Was bedeutet die Flexibilisierung der Arbeitszeit für Sie?

Im Zuge der allgemeinen Umstrukturierung der Gesellschaft wird die Flexibilisierung der Arbeitszeit immer mehr zu einem Thema der Politik: Ob es nun um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, um das Aussterben des Volkes zu verhindern oder ob Arbeit auch im hohen Alter ohne den Zwang, in einem Büro anwesend zu sein, im Vordergrund steht:

Die Arbeitswelt befindet sich in einem dramatischen Wandel, der indes nicht zwingend zum Wohl der Arbeitnehmer beitragen muss.

Die Flexibilisierung der Arbeitszeit bedeutet auch eine ununterbrochene Bereitschaft der Arbeitnehmer: Längst wird stillschweigend erwartet, dass die Menschen unmittelbar vor dem Zu-Bett-Gehen noch einmal die E-Mails durchsehen, um eventuelle Sonderwünsche des Arbeitgebers in den Ablaufplan des nächsten Tages zu integrieren. Eine ununterbrochene Erreichbarkeit und damit auch unbezahlte Verfügbarkeit auf Geräten zur mobilen Kommunikation ist längst als Selbstverständlichkeit zu betrachten.

Viele Arbeitgeber haben damit begonnen, ihre Arbeitnehmer als gelangweilte Millionäre zu betrachten: Sie sollen in Stoßzeiten rund um die Uhr verfügbar sein und danach monatelang in unbezahlter Rufbereitschaft verharren. Dass dies den Lebensrealitäten vor allem in Zeiten real sinkender Löhne widerspricht, wird auch von der Politik beiseitegeschoben. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit bedeutet häufig eine Lohnsenkung.

Besonders deutlich wird dies anhand der sogenannten Arbeitszeitkonten. Hier wird den Arbeitnehmern zunächst signalisiert, es handle sich um eine Verbesserung ihrer Situation: Durch Anhäufung von Mehrstunden auf einem Arbeitszeitkonto, so wird suggeriert, gewinnt der Arbeitnehmer an Flexibilität, denn er oder sie kann sich die Stunden bezahlen lassen oder sie in Freizeit nehmen.

Die Realität sieht indes anders aus: Zwangsurlaube sind längst die Regel geworden und dies auch in Betrieben des Öffentlichen Dienstes, die eigentlich keine wirklichen Stoßzeiten oder Auftragsspitzen kennen, sodass solche Maßnahmen eher als eine Gängelung der Bevölkerung erscheinen.
Wenig erstaunlich hat die Übernahme der industriellen Sitten durch den Öffentlichen Dienst in überhaupt keiner Weise zu einer Verminderung des Staatsdefizits geführt, sodass man schlicht von einer unsinnigen Verrohung der Sittlichkeit sprechen kann.

Mit der Ausuferung der Zeit- und Leiharbeit ist die Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsmarktes seit einigen Jahren auf ein ungutes Niveau gehoben worden: Die Gesellschaft muss Arbeitnehmer finanziell unterstützen, die vor schierer Flexibilität nicht von ihrer Arbeit leben können. Die hieraus erzielten Gewinne verschwinden in anderen Ländern, sodass die Frage nach einem gesellschaftlichen Selbstmord auf der Hand liegt.

Es wäre Sache der Politik, die Chancen einer Veränderung der Arbeitsmodalitäten zu einer Chance für die Gesellschaft zu verwandeln, anstatt lediglich die Umverteilung von "unten" nach "oben" zu befeuern, wie dies derzeit leider der Fall ist.