Arbeitsvertrag: Abschluss aus rechtlicher Sicht

Der Arbeitsvertrag: Für seinen Abschluss gelten im Wesentlichen die allgemeinen Regelungen des BGB. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit, der sich auch auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages erstreckt, wird allerdings durch verschiedene Arbeitnehmerschutzvorschriften eingeschränkt. In diesem Beitrag werden die wichtigsten Besonderheiten dargestellt.

Für den Abschluss eines Arbeitsvertrages gilt – wie im allgemeinen Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) – der Grundsatz der Vertragsfreiheit, der sich sowohl auf die Abschlussfreiheit als auch auf die Inhaltsfreiheit erstreckt. Allerdings schränken gesetzliche Arbeitnehmerschutzbestimmungen diesen Grundsatz ein. Dies gilt bereits für die Auswahl des Vertragspartners. Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages
Von einigen gesetzlichen Sonderfällen einmal abgesehen, in denen kraft Gesetz ein Arbeitsverhältnis entsteht, muss der Arbeitnehmer im Falle eines Abschlussgebots auf Einstellung klagen. Eine gesetzliche Fiktion für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses enthält das Gesetz zum Beispiel für

  • das Weiterführen eines Arbeitsvertrages mit einem Betriebserwerber (§ 613 a BGB),
  • das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen einem Entleiher und einem Arbeitnehmer, wenn der Verleiher nicht über die erforderliche Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt (§ 10 AÜG) und
  • die Übernahme eines Auszubildenden, wenn dieses Mitglied in einer Jugend- oder Auszubildendenvertretung oder dem Betriebsrat ist, und der Auszubildende die Übernahme innerhalb von drei Monaten vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses schriftlich von seinem Arbeitgeber verlangt (§ 78 a Abs. 2 BetrVG).

Der Anspruch eines Bewerbers auf Abschluss eines Arbeitsvertrages ist im Übrigen auf einige Sonderfälle beschränkt. Sie finden sich im Grundgesetz, bisweilen in Tarifverträgen, in vertraglichen Zusagen oder richterrechtlich anerkannten Rechtsinstituten. Hier einige Beispiele:

  • Der Arbeitgeber macht die Einstellung vom Austritt aus der Gewerkschaft abhängig (Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG).
  • Die Nichteinstellung eines bestimmten Bewerbers für eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst ist ermessensfehlerhaft, d. h. im Hinblick auf Qualifikation und Eignung steht kein anderer Bewerber zur Verfügung (Art. 33 Abs. 2 GG).
  • Tarifvertragliche (Wieder-)Einstellungsansprüche verpflichten den Arbeitgeber zum Abschluss eines Arbeitsvertrages.
  • Es gibt Vorverträge, in denen dem Bewerber unter bestimmten Voraussetzungen der Abschluss eines Arbeitsvertrages zugesagt wird.
  • Es liegen richterrechtlich anerkannte Wiedereinstellungsansprüche bzw. Ansprüche auf Abschluss eines Arbeitsvertrages nach Wegfall eines Kündigungsgrundes vor, wenn sich zum Beispiel eine zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung mit Recht angestellte Prognose über den künftigen Beschäftigungsbedarf bzw. die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Nachhinein als falsch erweist. (BAG 27.6.2001 NZA 2001, 1135).
  • Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages aufgrund sogenannter vertrauenserzeugender Zusagen, mit denen der Arbeitgeber – vor allem bei befristeten Arbeitsverhältnissen – die Wiedereinstellung bzw. Vertragsverlängerung versprochen hat.

Verbot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages
Zusätzlich schränken Verbote zum Abschluss eines Arbeitsvertrages und Beschäftigungsverbote die Freiheit der Arbeitgeber bei der Auswahl eines Bewerbers ein.

Ein Verstoß gegen ein Verbot auf Abschluss eines Arbeitsvertrages oder gegen ein gesetzliches Beschäftigungsverbot kann nach § 134 BGB sogar die Nichtigkeit des Arbeitsvertrages zur Folge haben. Allerdings wird eine solche schwerwiegende Sanktion nur für Verbote in Betracht kommen, an denen ein besonderes öffentliches Interesse besteht, etwa bei einem Verstoß gegen die Beschäftigungsverbote für Kinder und Jugendliche nach §§ 2, 5, 7 JArbSchG.

Viele andere Verbote auf Abschluss eines Arbeitsvertrages, wie zum Beispiel das Verbot der Beschäftigung von werdenden Müttern nach dem MuSchG, dienen vorwiegend dem Schutz des Arbeitnehmers, der durch eine Nichtigkeitssanktion vereitelt würde. Daher bestehen bei den meisten Beschäftigungsverboten lediglich Kündigungsrechte des Arbeitgebers.

Zustimmung des Betriebsrates bei Abschluss eines Arbeitsvertrages
Der Arbeitgeber muss in Betrieben, in denen ein Betriebsrat existiert, vor jedem Abschluss eines Arbeitsvertrages bzw. jeder Einstellung eine Zustimmung des Betriebsrates einholen.

Daraus folgt aber nicht, dass ein abgeschlossener Arbeitsvertrag wegen einer fehlenden Zustimmung des Betriebsrates unwirksam wäre. Mit "Einstellung" ist hier die Eingliederung in den Betrieb und damit die tatsächliche Beschäftigung gemeint, d.h. für die Dauer der fehlenden Zustimmung besteht ein Beschäftigungsverbot.

Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung zum Abschluss des Arbeitsvertrages endgültig und kann sie der Arbeitgeber auch nicht vor dem Arbeitsgericht durchzusetzen (§ 99 Abs. 4 BetrVG), so lässt sich der Arbeitsvertrag nur durch Kündigung beenden.

