Bruttolohnlisten müssen Sie dem Betriebsrat auf Verlangen vorlegen

Eine Frage, die oft zu Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat führt: Müssen Sie dem Betriebsrat Lohnlisten vorlegen? Arbeitgeber lehnen das oft ab, u. a., weil sie datenschutzrechtliche Probleme sehen. Schließlich erhält der Betriebsrat so Informationen über das Einkommen der Mitarbeiter. Das BAG hat festgestellt, dass der Betriebsrat die Vorlage der Bruttolohnlisten verlangen kann.

Das BAG hat mit Beschluss vom 14.1.2014 (Az. 1 ABR 54/12) die Position der Arbeitgeber gestärkt. Nach Ansicht der Richter kann der Betriebsrat Einsicht in die Bruttoentgeltlisten verlangen, um so zu überprüfen, ob die Mitarbeiter – wie vom Arbeitgeber behauptet – anhand eines abstrakt vom Arbeitgeber festgelegten Systems bezahlt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber behauptet, die Entgelte seien jeweils individuell ausgehandelt worden.

Der Arbeitgeber hatte in dem Fall behauptet, dass die ärztlichen Mitarbeiter an privatärztlichen Liquidationserlösen auf Basis eines abstrakten Systems beteiligt werden. Die Beteiligung der einzelnen ärztlichen Mitarbeiter sei jeweils individuell ausgehandelt worden.

Dem Bundesarbeitsgericht reichte das, um ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nummer 10 Betriebsverfassungsgesetz (BetrvG) anzunehmen. Danach besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bezogen auf die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden oder deren Änderung.

Damit bestand ein gesetzlicher Anspruch auf Einsichtnahme in die Bruttolohnlisten. Diese ergibt sich aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Diese Vorschrift bestimmt, dass dem Betriebsrat auf Verlangen jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind. Ausdrücklich geregelt ist dort auch, dass der der Betriebsausschuss oder ein vom Betriebsrat gebildeter Ausschuss Einblick in die Bruttolohnlisten verlangen kann.

Und es geht sogar noch weiter: Soweit erforderlich haben Sie sachkundige Mitarbeiter zur Erläuterung zur Verfügung zu stellen. Nach näherer Vereinbarung mit Ihnen als Arbeitgeber kann der Betriebsrat Sachverständige zur Auswertung dieser Listen hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.

6 wichtige Punkte für Sie als Arbeitgeber:

  • Dieses Auskunftsrecht setzt voraus, dass der Betriebsrat die Vorlage der Bruttolohnliste verlangt. Sie müssen diese also nicht von sich aus vorlegen. Die Notwendigkeit des "Verlangens" ergibt sich ausdrücklich aus dem Wortlaut des einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG.
  • Das Gesetz verlangt nur die Vorlage der Bruttolohnlisten, nicht die Vorlage der Nettogehälter. Um zu vermeiden, dass Sie mit datenschutzrechtlichen Fragen in Konflikt kommen, sollten Sie die Auskunft bzw. Vorlage der Listen auch auf die Bruttolohnlisten beschränken. Angaben zu Nettolöhnen sollten Sie hingegen unterlassen.
  • In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass einzelne Arbeitnehmer verlangen, dass dem Betriebsrat ihre individuellen Bruttolöhne nicht mitgeteilt werden. Das befreit sie jedoch nicht davon, dem Betriebsrat diese Information zu geben. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts können einzelne Beschäftigte die Einsicht des Betriebsrates in die Gesamtbruttolohnliste nicht verhindern. Datenschutzrechtliche Aspekte treten insoweit zurück.
  • Kein Eintrittsrecht besteht für die Gehälter leitender Angestellter.
  • Zur Einsichtnahme ist ein bei Betrieben mit mehr als 300 Arbeitnehmern beschäftigt der Betriebsausschuss berechtigt. Das BAG hat entschieden, dass das Einblicksrecht in kleineren Betrieben auch den Betriebsratsvorsitzenden oder einem mit der Geschäftsführung des Betriebsrats beauftragten Betriebsratsmitglied zusteht, nicht jedoch dem gesamten Betriebsrat.
  • Bei dem Recht handelt es sich um ein Einblicksrecht. Sie müssen also keine Listen in physischer Form (ausgedruckt oder als Datei) überlassen, die Vorlage reicht. Der Einblicknehmende ist allerdings befugt, sich Notizen zu machen; er hat hingegen kein Recht, die Bruttolohnlisten vollständig abzuschreiben.