Aktienempfehlungen selbst nachrecherchieren und prüfen

Nahezu täglich liest man in einschlägigen Zeitschriften oder Foren von „totsicheren“ Aktientipps und davon, wie man schnell reich werden kann, wenn man bestimmte Papiere kauft. Auch Banken und Sparkassen sprechen Kunden regelmäßig Empfehlungen aus und raten, ausgewählte Aktien zu kaufen. Die Frage für interessierte Anleger ist, ob es sich lohnt, solchen Empfehlungen zu folgen oder nicht.

Eine pauschale Antwort auf die Frage kann natürlich nicht gegeben werden. Sicher ist allerdings, dass diejenigen, die Aktienempfehlungen aussprechen, auch ein grundlegendes Interesse daran haben, dass möglichst viele Kunden die Wertpapiere erwerben, weil sie auch daran verdienen, z. B. in Form von Gebühren oder, wenn sie das Papier vorher besitzen, von Kurssteigerungen, wenn viele Kunden den Empfehlungen folgen.

Das sollten Sie in jedem Fall vor einer Kaufentscheidung im Hinterkopf behalten und versuchen, sich selbst ein Bild zu machen. Schließlich vergleichen und prüfen Sie vor dem Kauf eines Autos oder von Haushaltsgegenständen ja auch mehrere Angebote.

Bei Aktienempfehlungen eigene Prüfung und Analyse durchführen

Dabei sollten Sie u. a. folgende Fragen positiv beantworten:

  1. Handelt es sich um eine Aktie, die in einem großen Index, z. B. DAX, STOXX, Dow-Jones, S&P 500 vertreten ist?
  2. Handelt es sich um eine Aktie, die täglich mit großen Umsätzen auch in Deutschland gehandelt wird (Faustregel: mehrmals täglich Kurse mit Volumina von mehr als jeweils 5.000-10.000 Euro)?
  3. Handelt es sich um eine Aktie, deren Geschäftsmodell Sie verstehen?
  4. Handelt es sich um eine Aktie, aus einer stabilen Branche mit guten Wachstumsaussichten (z. B. Lebensmittel, Pharma, Energie, Finanzen)?
  5. Verkauft das Unternehmen seine Produkte weltweit und ist es in neuen Märkten, z. B. China, Russland, Brasilien, gut aufgestellt?
  6. Weist der Aktienkurs seit mindestens 10-15 Jahren einen steigenden Kurs auf und gibt es keine großen Schwankungen (Faustregel: der Kurs sollte insgesamt steigen und es sollte nur in ein oder zwei Jahren zu Schwankungen von mehr als +/- 15-20% gegeben haben)?
  7. Erzielt das Unternehmen seit mindestens 10-15 Jahren einen Gewinn und steigert es ihn im Schnitt von Jahr zu Jahr?
  8. Zahlt das Unternehmen seit mindestens 10-15 Jahren eine Dividende und steigt diese im Schnitt von Jahr zu Jahr?
  9. Weisen wichtige Kennzahlen gute Werte auf und gelingt es der Firma, diese zu steigern (Faustregel: prüfen Sie mindestens Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) und Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV); die Kennzahlen sollten besser als der Durchschnitt sein und sich über die genannten Zeiträume positiv entwickeln. Das KGV sollte niedrig, das KBV deutlich größer als 1 sein und das KCV sollte immer einen hohen positiven Wert aufweisen).

Bei Unsicherheit: Käufe auf Empfehlung eher vermeiden

Können Sie zwei oder mehr Fragen nicht mit einem eindeutigen "Ja" beantworten oder bleibt ein "ungutes Bauchgefühl", sollten Sie im Zweifel von einem Kauf Abstand nehmen. Denn dann ist die Empfehlung meist nicht für eine Langfrist-Anlage geeignet. Folgende Indizien sprechen tendenziell gegen eine Empfehlung, auch wenn man die nachstehenden Aussagen nicht verallgemeinern kann: 

  • Die Aktie ist nicht in einem Index vertreten. Dass eine Aktie nicht in einem Index enthalten ist, bedeutet zwar nicht automatisch, dass das Papier nicht gut ist, aber meist ist das Marktvolumen gering und auch die Anforderungen an eine Veröffentlichung von Geschäftszahlen, mit denen sich die Entwicklung beurteilen lässt, sind geringer.
  • Es gibt nicht viele frei gehandelte Papiere, d. h., das Marktvolumen ist so gering, dass bereits kleinere Käufe oder Verkäufe große Schwankungen auslösen. Die Gefahr von Kursbeeinflussungen ist hoch.
  • Das Unternehmen ist in einer Branche mit hoher Konjunkturanfälligkeit aktiv, daher gibt es in regelmäßigen Abständen große Schwankungen in der Kursentwicklung.
  • In Aktienforen wird eher kritisch über die Aktie und/oder denjenigen gesprochen, der die Empfehlung gegeben hat.

Darüber hinaus sollten Sie immer bedenken, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Sie mit einer Aktie Geld verdienen, besonders hoch ist, wenn die in den Fragen genannten Fundamentaldaten stimmen und Ihr eigener Anlagehorizont ebenfalls langfristig ausgerichtet ist, in jedem Fall mehr als 5 Jahre.

Kurzfristig kann an der Börse übrigens alles passieren. Auch die Kurse von guten Aktien können einbrechen, z. B. wegen einer Krise oder weil es vorübergehend schlechte Nachrichten gibt. Aber wenn die Fundamentaldaten gut sind, folgt der Aktienkurs langfristig meist der Geschäfts- und Gewinnentwicklung. Und: Wenn Sie Interesse an einer seriösen Aktienanlage haben, bereiten eigene Recherchen
meist auch Vergnügen und Sie lernen die Firmen auch besser kennen.