Fleischmann, Märklin oder Roco: Tipps zum Einstieg in die digitale Modelleisenbahn (Teil 2)

Das Hobby Modelleisenbahn ist sehr vielseitig. Im ersten Teil der Serie über die wichtigsten Modelleisenbahnersteller habe ich Ihnen die umfangreiche Produktpalette von Märklin vorgestellt. Hier erfahren Sie Wissenswertes über die Nürnberger Firma Fleischmann.

Fleischmann – Die „Modelleisenbahn der Profis“
Nicht ganz zu Unrecht warb die Firma Fleischmann früher mit dem Slogan „Die Fleischmann-Bahn, das präg´ Dir ein, ist die Bundesbahn in klein“. Die Nürnberger waren immer für ihre besonders detailgetreuen Modelleisenbahnen mit ausgezeichneter Verarbeitungsqualität bekannt. Danach war bei Fleischmann bis vor kurzem noch von der „Modellbahn für Profis“ die Rede.

Abgesehen von solchen Marketingstrategien war die Entscheidung zwischen Märklin oder Fleischmann für viele Modelleisenbahnfreunde jahrzehntelang eher eine Systemfrage. Denn im Gegensatz zu Märklins Wechselstromsystem setzte Fleischmann direkt auf Gleichstrom und befindet sich damit in guter Gesellschaft mit anderen renommierten Firmen wie Roco, Piko oder Trix.

Fleischmann: Angebotspalette abgespeckt
Doch die schon seit über einem Jahrzehnt schwelende Krise der Modelleisenbahnbranche erfasste schließlich auch die scheinbar so soliden Nürnberger, was zu Arbeitsplatzabbau und Umsatzrückgängen führte.

Als Konsequenz wurde Fleischmann Anfang des Jahres 2008 von der deutsch-österreichischen Modelleisenbahn Holding GmbH übernommen. Diese Gesellschaft ist auch Eigentümer des H0-Konkurrenten Roco. Beide Modelleisenbahnmarken firmieren also jetzt unter einem Dach.

Dadurch bietet Fleischmann künftig kein Vollsortiment mehr im Bereich der H0-Modelleisenbahn an. Wie die neue, an das Roco-Design angelehnte, Fleischmann-Website bereits zeigt, hat Fleischmann bei der Angebotspalette schon kräftig abgespeckt. Ersatzlos weggefallen ist das seit den 50er-Jahren existierende Modellgleis mit allem Zubehör wie beispielsweise dem beschrankten Bahnübergang.

Nur noch ein Gleissystem
Vorläufig bleiben wird das Profi-Gleis. Es verfügt über eine Bettung, die allerdings im Vergleich zum Märklin-C-Gleis oder dem Roco-Line-Gleis sehr schmal und dünn ist. Das Profi-Gleis sieht optisch für ein Bettungsgleis aber sehr ansprechend aus und ermöglicht relativ schlanke Radien. Die Nachrüstung mit einem elektrischen Antrieb und Weichenlaternen ist ebenfalls möglich und das ganz ohne Spezialwerkzeug.

Fleischmann bietet zur analogen Weichensteuerung ein eigenes, seit Jahrzehnten nahezu unverändertes Pult-Stellwerk an. Entsprechend ihres hohen Alters verströmen diese grünen Klötzchen ein nostalgisches 50er-Jahre-Flair, sind aber sehr robust und verrichten problemlos ihren Dienst. Allerdings ist die Verkabelung etwas mühselig, weil kein Steckersystem vorhanden ist, sondern die Litze mühevoll in zwei kleine Laschen eingeführt wird. Um die Nerven zu schonen, wird man früher oder später an Lötarbeiten nicht vorbeikommen.  Ebenso mühevoll ist auch das Zusammenstecken der Profigleise, das für ungeübte Kinderhände schnell zur Geduldsprobe werden kann.

Fleischmann: Viele sinnvolle Spielideen
Wenn auch das Profi-Gleis nicht unbedingt kindgerecht ist, die Spielideen aus dem Hause Fleischmann sind es durchaus. Die Firma bietet (noch) sinnvolles Zubehör für die kleinsten Modelleisenbahner an.

Da wäre beispielsweise die Kipplorenentladestation, die merkwürdigerweise nur Fleischmann anbietet. Und auch die Entladebühne zur automatischen Schüttgutentladung bietet für die Modelleisenbahn viel Spielspaß.

Zudem kann das Profi-Gleis mit einer flexiblen Zahnradstange nachgerüstet werden, denn Fleischmann bietet neben Bemo als einzige Modelleisenbahn im H0-Maßstab eine Zahnradbahn an. Wie lange noch, ist allerdings ungewiss, denn auf der Website wird die seit Jahrzehnten im Sortiment geführte Elektrolokomotive mittlerweile als Auslaufartikel geführt. Ein Nachfolger ist bislang nicht angekündigt.

Von FMZ zu DCC
In die digitale Modelleisenbahnwelt startete Fleischmann im Jahre 1986 mit der Fleischmann-Mehrzugsteuerung (FMZ). Weil dieses System aber nicht mit anderen Digitalsystemen kompatibel ist, wurde es ab dem Jahre 2000 durch die Twin-Decoder und das Twin-Center ergänzt. Beide beherrschen sowohl das FMZ- als auch das DCC-Protokoll. Dadurch können auch Produkte anderer DCC-Hersteller  mit dem Twin-Center gesteuert werden, was umgekehrt natürlich genauso gilt. Ein eigenes Steuerungssystem mit dem Namen „Train-Navigation“ ist bei Fleischmann ebenfalls (noch) im Programm. Die Programmierung eines Decoderbausteins über das Twin-Center ist etwas umständlich und leider von Fleischmann auch zu knapp beschrieben.

Fleischmann: Flaggschiff fehlt jetzt
Zudem ist mittlerweile das einst als „Alleskönner“ angepriesene und nahezu mit der Intellibox von Uhlenbrock identische Twin-Center aus dem Programm gestrichen. Übrig geblieben sind noch die Steuerungsgeräte Profi-Boss und der schon betagte und sehr dürftige ausgestatte Lok-Boss. Bei einigen Startsets wird bereits die Roco-Multimaus angeboten. Aller drei Handsteuergeräte sind im Gegensatz zum Twin-Center eher für kleine und mittlere Modelleisenbahnanlagen geeignet.

Ungewisse Zukunft
Auf dem neuen Webauftritt der Firma Fleischmann werden viele Dauerbrenner bereits als Auslaufartikel deklariert. Dazu zählen auch nahezu alle HO-Loks sowohl für das Gleichstrom- als auch die wenigen Loks für das Wechselstromsystem.

Weiterhin ist auf der Website zu lesen, dass sich „die Produktmarke Fleischmann H0 auf historische deutsche Länderbahnen mit internationalen Modellvarianten der Epoche I und II spezialisiert“. Dazu zählen, so O-Ton, „nostalgische Dampflokomotiven für den ambitionierten Sammler und den eher konservativen Spiel- und Betriebsmodelleisenbahner“.

Das alles liest sich nicht sehr verheißungsvoll. Deswegen sollte man sich einen Einstieg in die Fleischmann momentan gut überlegen und zumindest für den weiteren Ausbau die Produkte kompatibler Produkte von Roco, Piko u. a. sowie den Besuch von Modelleisenahnbörsen miteinplanen.

Aus diesen Gründen kann der Modellbahneinstieg mit Fleischmann nur bedingt empfohlen werden. Genauen Aufschluss über das künftige Sortiment wird wohl erst der für Herbst 2009 angekündigte H0-Gesamtkatalog bringen.