Wann Sie die Abmahnung aus der Personalakte entfernen müssen
Es gibt einige Fälle, in denen Einigkeit darüber besteht, dass eine Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen ist. Dazu zählt zum Beispiel eine Abmahnung, die auf einen unzutreffenden Sachverhalt gestützt ist. Nicht zwingend gehört dazu eine Abmahnung, die ein bestimmtes Alter überschritten hat. Es gibt insoweit keine festen zeitlichen Vorgaben, nach denen die Abmahnung stets aus der Personalakte zu entfernen ist. Das hat das BAG in seiner Entscheidung vom 19.7.2012 (Az.: 2 AZR 782/11 ) eindeutig klargestellt. Entscheidend sind dafür stets die Umstände des Einzelfalls.
Die Richter am BAG haben dabei nach zwei wesentlichen Funktionen einer Abmahnung unterschieden. So kann es zwar durchaus sein, dass nach Ablauf einer gewissen Zeit die Warnfunktion einer Abmahnung gegenstandslos wird. Allerdings kann der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben, die Abmahnung weiter zur Dokumentation eines früheren Fehlverhaltens in der Personalakte zu lassen.
Im Ergebnis ist dies eine konsequente Weiterentwicklung aus der berühmten Emmely-Entscheidung (die Kassiererin, der wegen für sich genutzter Pfandbons im Wert von wenigen Cent gekündigt worden war). Das Gericht hatte da angenommen, dass ein beanstandungsfreies Verhalten über mehrere Jahre zu einer Art Vertrauenskapital führen kann, das nicht automatisch durch ein einmaliges Fehlverhalten abgebaut wird.
Dann muss dem Arbeitgeber aber die Möglichkeit eingeräumt werden, nachzuweisen, ob ein über mehrere Jahre beanstandungsfreies Verhalten tatsächlich vorgelegen hat. Dazu ist er zum Beispiel auf Abmahnungen angewiesen.
Der Anspruch auf Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung setzt deshalb nach Ansicht der Richter nicht nur voraus, dass die Abmahnung ihre Warnfunktion verloren hat. Vielmehr darf der Arbeitgeber darüber hinaus kein berechtigtes Interesse mehr an der Dokumentation der gerügten Pflichtverletzung haben.
Wann ein berechtigtes Interesse am Bestand eine Abmahnung in der Personalakte besteht
Ein solches berechtigtes Interesse kann zum Beispiel bestehen, wenn der Umstand einer Abmahnung für spätere Beförderung- oder Versetzungsentscheidungen eine Rolle spielt. Ähnliches gilt, wenn die Abmahnung zur Beurteilung der Eignung des Arbeitnehmers, für die spätere Beurteilung von Führung und Leistung in einem Zeugnis oder für die im Zusammenhang mit einer möglichen späteren Kündigung erforderlich werdende Interessenabwägung von Bedeutung sein kann.
Das BAG hat eindeutig und ausdrücklich festgestellt, dass der Arbeitnehmer die Entfernung einer zu Recht erteilten Abmahnung aus seiner Personalakte nur dann verlangen kann, wenn sie für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses unter keinem rechtlichen Aspekt mehr eine Rolle spielen kann. Das durch die Abmahnung gerügte Verhalten muss für das Arbeitsverhältnis in jeder Hinsicht rechtlich bedeutungslos geworden sein.
Das wird dazu führen, dass es für Arbeitnehmer schwieriger wird, die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte gerichtlich durchzusetzen. Unmöglich wird es deshalb aber nicht. Und es kann auch geschehen, dass ein Arbeitsgericht im Fall einer Kündigungsschutzklage eine lange zurückliegende Abmahnung (bzw. die in ihr enthaltene Warnfunktion) weniger gravierend beurteilt als eine nur kurz zurückliegende Abmahnung.
Für Arbeitgeber bedeutet das, dass sie zum einen Klagen auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gelassener gegenüberstehen können als dies in der Vergangenheit der Fall war. Wenn Sie allerdings wegen eines Verhaltens kündigen wollen, das in vergleichbarer Weise vor längerer Zeit schon einmal passiert ist, sollten Sie sich vorher rechtlich beraten lassen. Entscheidend ist hier auch die Rechtsprechung des jeweils lokalen Arbeitsgerichtes zur Frage der Dauer der Warnfunktion einer Abmahnung.