Darf die Krankenkasse bei Krankheit zum Reha-Antrag auffordern?

Wer schon einmal länger Krankengeld von seiner Krankenkasse bezogen hat, wird diese Situation kennen: Meist flattert nach einigen Wochen Post von der Krankenkasse ins Haus. Enthalten ist ein Brief, der aussagt, dass ein Antrag auf eine medizinische / berufliche Rehabilitation oder ein Rentenantrag gestellt werden soll. Ansonsten droht der Entzug des Krankengeldes. Aber darf die Kasse zu einem Reha-Antrag auffordern? Was ist zu beachten? Lesen Sie hier mehr.

Darf die Krankenkasse bei Krankheit zum Reha-Antrag auffordern?

Nach § 51 SGB V darf die Krankenkasse einen Krankengeldbezieher unter bestimmten Voraussetzungen dazu auffordern einen Antrag auf medizinische oder berufliche Rehabilitation oder auf Rente zu stellen. Aber was sind das für Voraussetzungen? Haben die Betroffenen eine Möglichkeit sich gegen diese Aufforderung zu wehren, wenn sich daraus Nachteile ergeben? Diese Fragen möchte ich in den kommenden Abschnitten beantworten.

Vorausschicken möchte ich, dass viele Betroffene sicher keinen Grund haben, sich gegen diese Aufforderung zu wehren. Zumal in vielen Fällen die Rehabilitation geeignet ist und dazu führt, dass die Erwerbsfähigkeit wieder hergestellt wird. Aber Betroffene, bei denen absehbar ist, dass sie nicht wieder erwerbsfähig werden, erleiden oft Nachteile durch die Aufforderung zum Reha-Antrag.

Sie werden durch die Antragstellung vorzeitig aus dem Krankengeld in die meist niedrigere Erwerbsminderungsrente gedrängt. Wenn sich während der Reha herausstellt, dass eine Erwerbsminderung auf Zeit oder auf Dauer vorliegt, gilt der Reha-Antrag als Rentenantrag. Die Erwerbsminderungsrente wird dann auch rückwirkend ab der Krankschreibung berechnet. 

Die Krankenkasse spart dadurch Krankengeld. Die Betroffenen aber haben keine eigenen Gestaltungsmöglichkeiten mehr, wenn sie der Aufforderung der Krankenkasse nachkommen und einen Reha-Antrag stellen. Sie müssen die Reha bzw. die Erwerbsminderungsrente annehmen.

Was viele nicht wissen: Es besteht die Möglichkeit gegen die Aufforderung der Krankenkasse Widerspruch einzulegen. In vielen Fällen halten sich die Krankenkassen nicht an die vom Gesetzgeber festgelegten Vorgaben zu den Voraussetzungen und dem Inhalt der Aufforderung zur Reha-Antragstellung.   

Was sind die häufigsten Fehler der Krankenkasse bei der Aufforderung zur Reha-Antragstellung?

Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass ein medizinisches Gutachten vorliegen muss, in dem die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit festgestellt worden ist. Das Gutachten muss von einem Arzt des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) auf der Grundlage eigener Untersuchungen oder von Befundberichten der behandelnden Ärzte erstellt worden sein. Sie sind übrigens nicht verpflichtet Ihre Ärzte von der medizinischen Schweigepflicht zu entbinden.

Wenn Sie die eigenen Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbinden, muss der MDK-Arzt Sie zur Begutachtung einladen, um ein Gutachten anzufertigen. Als Betroffener haben Sie das Recht, das Gutachten von der Krankenkasse anzufordern. Sollte kein Gutachten vorliegen, was den Namen verdient, ist die Aufforderung der Krankenkasse zur Reha-Antragstellung rechtswidrig und ein Widerspruch dagegen erfolgreich.

Die Krankenkasse muss nun einen neuen Versuch mit einer erneuten Aufforderung zur Reha-Antragstellung starten und Sie haben Zeit gewonnen, in der Sie bei weiterer Arbeitsunfähigkeit auch weiter Krankengeld beziehen können oder mittlerweile Anspruch auf andere Leistungen haben.     

Ein weiterer, häufiger Fehler der Kassen ist die fehlende Ermessensentscheidung in dem Aufforderungs-Anschreiben

Die Krankenkasse muss Ihnen vor der Entscheidung, das heißt vor dem Aufforderungsschreiben, in einem Anhörungsverfahren Gelegenheit geben, Gründe vorzutragen, die gegen die Reha oder die Rente sprechen. Solche Gründe können zum Beispiel der drohende Verlust einer Betriebsrente bei einer vorzeitigen Verrentung oder auch erhebliche Nachteile in der Rentenhöhe sein.

In der schriftlichen Aufforderung zur Reha-Antragstellung muss das Ergebnis der Ermessensprüfung wiedergegeben sein. Fehlt das Ergebnis der Ermessensprüfung oder fühlen Sie sich von dieser benachteiligt, kann erfolgreich dagegen Widerspruch eingelegt werden. Wenn die Ermessensprüfung fehlt, ist das gesamte Aufforderungsschreiben rechtswidrig. Die Krankenkasse muss die gesamte Prozedur wiederholen.

Wer Zeit gewinnen will, sollte übrigens den Reha-Antrag erst am Ende der vorgeschriebenen 10-Wochen-Frist stellen. Der Reha-Antrag kann entweder bei der Krankenkasse oder direkt beim Rentenversicherungsträger gestellt werden.

Ich bitte den interessierten Leser zu beachten, dass es sich bei den vorgenannten Hinweisen um Praxistipps handelt. Es besteht hier nicht der Anspruch auf eine vollständige Abhandlung zum § 51 SGB VI. Die Tipps können eine fachliche Beratung nicht ersetzen.

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