Private Krankenversicherung: Versicherer kann doch kündigen

Eine private Pflicht-Krankenversicherung darf nicht gekündigt werden, wenn der Kunde seine Prämien nicht zahlt – aus anderen schwerwiegenden Gründen, etwa wegen Betrugs, ist die Kündigung durch den Versicherer aber durchaus zulässig. Das hat der Bundesgerichtshof in zwei Grundsatzurteilen entschieden. Nur die private Pflegeversicherung sei unantastbar.

Seit 2009 besteht in Deutschland die Pflicht, entweder eine gesetzliche oder private Krankenversicherung zu haben. Wer sich nicht gesetzlich versichern kann, hat einen Anspruch darauf, zumindest im sogenannten "Basistarif" der gesetzlichen Krankenversicherungen (PKV) versichert zu werden. Die PKV-Unternehmen müssen einen solchen Vertrag schließen, eine Ablehnung etwa wegen Erkrankungen ist nicht erlaubt.

Außerdem hat der Gesetzgeber geregelt: Jede Kündigung einer Pflicht-Krankheitskostenversicherung durch den Versicherer ist ausgeschlossen (Paragraf 206 Absatz 1 Satz 1 Versicherungsvertragsgesetz).

Das Kündigungsverbot hat nach Angaben der PKV-Branche bereits zu Millionenverlusten geführt: Zehntausende Krankenversicherte würden die Prämien nicht zahlen. Der Versicherungsschutz ruht dann zwar, für akute Erkrankungen muss aber gezahlt werden. In den beiden Grundsatzurteilen hat der Bundesgerichtshof (BGH) bekräftigt, dass das Kündigungsverbot wegen nicht gezahlten Prämien uneingeschränkt gilt. Schließlich habe ein säumiger Kunde keine Chance, bei einem anderen privaten Krankenversicherer unterzukommen.

Ein Sonderkündigungsrecht könne allerdings aus wichtigem Grund bestehen. In so einem Fall habe der Ex-Kunde immer noch die Möglichkeit, neuen Versicherungsschutz bei einem anderen Versicherer zu bekommen – der Versicherungspflicht wäre Genüge getan. Was sieht der BGH als wichtigen Grund?

Abrechnungsbetrug: Ein PKV-Versicherter hatte über mehrere Jahre 168 Medikamenten-Rechnungen eingereicht, viele Medikamente aber gar nicht gekauft und bezahlt. Er erschwindelte so Leistungen von 3.800 Euro, die ihm nicht zustanden. Der BGH sah das als eine schwere Vertragverletzung, die eine Sonderkündigung rechtfertigt (Az: IV ZR 50/11).

Bedrohung: Nach einer Herzoperation bekam ein krankgeschriebener PKV-Kunde Besuch eines Außendienstmitarbeiters der Krankenversicherung. Der PKV-Kunde war darüber wohl nicht erfreut – er griff den Außendienstler mit einem Bolzenschneider tätlich an und bedrohte ihn. Auch das rechtfertigt laut BGH eine Sonderkündigung (Az: IV ZR 105/11).

Das Sonderkündigungsrecht kann ein Krankenversicherer laut BGH aber nur für die Krankenkosten-Versicherung geltend machen, die private Pflegeversicherung dürfe unter keinen Umständen gekündigt werden.