Verspätete Krankmeldung: Kündigung nach Abmahnung möglich

Ärgern Sie sich auch darüber, wenn Sie von der Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters erst erfahren, wenn Ihnen der "gelbe Schein" präsentiert wird? Wenn ja, sind Sie in guter Gesellschaft. Dabei riskieren Arbeitnehmer sogar ihren Job, wenn sie sich verspätet krankmelden. An der Abmahnung kommen Sie aber vorher nicht vorbei. Das hat das ALG Hessen mit Urteil vom 18.01.2011, 12 Sa 522/10 bestätigt.

Viele Arbeitnehmer informieren den Arbeitgeber erst nach dem Arztbesuch

Bei vielen Arbeitnehmern herrscht nach wie vor der Irrtum vor, sie würden ihren Pflichten bei einer Krankmeldung nachkommen, wenn sie sich zum Arzt begeben und den Arbeitgeber erst nach der ärztlichen Diagnose informieren.

Für Sie als Arbeitgeber bedeutet das, dass Sie erst verspätet von dem Ausfall eines Mitarbeiters erfahren. Sie können nicht mehr disponieren und zum Beispiel eine Ersatzkraft organisieren. Die Folge können erhebliche betriebliche Probleme sein.

Die Kündigung droht – jedoch erst nach der Abmahnung

So ging es auch einem Arbeitgeber, der am Frankfurter Flughafen Flugzeuge zu reinigen hatte. Einer seiner Mitarbeiter war über mehrere Jahre hinweg immer mal wieder ausgefallen. Allerdings wurde der Arbeitgeber nicht rechtzeitig informiert. Kenntnis über die Arbeitsunfähigkeit erhielt er in der Regel erst durch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes.

Der Arbeitgeber mahnte den Mitarbeiter wegen nicht rechtzeitiger Information über die Arbeitsunfähigkeit ab. Als es zu einem neuen Vorfall kam, kündigte der Arbeitgeber schließlich. Der Arbeitnehmer gewann zwar noch den Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht, die Richter am Landesarbeitsgericht hatten aber Verständnis für den Arbeitgeber und hoben die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf.

Ihr Arbeitnehmer hat zwei Pflichten bei Krankheit

Die Richter am Landesarbeitsgericht stellten eindeutig fest, dass den Mitarbeiter zwei Pflichten treffen, wenn er arbeitsunfähig ist:

  1. Unverzügliche Information des Arbeitgebers über die Arbeitsunfähigkeit, möglichst noch vor geplantem Arbeitsbeginn.
  2. Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit, es sei denn, der Arbeitgeber hätte die frühere Vorlage verlangt.

Schon, wenn der Arbeitnehmer gegen die erste dieser zwei Pflichten verstößt, sind Sie nach vorheriger Abmahnung in der Regel berechtigt, eine fristgemäße Kündigung auszusprechen. Eine fristlose Kündigung lehnten die Richter ab.

Trotz der 16-jährigen Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters fiel in dem entschiedenen Fall auch die Interessenabwägung zu seinen Lasten aus. Denn die Richter hatten großes Verständnis dafür, dass der Arbeitgeber auf die rechtzeitige und verbindliche Information über eine Arbeitsunfähigkeit angewiesen ist.

Entscheidend war, dass für das Reinigen der Flugzeuge jeweils nur ein sehr kurzes Zeitfenster zur Verfügung steht. Daher braucht der Arbeitgeber ein großes Maß an Planungssicherheit hinsichtlich des Personaleinsatzes.

Drei wichtige Hinweise für Arbeitgeber aus diesem Urteil

Es gibt drei wichtige Hinweise für Arbeitgeber aus diesem Urteil, die Sie beachten sollten:

  1. Die verspätete Krankmeldung stellt grundsätzlich einen Grund für eine fristgemäße, nicht aber für eine fristlose, Kündigung der.
  2. Vor der Kündigung ist eine vergebliche Abmahnung erforderlich.
  3. Je größer Ihr Interesse an einer planbaren Personalsituation ist, desto höher sind Ihre Chancen, dass die bei der Kündigung vorzunehmende Interessenabwägung zu Ihren Gunsten ausfällt. Stellen Sie sich darauf ein, dass Sie im Prozess darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen, welche Auswirkungen die verspätete Krankmeldung für Ihr Unternehmen hat.