr inakzeptables Verhalten“ reichen nicht. Zudem muss die Abmahnung dem Mitarbeiter klar vor Augen führen, mit welchen Konsequenzen er im Wiederholungsfall zu rechnen hat.

Bei Störungen im Vertrauens- oder Betriebsbereich wird eine Abmahnung nur dann als erforderlich angesehen, wenn Ihr Mitarbeiter mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, dass sein Verhalten nicht vertragswidrig sei oder von Ihnen zumindest als nicht erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen würde (BAG, Urteil vom 10.11.1988, Aktenzeichen: 2 AZR 215/88; in: AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung).

Eine Frist für den Ausspruch einer Abmahnung gibt es nicht. Gleichwohl sollten Sie die Abmahnung in relativ engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Vorfall (Faustregel: maximal 2 Wochen) aussprechen.