Formvorschriften beim Abschluss eines Arbeitsvertrages
Bei der Überprüfung, ob beim Abschluss eines Arbeitsvertrages gesetzliche oder tarifvertragliche Schriftformerfordernisse zu berücksichtigen sind, ist stets zu hinterfragen, ob

  • tatsächlich ein konstitutives Schriftformerfordernis gewollt ist, der das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses tatsächlich verhindern soll, oder
  • ob es lediglich Beweiszwecken dienen soll (sogenanntes deklaratorisches Formerfordernis).

In der Regel hat man es lediglich mit deklaratorischen Formvorschriften zu tun, da wiederum zum Schutz des Arbeitnehmers die Nichteinhaltung der zu seinem Schutz vorgesehenen Form nicht auch noch die Wirksamkeit des Vertrages als solchen infrage stellen soll.

Einzelne Sonderbestimmungen für den Abschluss eines Arbeitsvertrages
Aufgrund einer europäischen Richtlinie ist 1995 das sogenannte Nachweisgesetz in Kraft getreten, das die Schriftform für die wesentlichen Vertragsbedingungen bei Abschluss eines Arbeitsvertrages vorschreibt.

Es gilt für alle Arbeitsverhältnisse, die länger als einen Monat dauern. Allerdings soll dieses Gesetz dem Arbeitnehmer nur eine schriftliche Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen sichern und nicht das Zustandekommen eines mündlich geschlossenen Arbeitsvertrages verhindern.

Ähnliche Formvorschriften sind in einzelnen Spezialgesetzen enthalten, etwa in § 11 BBiG für den Ausbildungsvertrag oder in § 11 AÜG für den Leiharbeitsvertrag.

Demgegenüber findet sich ein konstitutives Schriftformerfordernis für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages in § 14 Abs. 4 TzBfG. Im Falle eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis hat dies die Unwirksamkeit der Befristungsabrede – und nicht die des Arbeitsvertrages – zur Folge, sodass, wenn die Schriftform nicht eingehalten wurde, durch den Abschluss des Arbeitsvertrages ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht.

Nebenabreden beim Arbeitsvertrag
Sogenannte Schriftformklauseln sollen mündliche Änderungen oder Ergänzungen nach Abschluss des Arbeitsvertrages verhindern. Allerdings können derartige Schriftformklauseln gemäß dem Grundsatz der Vertragsfreiheit auch in mündlicher Form wieder aufgehoben werden.

Da die Aufhebung der Schriftformklausel nicht ausdrücklich erfolgen muss, sondern eine stillschweigende Einigung genügt, ist in einer mündlichen Änderung eines abgeschlossenen Arbeitsvertrages häufig auch eine stillschweigende Abänderung der Schriftformklausel zu sehen (BAG 10.1.1989 AP Nr. 57 zu § 74 HGB).

Anfechtung eines Arbeitsvertrages
Liegt auf Seiten des Arbeitgebers ein Anfechtungsgrund nach § 119 BGB oder § 123 BGB vor, kann er sich durch einseitige Erklärung von dem Arbeitsvertrag wieder lösen.

Die Anfechtung eines Arbeitsvertrages ist von der außerordentlichen Kündigung zu unterscheiden, mit der das Arbeitsverhältnis ebenfalls mit sofortiger Wirkung beendet werden kann. Bei einer außerordentlichen Kündigung muss dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Regel unzumutbar sein. Für die Anfechtung bedarf es dieser Voraussetzung nicht.

Ein Anfechtungsgrund liegt nach § 123 BGB vor, wenn der Vertragspartner den anderen durch eine arglistige Täuschung zum Abschluss des Arbeitsvertrages veranlasst hat. Hauptanwendungsfälle für eine Anfechtung nach § 123 BGB sind

  • die bewusst falsche Beantwortung einer im Rahmen des Vorstellungsgespräches zulässig gestellten Frage oder
  • das bewusste Verschweigen einer Tatsache, zu deren Offenbarung der Arbeitnehmer verpflichtet war.

Die Anfechtung des abgeschlossenen Arbeitsvertrages ist vom Arbeitgeber innerhalb einer großzügigen Frist von einem Jahr nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes zu erklären. Nach Treu und Glauben ist die Anfechtung zu einem Zeitpunkt ausgeschlossen, zu dem der Anfechtungsgrund seine Bedeutung für das Arbeitsverhältnis verloren hat (BAG 18.9.1987 AP Nr. 32 zu § 123 BGB).

Nichtigkeit des Arbeitsvertrages
Gründe für die Nichtigkeit eines Arbeitsvertrages nach den allgemeinen Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuches sind:

  • Nichtigkeit wegen Geschäftsunfähigkeit des Vertragspartners (§§ 104 ff. BGB). Bei Abschluss eines Arbeitsvertrages durch Minderjährige sind §§ 112, 113 BGB zu beachten, wonach bei entsprechender Ermächtigung durch den gesetzlichen Vertreter zum Abschluss von Arbeitsverträgen der jeweilige Vertrag nicht mehr durch ihn genehmigt werden muss.
  • Nichtigkeit eines Arbeitsvertrages bei Verstößen gegen ein gesetzliches Verbot oder sittenwidrigem Inhalt (§§ 134, 138 BGB).
  • Beim Wucherlohn ist nicht der Arbeitsvertrag nichtig, sondern lediglich die Vergütungsabrede. An die Stelle der vereinbarten Vergütung tritt die ortsübliche Vergütung (§ 612 Abs. 1 BGB).

Grundsätzlich bewirkt die Nichtigkeit eines abgeschlossenen Arbeitsvertrages nur ein Recht des Arbeitgebers zur Lossagung vom Vertrag für die Zukunft.