Niemals Kündigung wegen Unterschlagung ohne ausreichende Grundlage aussprechen

Grundsätzlich ist sogar eine fristlose Kündigung möglich, wenn ein Mitarbeiter eine Unterschlagung begeht. So weit, so gut. Machen Sie es sich als Arbeitgeber aber nicht zu einfach. Denn Sie müssen ausreichend Tatsachen als Grundlage haben, um die Unterschlagung zu beweisen. Ohne ausreichende Tatsachen steht selbst eine Verdachtskündigung auf wackeligen Füßen.

Auch nach der berühmten Emmely-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (das war die Verkäuferin mit den Pfandbons) ist eine Kündigung wegen Straftaten am Arbeitsplatz möglich. Dies gilt auch bei geringfügigen Schäden. Das ist jedenfalls der Grundsatz. Bei der Interessenabwägung im Einzelfall sind allerdings auch die Höhe des Schadens und die beanstandungsfreie Dauer des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen. Eventuell ist vor der Kündigung eine Abmahnung erforderlich. 

Dazu kommt aber, wie sich aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgericht Düsseldorf im Urteil vom 17.01.2012, Az.:17 Sa 252/11 ergibt, dass Sie ausreichend Tatsachen als Grundlage für die Kündigung haben müssen. Haben Sie diese nicht, ist Ihre Kündigung unwirksam.

In dem Fall des LAG Düsseldorf ging es um eine vom Arbeitgeber angenommene Unterschlagung von 14,99 €. Gegen die Kündigung geklagt hatte ein Verwieger aus einem Abfallwirtschaftsunternehmen, der seit 13 Jahren beschäftigt war. Zu seinen Aufgaben gehörte es, sogenannte Wiegebelege auszustellen.

Ihm wurde vorgeworfen, einmalig von einem Privatkunden 14,99 € als Gebühr entgegen genommen zu haben, ohne die vorgeschriebene Quittung auszustellen und den Betrag ordnungsgemäß zu verbuchen. Der Arbeitgeber war der Ansicht, der Mitarbeiter habe dieses Geld für sich selbst behalten wollen. Der Arbeitnehmer bestritt dies. Gleichwohl kündigte der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise fristgemäß.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hielten die Kündigungen für unwirksam, da der Arbeitgeber nicht habe nachweisen können, dass die Unterschlagung tatsächlich erfolgte. Selbst den für eine Verdachtskündigung erforderlichen dringenden Tatverdacht sahen die Richter nicht.

Was der Arbeitgeber richtig gemacht hat…

Auf jeden Fall sinnvoll war es, in dieser Situation nicht nur eine fristlose, sondern auch eine fristgemäße Kündigung auszusprechen. Denn die Voraussetzungen an eine fristlose Kündigung sind relativ hoch. Daher ist es für Sie sinnvoll, wenn Sie immer den "Reservefallschirm" fristgemäße Kündigung dabei haben. Gewöhnen Sie sich an, zusätzlich zu einer fristlosen Kündigung immer auch hilfsweise eine fristgemäße Kündigung auszusprechen.

Wichtig: Wenn in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat besteht, müssen Sie diesen ausdrücklich sowohl zu der fristlosen als auch zu der hilfsweise ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung anhören. Sonst ist Ihre Kündigung allein aus diesem Grund unwirksam (§ 102 Betriebsverfassungsgesetz).

… und was nicht

Weniger optimal war offensichtlich die Sachverhaltsaufklärung durch den Arbeitgeber. Wenn Sie eine Kündigung wegen Diebstahls oder Unterschlagung aussprechen wollen, so sind Sie dafür beweispflichtig, dass diese tatsächlich vorgelegen hat. Können Sie diesen Beweis nicht erbringen, so geht es Ihnen wie dem Arbeitgeber im Fall des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf.

Bevor Sie also eine Kündigung wegen einer Straftat aussprechen, sollten Sie gründlich recherchieren und Beweismaterial (wie etwa die Adresse eines Zeugen) sichern. So hätte im Fall des LAG Düsseldorf eine glaubhafte Zeugenaussage des Privatkunden die Situation sicherlich anders aussehen lassen. Andere mögliche Beweismittel sind insbesondere Unterlagen wie Urkunden, Einzahlungsbelege usw.