Dauerbrenner: Darf Ihr Betriebsrat Einblick in Gehaltslisten nehmen?

Die Frage, ob der Betriebsrat Einblick in Gehaltslisten nehmen darf, wird zwischen Arbeitgebern und Betriebsrat immer wieder heiß diskutiert. Gerne argumentieren Arbeitgeber dann mit Datenschutzgründen. Ob Sie sich auf diese tatsächlich beziehen können und welche Auswirkungen ein Widerspruch der Arbeitnehmer in die Einsichtnahme hat, hat das LAG Niedersachsen entschieden.

Dem Beschluss des LAG Niedersachsen vom 18.04.2012 (16 TaBV 39/11) liegt ein Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zugrunde. Der Arbeitgeber hatte sich geweigert, der Forderung des Betriebsrates nachzukommen und einem Betriebsratsmitglied Einblick in die Bruttolohn- und Gehaltslisten für April 2010 zu gewähren. Der Arbeitgeber begründete seine Weigerung in erster Linie mit Datenschutzaspekten. Er wies darauf hin, dass knapp die Hälfte der Mitarbeiter der Einsichtnahme durch den Betriebsrat widersprochen hatte.

Der Betriebsrat wollte dies nicht akzeptieren und beantragte beim Arbeitsgericht, dem Arbeitgeber aufzugeben, ihm, wie oben dargestellt, Einsicht in die Bruttolohn- und Bruttogehaltslisten zu gewähren.

Das LAG folgte dem Antrag des Betriebsrates und stellte fest, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, ihm wie beantragt Einsicht zu gewähren. Damit folgte das Gericht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Diese fußt auf § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, der vorschreibt, dass dem Betriebsrat
jederzeit auf sein Verlangen hin die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind. Die Vorschrift schreibt sogar ausdrücklich vor, dass in diesem Rahmen der Betriebsausschuss oder ein nach § 28 BetrVG gebildeter Ausschuss des Betriebsrates berechtigt ist, in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter Einblick zu nehmen.

Das BAG hat bereits im Jahr 1987 entschieden, dass in den Betrieben in denen kein Betriebsausschuss besteht, der Betriebsratsvorsitzende oder ein vom Betriebsrat dazu benanntes Mitglied befugt ist, Einsicht in die Bruttolohn- und Gehaltslisten zu nehmen.

Widerspruch der Arbeitnehmer ist unbeachtlich

Das LAG hat weiter festgestellt, dass ein etwaiger Widerspruch von Arbeitnehmern unbeachtlich ist, wenn der Betriebsrat ohne die Einsichtnahme in die Lohn- und Gehaltslisten seine Aufgaben nicht erfüllen kann. 

Ausreichend ist dafür allerdings die Einsichtnahme in die Bruttolohn- und –gehaltslisten, sodass der Betriebsrat z. B. keine Informationen über besonders sensible Informationen, wie Lohnpfändungen oder Unterhaltspflichten, erhält.

Auch datenschutzrechtliche Aspekte stehen dem Einsichtsrecht nicht entgegen. Das betrifft sowohl europarechtliche als auch deutsche Datenschutzbestimmungen.

Fazit: Dem Betriebsrat steht u. a. nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung zu. Weiter hat er u. a. die Einhaltung der Tarifverträge und dem Schutz der Arbeitnehmer dienenden Gesetze usw. zu überwachen. Die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen müssen Sie ihm zur Verfügung stellen. Dazu gehören auch die Bruttolohn- und -gehaltslisten. Andernfalls droht Ihnen die Festsetzung von Zwangs- oder Ordnungsgeldern.

Möglicherweise trägt es zur Beruhigung der Gemüter bei, wenn Sie die Mitarbeiter darauf hinweisen, dass der Betriebsrat selbstverständlich zur Verschwiegenheit verpflichtet ist und "nur" Einblick in die Bruttolohn- und –gehaltslisten erhält.