Trendsignale: Durch neue Verkehrsangebote wachsen Europas Märkte zusammen

Europas Geografie schrumpft, Städte und Regionen rücken näher aneinander. Das ist Folge von sinkenden Reisezeiten und Reisekosten – einer Welle, die gerade erst begonnen hat und bis 2015 an Stärke zunehmen wird. Was bringt die Zukunft?
In London ist heute schon sichtbar, was auf andere Gebiete Europas noch zukommt: Flughäfen der britischen Hauptstadt sind das Drehkreuz mehrerer Niedrigkosten-Fluglinien.
 
Folge: Es etabliert sich ein neues Pendlertum. Montags bis Freitags in der City arbeiten. Das Wochenende an der Côte d‘Azur oder in der Provence verbringen – das wird für viele Menschen zum erschwinglichen Lebensstil. Zweitwohnsitze in der Mittelmeerregion erfreuen sich großen Zuspruchs. Makler berichten über erhöhte Nachfrage und steigende Preise in den Zielregionen von Ryanair, Go und Easyjet – insgesamt etwa 60 Flughäfen im mediterranen Raum, aber auch in der Ostsee-Region.

Der Informationsdienst "2000x" prognostiziert: Es entstehen so genannte "Flugpendler-Siedlungen", etwa im Umfeld von Pisa, Bergamo, Nizza, Perpignan, Gerona oder Jerez. Auch in Deutschland wird sich das Flugpendlertum noch stärker entwickeln. Die Option: Zweitwohnsitz an der Riviera statt im Hunsrück: Die Sonnenregionen des Südens sind nur ein bis zwei Flugstunden und 19 bis 49 Euro Reisepreis weit entfernt. Die erste Region hier zu Lande, die profitieren wird, ist der Raum Bonn und Köln. In Kürze werden hier europaweit 30 Ziele zu Preisen ab 19 Euro pro Flug erreichbar sein, bis 2005 werden es doppelt so viele.

Grund: Der Flughafen Köln-Bonn ist heute nur zu 50 Prozent ausgelastet, als einziger der deutschen Großflughäfen, das bietet Kapazität für zusätzliche Niedrigpreis-Flüge und macht ihn für Fernpendler interessant. Weitere Regionen, die sich als Drehkreuze etablieren werden, sind die Großräume Hannover und Berlin.

Ab 2010 wird ein weiterer Durchbruch kommen, dieses Mal bei den Boden-Verkehrsmitteln: Von diesem Jahr an gehen weitere Bahnstrecken ans Netz, auf denen die Züge mit bis zu 300 km/h unterwegs sind: Madrid – Paris,  Barcelona – Madrid,  Straßburg – Paris,  Köln – Aachen (– Paris), München – Erfurt – Berlin, Frankfurt – Mannheim, später wird noch Berlin – Warschau hinzukommen. Das Massen-Verkehrsmittel Bahn wird schnelle Züge in dichter Folge anbieten. Wichtige Metropolen werden dann nur noch ein bis zwei Stunden Fahrzeit auseinander liegen.

Konsequenzen hier: Arbeits- und Dienstleistungsmärkte wachsen weiter zusammen. Es wird noch mehr Fernpendler als heute geben – die zu erwartenden Veränderungen zeigt heute schon die Strecke Köln – Frankfurt. Wer in Köln wohnt, muss für seinen Arbeitsplatz in Frankfurt nicht mehr unbedingt umziehen, die Reisezeit beträgt nur noch gut eine Stunde. Entfernungen, die Arbeitspendler zurücklegen, steigen weiter.

Denn: Analoge Wirkungen entstehen entlang der heute im Bau oder in Planung befindlichen Strecken. Weiter zu erwarten: eine deutliche Zweiteilung Europas

  1.  in Regionen, die Anschluss an die neuen Formen der Mobilität haben, und
  2. solche, die hintanstehen und von den Verkehrsnetzen der neuen Generation abgeschnitten sind. Hier dürfte sich eine neue Diaspora entwickeln, die von den neuen Netzen abgekoppelt ist, mit entsprechend geringeren Aussichten auf Wachstum und Beschäftigung. Speziell diese Gegenden werden es sein, die besonders mit Abwanderung der Bevölkerung zu kämpfen haben.