Arbeitnehmer haftet nicht für entgangenen Gewinn des Arbeitgebers

Verliert ein Arbeitgeber durch das Fehlverhalten seines Arbeitnehmers einen Großkunden, muss ihm der Arbeitnehmer dafür keinen Schadensersatz zahlen, wenn er nicht von einer so drastischen Reaktion des Kunden ausgehen konnte. Mit dieser Entscheidung hob das Landesarbeitsgericht Köln nun das Urteil gegen einen Monteur auf.
Dessen ehemaliger Arbeitgeber hatte den früheren Mitarbeiter auf eine Schadensersatzsumme von 360.000 DM (heute rund 184.000 EUR) verklagt. In der Vorinstanz hatte das Kölner Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und den Angestellten tatsächlich zur Zahlung dieser riesigen Summe verurteilt. Doch das Landesarbeitsgericht Köln kippte das Urteil in der Berufung.

Der Mitarbeiter musste bei einem Kunden seines Arbeitgebers, einem großen Raffinerieunternehmen, Wartungsarbeiten an der dortigen Klimaanlage durchführen. Nach der Begutachtung eines der Geräte verkündete er, dass dieses nicht mehr zu reparieren sei. Das Unternehmen glaubte der Einschätzung des Experten und bestellte bei dessen Arbeitgeber ein neues Gerät. Die alte Klimaanlage hingegen reparierte der Monteur heimlich und verkaufte das Gerät für rund 150 EUR anschließend an den Mitarbeiter einer anderen Firma. Als die Raffinerie davon erfuhr, kündigte sie umgehend den Wartungsvertrag mit dem Arbeitgeber des Monteurs. Dieser kündigte seinerseits das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter fristlos. Die daraufhin von dem Monteur erhobene Schutzklage wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen. Dennoch waren die Streitigkeiten zwischen dem Heizungsbetrieb und dessen ehemaligem Mitarbeiter noch nicht vorbei. Der Arbeitgeber rechnete nämlich aus, dass ihm durch den Verlust des Wartungsvertrages mit dem Raffinerieunternehmen ein monatlicher Schaden in Höhe von 10.000 DM (mehr als 5100 EUR) entstanden sei. Der Vertrag mit dem Kunden hatte noch eine Laufzeit von 36 Monaten gehabt, so dass der Arbeitgeber unter dem Strich zu einem Verlust von 360.000 DM (rund 184.000 EUR) kam.

Der Arbeitgeber führte diesen Verlust auf das Fehlverhalten seines ehemaligen Monteurs zurück, wegen dem das Raffinerieunternehmen den Wartungsvertrag vorzeitig gekündigt habe. Deswegen verklagte er den Mitarbeiter darauf, ihm den durch dessen "Nebengeschäft" entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Kölner Arbeitsrichter sahen es auch als erwiesen an, dass der Monteur durch sein Verhalten den Verlust des Auftrages verschuldet habe und somit für den Schaden aufkommen müsse. Sie verurteilten den Arbeitnehmer zur Zahlung der Rekordsumme.

Das Kölner Landesarbeitsgericht hob dieses Urteil nun in der Berufung auf. Zwar stellten die Richter fest, dass der Monteur sich wegen seines erheblichen Fehlverhaltens unter Umständen nicht auf jene Regeln berufen könne, nach denen ein Mitarbeiter seinem Arbeitgeber für einen angerichteten Schaden nur beschränkt haften muss. Schließlich stehe das als Unterschlagung zu wertende Verhalten des Mitarbeiters nicht unbedingt in direktem Zusammenhang mit den Pflichten, die der Monteur aus seinem Arbeitsvertrag zu erfüllen habe, sondern könne nicht als betrieblich veranlasste Tätigkeit verstanden werden, für die ein Arbeitnehmer voll haften müsse. Dennoch folgten die Richter nicht dem Urteil ihrer Kollegen. Sie sahen es als nicht erwiesen an, dass der Monteur tatsächlich dafür verantwortlich sei, dass das Raffinerieunternehmen den Wartungsvertrag mit dem Arbeitgeber letztlich kündigte. Der Mitarbeiter hätte nach der allgemeinen Lebenserfahrung und nach den Umständen des Einzelfalles nicht unbedingt damit rechnen müssen, dass der Großkunde wegen seines relativ geringfügigen Vergehens sofort den Wartungsvertrag auflöse, befanden das Kölner Landesarbeitsgericht. Außerdem bemängelten die Richter, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf die weitere Geschäftsentwicklung die Höhe des behaupteten Schadens nicht zweifelsfrei bewiesen habe.

Landesarbeitsgericht Köln; Urteil vom 12.12.2002; Az.: 6 (10) Sa 729/02