Der Millionenmarkt der Superkleber beginnt jetzt

In Zukunft wird nicht geschraubt, sondern geklebt: mit natürlichen Materialien, die Risse selbst reparieren können, mit cleveren Schäumen und multifunktionalen Klebebändern – kurz: Superkleber! Superkleber ermöglichen Klebeverbindungen, die auf kleinstem Raum gigantische Kräfte entwickeln. Der Markt der Superkleber ist noch ein kleiner – aber wird schnell wachsen.

Auf dem Weg zum bionischen Superkleber
Eine Klebeverbindung nicht größer als eine Briefmarke kann eine Last von 5 Tonnen mühelos halten. Dieses enorme Haftvermögen fanden Forscher von der Indiana University in Bloomington und der Brown University in Providence bei der im Wasser lebenden Bakterienart Caulobacter crescentus.

Ebenfalls an der Natur orientiert ist die Forschung von Ronald Fearing von der University of California in Berkeley. Er arbeitet an künstlichen Imitationen von Gecko-Füßen. Dadurch werden Roboter vorstellbar, die unter der Decke gehen oder sich in zertrümmerten Gebäuden bewegen können, was künftig unter anderem bei der Bergung von Erdbebenopfern eingesetzt werden könnte.

Mit der zusätzlichen Fähigkeit, auch unter Vakuum zu funktionieren, werden Klebemechanismen nach dem Vorbild des Geckos sogar für die Raumfahrt zunehmend interessant, um Astronauten bei ihren Außeneinsätzen zu unterstützen.

Superkleber „made in Germany“: Klebstoffe für extreme Einsatzbereiche
Michael Varenberg und Stanislav Gorb vom Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart entwickelten ein Material, das auch unter Wasser zuverlässig haftet. Dabei bedienten sie sich eines natürlichen Vorbilds, nämlich Käfer-Füßen. Varenberg und Gorb haben einen dünnen Haftfilm hergestellt, dessen Oberfläche genauso gestaltet war wie das Fußende der Insekten. Die strukturierte Folie haftet unter Wasser 20-mal so gut wie herkömmliche Materialien.

Für die Elektronikindustrie hat 3M Klebstoffe entwickelt, die in der Lage sind, Wärme abzuleiten und elektrischen Strom zu übertragen. Zudem haben sich die 3M-Erfinder Haftklebestoffe ausgedacht, die gedruckt werden können. Durch Aufdrucken des Klebstoffes auf Papier oder Folien lässt sich der hohe Abfall vermeiden, der häufig bei der Herstellung von dünnen Stanzklebeteilen für Klebebänder entsteht.

Clevere Superkleber kitten sich selbst
Forscher haben natürliche Materialien entwickelt, die ihre Verletzungen selber abdichten können und keine menschliche Reparatur mehr nötig machen. Eine neue Polyurethanschaum-Beschichtung, die Bionik-Wissenschaftler nach dem Vorbild von pflanzlichen Selbstreparaturmechanismen entwickelt haben, soll pneumatische Leichtbautragwerke schützen. Wird die Membran des cleveren Schaums verletzt, quillt die Beschichtung einfach in den Riss und dichtet ihn ab.

Die Industrie hat großes Interesse an dem selbst reparierenden Schaum. Die Schweizer Unternehmen Prospective Concepts AG in Zürich und Airlight Ltd. in Biasca wollen die Membranen ihrer Tensairity-Leichtbautragwerke mit dem Schaum beschichten, um die dünnen Hüllen bei Verletzungen zu schützen.

Der Name Tensairity ist aus den englischen Begriffen für Spannung (tension), Luft (air) und Zusammenhalt (integrity) zusammengesetzt. Eine Tensairity-Brücke ist extrem leicht. Ihre filigranen Luftbalken haben eine Tragkraft wie herkömmliche Stahlträger, wiegen aber nur ein Zehntel so viel.

Solche Konstruktionen lassen sich vielfältig einsetzen, zum Beispiel für Brücken, Überdachungen von großen Hallen, Sportstadien und Plätzen. Denn mit zunehmender Spannweite werden die Vorteile gegenüber herkömmlichen Stahlträgern immer gewichtiger.

Superkleber der ESA
Die Europäische Raumfahrtbehörde ESA hat selbst reparierende faserverstärkte Verbundmaterialien für Raumschiffe entwickelt. So werden nicht nur Zeit und Kosten für Wartung eingespart, sondern es können auch ansonsten unentdeckt bleibende Beschädigungen sofort behoben werden.

Trendprognose „Superkleber“
Die Klebstoffindustrie ist extrem innovativ. Wie kaum eine andere Branche profitiert sie von neuen Trends, z.B. vom jüngsten Trend zur Miniaturisierung. Elektronische Geräte wie Handys werden immer kleiner, gleichzeitig wird die Anzahl ihrer Funktionen immer größer.

Die Hersteller brauchen daher Techniken, mit denen sie die einzelnen Komponenten in den Geräten sicher und einfach befestigen können. Ein gigantischer Wachstumsmarkt – und clevere Klebstoffe werden zur Grundlage für viele weitere Innovationen.