Urlaubsabgeltung ist vererbbar

Bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern zahlt der Arbeitgeber seine sechs Wochen Entgeltfortzahlung und wartete dann häufig einfach ab. Zahlen muss er ja nichts mehr und häufig genug kündigen langzeiterkrankte Mitarbeiter von selbst – oder versterben sogar, wie im Fall des EuGH.

Doch ganz so ungeschoren kommt der Arbeitgeber dann doch nicht der davon. Er musste mich trotzdem zahlen: nämlich die Urlaubsabgeltung. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatten entschieden, dass dem Verfallen von Urlaubsansprüchen Art. 7 der Europäischen Richtlinie 2003/88/EG entgegensteht. Dabei handelt es sich um die sogenannte Arbeitszeitrichtlinie. Danach gibt es einen Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs auf Grund von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und späterer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf Grund von § 7 Abs. 3 und 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) (EuGH, Urteile vom 20.01.2009, Az.: C-350/ und 520/06 und BAG, Urteil vom 24.03.2009, Az.: 9 AZR 983/07).

In einem späteren weiteren Urteil wurde dann noch entschieden, dass es eine zeitliche Begrenzung des Abgeltungsanspruchs auf 15 Monate gibt.

Was aber, wenn der Arbeitnehmer verstirbt? Dazu dieser Fall: Die Witwe eines verstorbenen Arbeitnehmers hatte den früheren Arbeitgeber ihres Mannes auf Zahlung der Urlaubsabgeltung in Anspruch genommen. Ihr Mann war bereits seit mehr als 10 Jahren für den Arbeitgeber tätig gewesen, als er 2009 schwer erkrankte. Von diesem Zeitpunkt an war er bis zu seinem Tod im November 2010 mit Unterbrechungen arbeitsunfähig. Er hatte deshalb zum Zeitpunkt seines Todes 140,5 Tage Urlaub angesammelt, die er nicht mehr genommen hatte.

Die Witwe klagte bis zum Landesarbeitsgericht Hamm, welches dem EuGH die Frage zu Vorabentscheidung vorlegte.

Und der EuGH war eindeutiger Meinung: Die Witwe hat Anspruch auf Abgeltung der nicht genommenen Urlaubstage ihres verstorbenen Mannes. Die Richter entschieden, dass der Urlaubsanspruch bestehen bleibt. Und zwar mit der Begründung, dass der Anspruch auf Urlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts sei. Sterbe ein Arbeitnehmer, dürfe dieses Ereignis nicht rückwirkend zu einem vollständigen Verlust nicht genommenen Urlaubs führen. Die Richter wiesen vielmehr darauf hin, dass die praktische Wirkung eines Urlaubsanspruchs erst mit einem finanziellen Ausgleich im Fall der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Tod sichergestellt sei (EuGH, Urteil vom 12.06.2014, Az.: C-118/13).

Also: Auch der Urlaubsanspruch von verstorbenen Arbeitnehmern ist auszuzahlen.

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