Arbeitszeitbetrug: Wann Sie an einer Abmahnung nicht vorbeikommen

Man sollte eigentlich meinen, dass Sie als Arbeitgeber bei einem Arbeitszeitbetrug mit einer fristlosen Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung reagieren können, oder? Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht. Es gibt Situationen, in denen Sie auch bei einem Arbeitszeitbetrug nicht an einer vorhergehenden vergeblichen Abmahnung vorbeikommen. Ein Urteil zeigt, wann das der Fall ist.

In dem Fall des LAG Berlin/Brandenburg (Urteil vom 13.06.2012, Az.: 15 Sa 407/12) war ein Arbeitnehmer fristlos, hilfsweise fristgemäß, ohne vorhergehende Abmahnung gekündigt worden. Der Arbeitgeber warf ihm einen Arbeitszeitbetrug vor, weil er an vier aufeinander folgenden Tagen das Betriebsgelände verlassen hatte, ohne sich vorher aus dem Zeiterfassungssystem auszuloggen.

Insgesamt errechnete der Arbeitgeber hierdurch Fehlzeiten von 60 Minuten, die nicht im System erfasst waren. Angesichts eines Stundenlohns von 9,81 € brutto hielt das LAG es schon für fraglich, ob bei diesem geringen Betrag überhaupt auf eine Abmahnung verzichtet werden konnte. Diese Frage musste es aber nicht entscheiden.

Denn entscheidend war, dass bei dem Arbeitgeber überhaupt kein Schaden entstanden war. Der Arbeitnehmer war laut Arbeitsvertrag verpflichtet, monatlich bis zu zehn Überstunden ohne gesonderte Vergütung zu leisten. Um diese 10 Stunden waren auch unter Berücksichtigung der fraglichen 60 Minuten nicht ausgeschöpft.

Denn die Zeiterfassung wies für den betroffenen Monat erst 6 Stunden und 17 Minuten Überstunden aus. Selbst, wenn die 60 Minuten hinzu gezählt werden, sind die sowieso mit dem Gehalt abgegoltenen zehn Überstunden noch nicht ausgeschöpft.

Auch Geringfügigkeit ändert nichts am Pflichtverstoß

Das Ganze ändert natürlich nichts daran, dass der Arbeitnehmer hierdurch gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Er war verpflichtet, sich jeweils beim Verlassen des Betriebsgeländes aus dem Zeiterfassungssystem auszuloggen. Gegen diese arbeitsvertragliche Pflicht hat er verstoßen, indem er das Gelände verließ, ohne sich auszuloggen.

Allerdings war der Verstoß gegen die vertragliche Pflicht nach Auffassung der Richter nicht so schwer, dass auf eine Abmahnung hätte verzichtet werden können. Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber hätte hier erst kündigen können, wenn er dieses Verhalten vorher abgemahnt und die Abmahnung zu keiner Veränderung des Verhaltens des Arbeitnehmers geführt hätte.

Das bedeutet für Sie beim Arbeitszeitbetrug

Nach dieser Entscheidung sollten Sie bei einem angenommenen Arbeitszeitbetrug nicht vorschnell kündigen. Prüfen Sie zunächst, ob ihnen tatsächlich ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Entscheidend hierfür ist auch, ob sie durch den Arbeitszeitbetrug mit zusätzlichen Kosten belastet werden oder ob diese zusätzlichen Zeiten mit dem Gehalt bereits abgegolten sind.

Wenn das nicht der Fall ist, mahnen Sie das Verhalten unbedingt vorher schriftlich ab. Beschreiben Sie in der Abmahnung genau mit Datum und Uhrzeit, was der Mitarbeiter falsch gemacht hat und fordern Sie auf, sich zukünftig vertragsgerecht zu verhalten. Weisen Sie auch darauf hin, dass Sie im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis kündigen werden.