Keine Verdachtskündigung ohne konkrete Tatsachen

In Ausnahmefällen können Sie einen Mitarbeiter auch wegen eines bloßen Verdachts einer Pflichtverletzung kündigen. Das ist für den betroffenen Mitarbeiter hochproblematisch, daher sind die Anforderungen an eine so genannte Verdachtskündigung relativ streng. Wie streng und wann Sie also zur Verdachtskündigung greifen dürfen, zeigt das Urteil des LAG Hamm vom 15.05.2012 Az.: 19 Sa 1079/11.

Vom Grundsatz her sind für eine Kündigung Tatsachen erforderlich. So fordert z. B § 626 Abs. 2 BGB für eine fristlose Kündigung, dass Tatsachen vorliegen müssen, die das Abwarten der Kündigungsfrist unzumutbar machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann aber auch schon der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer sonstigen Verfehlung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem verdächtigten Arbeitnehmer darstellen.

Aber auch dann geht es nicht ganz ohne Tatsachen. Denn es sind dann dringende, auf objektiven Tatsachen beruhende schwerwiegende Verdachtsmomente erforderlich, die geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen bei einem verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu zerstören.

Als Arbeitgeber müssen Sie hier schon sehr genau und detailliert vortragen, aufgrund welcher Tatsachen Sie zu dem Verdacht gegen den zu kündigenden Mitarbeiter gekommen sind. Die Rechtsprechung stellt hier hohe Anforderungen an Ihre Darstellung. Denn es soll vermieden werden, dass Unschuldige zu Unrecht ihren Arbeitsplatz verlieren.

Der Verdacht muss ferner dringend sein. Das bedeutet, dass die Beweisanzeichen (Indizien) bei einer kritischen Prüfung eine große Wahrscheinlichkeit für die erhebliche Pflichtverletzung (z. B. die Straftat) gerade dieses Arbeitnehmers bestehen.

Und schließlich müssen Sie dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung Gelegenheit gegeben haben, den gegen ihn bestehenden Verdacht auszuräumen.

Das bedeutet für die Verdachtskündigung in der Praxis

Es gibt einige Punkte, die Sie prüfen sollten, bevor Sie zur Verdachtskündigung greifen:

  • Steht fest, wann die Tat ausgeführt wurde? Nur wenn insoweit Klarheit besteht, stellt sich die Frage, wer der Täter sein kann. Nur dann wissen Sie, welche Tatsachen möglicherweise geeignet sind, den Verdacht zu begründen.
  • Beruht Ihr Verdacht auf Tatsachen (belegt durch Zeugenbeweise, zulässigen Videoaufnahmen usw.)
  • Haben Sie entlastende Momente berücksichtigt?
  • Beruht Ihre Einschätzung, dass es sich gerade bei dem zu kündigenden Mitarbeiter um den Täter handelt, auf Tatsachen? Oder spielen vielleicht andere Aspekte (Leistungsmängel, Verhalten im Unternehmen usw.) eine Rolle? Diese wären nicht zu berücksichtigen.
  • Spricht aufgrund der Tatsachen eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der zu kündigende Mitarbeiter der Täter ist?
  • Haben Sie den Mitarbeiter (nachweisbar) Gelegenheit gegeben, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen und den Verdacht auszuräumen?